
Der Klimawandel - Gefahr für unsere Rating?
Wenn die Rating fällt, sollte man sich anderen Themen zuwenden.
Beim großen Kieler Open 2021 wurde ich nun schon mehrfach gemolken und musste nach fast jeder Abendrunde mit Remis, Niederlage, Niederlage (mit Grüßen an meinen Bremer Gegner Malte Hentrop von den SF Findorff) und einem weiteren Remis den Weg zurück zur Unterkunft antreten. Ein DWZ-Plus von 300 Punkten oder mehr gegenüber meinen Gegnern nützte mir da gar nichts.
Auch gegen Alexander Bräutigam, einen jungen Rendsburger mit einer (Prä-Corona-) Wertung von 1600, konnte ich gestern aus einem sehr vorteilhaften Endspiel nicht mehr herauspressen als einen mauen halben Punkt. Mein Gegner hatte sich die Punkteteilung allerdings sehr verdient und kämpfte erfolgreich in allen Partiephasen, die letzten 50 Züge sogar mit einem Bauern weniger.
Einzige kleine atmosphärische Trübung: als er nach einem Remisangebot im 18.Zug ein weiteres Mal im 42. und dann 15 Züge später nochmals Unentschieden vorschlug, wurde ich bereits etwas unwirsch.
Irgendwann hatte ich dann meinen Mehrbauern im Dschungel der Endspieltechnik unter Zeitnotbedingungen wieder verbaselt und musste im 92.Zug selber den Remisschluss antragen – nicht angenehm.
Lc5-b6 und Turmendspiel? Oder Tc6-d6 und Läuferendspiel? Oder lieber nichts tauschen, und mit dem König zum a-Bauern rennen?

Kieler Open 94 – In den Fängen des Mittelfeldes
Es ist ja alles nicht so einfach, heute nicht, und früher ebenfalls nicht. Und damals, 1994, machten wir unsere Fehler noch fast ganz ohne Computerassistenz – man möge uns daher verzeihen, wenn der eine oder andere Bock vor allem in der Eröffnungsphase geschossen wurde. Es war eben alles nicht so ganz ohne beim Schach, auch damals schon.
Das Kieler Open 1994 begann ja mit einer flotten Doppelrunde am Sonnabend, großer Saal im Legienhof, dem alten Gewerkschaftshaus in der Innenstadt. Hier unter anderem begann 1918 die deutsche Revolution, Matrosen murrten, meuterten, bildeten Soldatenräte, die Welt drehte sich weg von Krieg und Kaiserreich hin zur Weimarer Republik. Und wenn die Revolution auch zu einem eher durchwachsenen Ende kam – der Legienhof stand als Versammlungsort mittendrin.


Endspielmagie - Studien für die Praxis (Folge 06)
Von Dr. Oliver Höpfner, Bremen
Auch in Folge Nummer sechs der Kolumne „Endspielmagie - Studien für die Praxis“ möchte ich gerne eine Studie des russischen Schachgroßmeisters und siebten Schachweltmeisters Wassili Wassiljewitsch Smyslow (geboren am 24. März 1921 in Moskau; gestorben am 27. März 2010 ebenda) präsentieren.
2004 sagte Wassili Smyslow in einem Interview auf die Frage über sein Verhältnis von Schach und Harmonie folgendes:
„Ich betrachte das Spiel genau wie die Musik als eine Kunst. Beim Schach habe ich mich stets um eine harmonische Figurenaufstellung bemüht. Eines meiner wichtigsten Bücher heißt "Auf der Suche nach Harmonie". Ich bin der Ansicht, dass sie auch in jedem schöpferischen Beruf angestrebt werden sollte.“
Und etwas später auf die Frage, was diese Harmonie mit seinem Schachstil zu tun hat:
„Die permanente Suche nach ihr charakterisiert mein Schachverständnis und mein Spiel. Das ist eine bestimmte Art zu spielen, die auch Lasker und Capablanca auszeichneten. Sie sprachen von der Koordination der Figuren und Bauern auf dem Brett. Der geniale Capablanca hat die Stellung sehr gut gefühlt. Wer die Koordination erreichen will, muss die Harmonie erspüren, also die enge Verbindung zwischen den Figuren und dem, was auf dem Brett geschieht. Ich nenne es das menschliche Schachverständnis.“ (Quelle: „Die Harmonie des Vassily Smyslov“ https://de.chessbase.com/post/die-harmonie-des-vaily-smyslov ).
In diesem Zusammenhang bin ich bei der Beschäftigung mit den Studien-Kompositionen von Wassili Smyslow auch auf die folgende, nicht ganz so bekannte Arbeit von ihm aus dem Jahr 2000 gestoßen.
Diese Suche von Smyslow nach Harmonie und damit das Forschen nach der optimalen Koordination der Figuren und Bauern auf dem Brett fand ich persönlich sehr eindrucksvoll realisiert in dieser hervorragenden Endspielstudie.
Sie zeigt ein partienahes Endspiel mit sehr wenig Material auf dem Brett, bei dem der Anziehende die Umwandlung des schwarzen a-Bauern in eine Dame trotz seiner Mehrfigur nicht mehr vernünftig verhindern kann.
Um die Stellung von Weiß aber trotzdem noch zu retten, bedarf es einer harmonischen weißen Figuren-Koordination, bei der alle Figuren des Anziehenden bestmöglich zusammenarbeiten müssen.
Der Leser ist nun am Zug. Wie sieht die faszinierende weiße Rettungs-Idee in dieser scheinbar hoffnungslosen Position aus, bei der alle Figuren von Weiß wunderbar harmonisch zusammenarbeiten?
Viel Spaß bei der Lösung dieser exzellenten und eleganten Studie.
Wassili Smyslow
NIC 2000
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Liebe Lösefüchse aus nah und fern,
mit den besten Empfehlungen von Dr. Höpfner hier nun die Lösung zur 6.Studie, ausführlich hinterlegt bei diesem Link.
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Kieler Open 1994
Es ist schon etwas her, da wurde im schönen Kiel an der Kieler Förde das Kieler Open 1994 ausgetragen. Student, der ich damals war, warf ich meinen Hut in den Ring, denn es waren Semesterferien und soviel Zeit muss sein, um auch mal etwas Schach zu spielen. Viele regionale Schachfachkräfte waren mit vor Ort, Ullrich Krause, mehrmaliger Landesmeister von Schleswig-Holstein, Martin Upleger, gefürchtete Blitzhand der Kieler SG, und weitere Schwergewichte.
Wenn ich noch Fotos finde, baue ich sie in den folgenden Runden mit ein. Hier erst einmal die Partien - meine Partien, um genauer zu sein :-) - der ersten beiden Runden. Nichts für schwache Nerven, schachlich bedenklich mitunter, doch man weiß ja:
a) Doppelrunden sind gefährlich, und
b) in den ersten Runden muss man sich auch immer erstmal warmspielen.

Werder wechselt den Bundesligamanager
Seit dem 01.Juli hat sich das „Team hinter dem Team“ bei der SV Werder Schachbundesliga geändert – ich bin nicht mehr dabei, Spartak übernimmt meine Aufgaben als Bundesliga-Manager. Alles Gute dafür!
Mehr dazu hier in einem hübschen Artikel aus dem Bremer Weser-Kurier:
Werder wechselt den Bundesligamanager von Yannik Sammert
Zeit für mich, nun mehr in die Luft zu gucken, mit einem Schachbuch in der Sonne zu liegen, mit dem Rad über Land zu fahren – was man sich eben so ausdenkt. Ob es was wird, oder ich dann doch nur am Schreibtisch im Internet hänge? Mal gucken. So oder so, möglich ist nun alles. Und in Kürze kommt ja schon das Kieler Open.

Oslo – Trondheim: Nordwestwärts ho!
Man kann ja vieles tun mit seiner Zeit?
- Fußball gucken
- Schach spielen
- Arbeiten gehen (was ein verbreitetes Laster ist)
- dem Abend in der Sonne entgegendämmern (sehr schön)
- auf das nächste Fußballspiel warten
- und noch ein bisschen Schach spielen
Doch es geht auch ganz anders. Wer es schafft, den großen Sprung zu machen und sich aus den tückischen Fesseln der Routine zu befreien, wer sich aufschwingt und es schafft, seine Laufwege zu verändern, der freut sich hinterher meist sehr.
Der Trend geht zum Mikroabenteuer, raus in die Natur, draußen nächtigen zwischen Schafen unter freiem Himmel, und morgens zurück ins Büro oder ans Fließband – warum denn auch nicht?
Zwei solche Aufschwinger und Losgeher größeren Ausmaßes, das sind Julian Kramer und David Kardoeus, (auch) Schachspieler ihres Zeichens, der eine, Julian, langjährig beim Hamburger SK, sein Kumpel David ein gestandener grün-weißer Wanderaner.

Hansdampf der Schachabteilung
Seit 2012 war ich im SV Werder mit dem spannenden Amt des Bundesliga-Managers betraut. Nach neun intensiven Jahren beende ich nun meine Tätigkeit, und kann (vielleicht) wieder mehr selber Schach spielen!? Mal schauen.
Danke aber auf alle Fälle an Dr. Oliver Höpfner, wunderbarer Leiter der Schachabteilung des SV Werder, an Gennadiy Fish, Mannschaftskapitän, Trainer Jonathan Carlstedt (seit 2019) und seinen Vorgänger Matthias Krallmann für eine ungewöhnliche, anregende, voll gefüllte und unvergessliche Zeit am und neben dem Schachbrett in Grün-Weiß!
Für das Werder Magazin hat mich Jens Kardoeus im vergangenen Jahr porträtiert – diesen Artikel können wir hier wiedergeben mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Werder Magazins. Vielen Dank dafür!
Homepage der Werder-Bundesliga
Von Jens Kardoeus
Erschienen im WERDER MAGAZIN 345 (Dezember 2020)
Die Schachabteilung von Werder Bremen ist als umtriebig bekannt und immer bemüht, Highlights zu präsentieren. So beschrieb unser Präsident Dr. Hubertus Hess-Grunewald einst die Grün-Weißen anlässlich einer
Blindsimultan-Vorstellung. Bietet sich die Möglichkeit, Schach einmal anders denn als reinen Wettkampf zu präsentieren, dann machen sie es dort.
Olaf Steffens ist einer dieser Umtriebigen. Manager, Redakteur, Organisator, Blogger und natürlich … Schachspieler. Sozusagen ein Hansdampf der Schachabteilung. Seit acht Jahren managt er die Schachbundesligamannschaft – eine Aufgabe, die zu den Spieltagen viel Zeit und großen Einsatz abverlangt.
*** Weiterlesen bei den Veganen Werderkatzen von 1899 e.V. ***

Norddeutsches Blitzen: A Day at the Races
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und noch mehr Notationen – hier einige bildhafte Impressionen von einem Reisetag beim Post SV Uelzen, zu einem der ersten Turniere nach langen, zähen, dunklen Corona-Monaten. Vielleicht wird alles langsam besser? Möge es so bleiben.
03.Juli: Norddeutsche Blitzmannschaftsmeisterschaften 2021 – nicht online, nicht virtuell, sondern so richtig zum Anfassen.
Das (frühe) Aufstehen hat sich fast schon gelohnt …
Anreise zum Hauptbahnhof
Nicht doch lieber nach Westerland? Nein, wir wählen das Norddeutsche Blitzen in Uelzen.
Umsteigen in Harburg, weiter geht’s nach Süden
In niedersächsischen Ortsnamen wohnt Poesie
Der Uelzener Unterwasser-Bahnhof, sehr hübsch! Vielleicht ist er auch von Hundertwasser.
Postsportliche Anstrengungen beim Schach in der Postmoderne
Besser ist das. Am Brett aber durfte man die Masken fallen lassen.
Das Uelzener Büffet war kostenfrei und reich bestückt! Aber …. es gab keinen Kaffee, keinen Kaffee, keinen Kaffeeeeeeee
Kein Kaffee? Das mussten wir ja fast gleich eintragen in das bereitliegende Mängelbuch.
Nanu – echte Figuren. Ein großer Moment – mein erster Zug am Brett im Jahr 2021!
Und mein erster Gegner seit Monaten – Andreas Mitscherling vom FC Sankt Pauli
Hier die anderen Paulianer Aljoscha Feuerstack, Benedict Krause und Giso Jahncke – leider haben sie mit 3:1 verloren.
So sehen Turniersäle aus – ist ja schon so lange her, dass wir so etwas sahen
Die Döscher-Brüder Arne und Thorsten punkteten für den SK Bremen Nord
Wieder richtig Schachspielen – alles super! (nur der Kaffee ….)
Mastermind Bernd Laubsch, Chef des Uelzener Orga-Teams
Dank auch an die stets souveränen Turnierleiter Jürgen Kohlstädt und Hugo Schulz, und zahlreiche Uelzener Organisatoren!
Modern ist, was gewinnt – Platz Eins für den HSK Listiger Turm aus Hannover
Praktisch unschlagbar: Ilja Schneider und Felix Hampel vom HSK Lister Turm
Zwei weitere sehr souveräne Blitzhände aus dem Hannoverschen: Tobias Vöge und Dr. Torben Schulze
Werder boven! Vierter Platz für Gennadiy Fish, Christian Richter, Spartak Grigorian,
Fabiano Brinkmann und vorne ein vom vielen Wassertrinken aufgeputschter Olaf Steffens
Bericht beim Hamburger SK
Mehr beim HSK Lister Turm
Norddeutsches Blitzen – Die letzten 186 Jahre

Norddeutsches Blitzen
Die Geschichte des norddeutschen Blitzens ist schnell erzählt. Im März 1835 versuchte man es zunächst ohne Uhr, doch stundenlanges Nachdenken ödete bald so manche Zuschauerin an. Alsdann baute man Uhren neben den Brettern auf und legte die Bedenkzeit auf die bedenkliche Zeit von 7 Minuten fest – eine Revolution, irgendwann um 1848 ersonnen, vielleicht auch früher, vielleicht auch später.
Nach dem Ende des Kaiserreichs wurde diese Zeitspanne auf moderne fünf Minuten für alle(s) zurechtgestutzt, noch einmal demokratisch legitimiert und von Philipp Scheidemann auf dem Balkon des Berliner Reichstag proklamiert. Mit dieser Distanz war man über Jahrzehnte sehr zufrieden (außer, man hatte selber gerade auf Zeit verloren). Der Norden sah frohgemuthe Mannschaftsmeisterschaften, bei denen auch am Schachbrett 1991 gemeinsam die Deutsche Einheit vollzogen wurde.
In den späten Nuller Jahren des jetzt laufenden Jahrhunderts blitzte man mit diesem Modus in Bremen-Mahndorf gegen die Finanzkrise an, als die Schachfreunde Berlin (ehemals Neukölln) zu spät von der Mittagspause zurückkehrten und sozusagen kampflos mit einer Minute gegen Fünfe verloren – nur um später dennoch das Turnier zu gewinnen.
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