Was hat die FIDE gegen Giri?

Anish Giri in Dortmund 2011 Anish Giri in Dortmund 2011 Frank Jarchov
Drei der acht Teilnehmer am nächsten WM-Kandidatenturnier sollen also ab 25. August beim Weltcup in Chanti-Mansisk ermittelt werden (drei weitere nach Elozahl, einer ist der Verlierer des WM-Kampfes Anand-Gelfand, einen bestimmt der Veranstalter). Trotzdem fehlt fast die komplette Weltspitze: Gelfand und Anand haben die Qualifikation nicht nötig. Carlsen, Aronjan und wohl auch Kramnik bauen auf ihre Ratings. Auch Topalow scheint seinen Elorückgewinn fix eingeplant zu haben. Alle vier können es jedenfalls nicht gleichzeitig schaffen. Nakamura pokert wahrscheinlich lieber zwischen den WM-Kämpfen. Nur Karjakin, Iwantschuk, Grischtschuk und Kamsky ist doch ziemlich dürftig, auch wenn sie alle legitime Kandidaten abgeben würden.
 
Wen könnte man sich eigentlich noch im vermutlich erst 2013 anstehenden Kandidatenturnier (dafür kommt der Weltcup als einziges Qualifikationsturnier sowieso viel zu früh jetzt, logisch wäre Frühjahr 2012, aber dann ist ja frühestens das Finale von diesem Zyklus) vorstellen? Mir fiele da Anish Giri ein. Wenn seine Eloentwicklung weitergeht, vielleicht sogar schon als einer der Favoriten. Mit seiner aktuellen Elo wäre er eh berechtigt, aber es gilt der Mittelwert der Listen 7/2010 und 1/2011. Sechs Wildcards hatte der FIDE-Präsident zu vergeben (Teilnehmerliste). Giri ist auch da nicht dabei. Keiner der sechs präsidentiell Nominierten (Sutovsky, Nielsen, Kasimdschanow, Ding, Bologan, Moriabiadi) hat eine so hohe publizierte, schon gar nicht aktuelle Elo wie Giri. Und keiner ist so jung und vielversprechend. Natürlich wäre Giri in Chanti-Mansisk nur Außenseiter. Aber ausgeschlossen wäre es nicht, dass er unter die ersten drei kommt.
 
Iljumschinow hat ein Talent für Skandale. Die Nichtnominierung Giris ist kein großer wie der Besuch bei Gadhafi, sondern nur ein kleiner. Die Frage ist, warum hat der irre Kalmücke den Jungen nicht nominiert? Hat einfach nur keiner in dem chaotischen FIDE-Haufen dran gedacht? Wird Giri von unserem Weltverband, der zur Verlängerung des Russischen Verbands geworden ist, etwa dafür abgestraft, dass er nicht für seine alte russische (und immer noch Pass-)Heimat antritt? Oder soll ausgleichende Gerechtigkeit geschaffen werden, weil Giri derzeit mehr Einladungen hat, als er annehmen kann? In Dortmund, Wijk aan Zee oder London kann man sich aber nun mal nicht für einen WM-Kampf qualifizieren. Er habe das bereits befürchtet, umschrieb er mir seine Enttäuschung, als ich ihn vor Tagen für einen Artikel in der Berliner Zeitung sprach.
 
(Nachtrag) Die FIDE hat nun doch noch durch ihr Sekretariat mitgeteilt:
"The nominations of the FIDE President are awarded upon his decision, mostly as an incentive to national federations which actively support FIDE events and FIDE activities such as "Chess in Schools", as well as to former World or Continental champions. This year, high-rated players from Europe were also nominated who played in their continental championship but did not qualify because of applicable tie-breaks which are very often disputed or in doubt of their effectiveness.
We are sure that GM Anish Giri will participate in next year's qualifying European Championship and he will indeed have a bright future as a top world-class player."
Dass Giri nicht das Qualifikationsturnier EM gespielt hat, wird ihm nun vorgehalten. Dazu muss man wissen, dass er sich zwischen der EM und dem gleichzeit ausgetragenen (letzten) Schnell- und Blindturnier in Monaco mit lauter (für den Weltcup vorberechtigten) Eloschwergewichten (für das er sich übrigens vorigen August in Amsterdam sportlich praktisch qualifiziert hatte) entscheiden musste. Wohl keiner an seiner Stelle, hätte Aix-les-Bains den Vorzug vor Monaco gegeben.  

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