Gefährliche Waffen – Königsindisch

Autoren: Richard Palliser und Glenn Flear, Sprache: Deutsch Verlag: Everyman Chess Seiten: 299 Preis: 24,95 €

Für die Königsindische Verteidigung braucht man Vertrauen und Kenntnisse. „Gefährliche Waffen – Königsindisch“ bietet eine Aufsatzsammlung voller Anregungen, allerdings bleibt ein Dilemma: Jenen, die sich schon mit grundlegenden Fragen zu dieser Eröffnung beschäftigt haben, liefert dieser Titel höchstens ein paar Anstöße. Andere aber, die zum ersten Mal ein Königsindisch-Buch in der Hand halten, verstehen vielleicht nicht, was denn schon dabei sein soll, im Klassischen System mit weißem Sf3 und Le2 mal …Sbd7 zu ziehen statt des populäreren …Sc6. Die Varianten sind das Studium wert, dennoch halte ich ein Buch wie „Beat the Kid“ von Jan Markos für sinnvoller, weil es mehr in die Tiefe geht und sinnvolleres Wissen vermittelt. Die Königsindisch-Ausgabe der „Gefährlichen Waffen“ vermittelt zwar gute Ideen, doch können sie nur Ausgangspunkt einer weiteren Untersuchung sein.
Am besten gefallen mir die Kapitel für Schwarz gegen das Fianchetto mit frühem …c5, außerdem die Abhandlungen zu …Sbd7 und die Vorschläge gegen Sämisch oder gegen die Sge2-Variante. Profis lesen solche Aufsätze vielleicht nur quer, weil sie bereits wissen, wo der Hase im Pfeffer liegt. Die übrigen Leser müssen da vorsichtiger sein.
Ein Beispiel: Das anregende Kapitel über …Sb8-d7 im Klassischen System wird in drei Teilen angeboten, und gegen Tf1-e1 versucht Schwarz neuerdings …Dd8-e7 nach vorgeschaltetem …c6. In der Variante 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0-0 6.Le2 e5 7.0-0 Sbd7 8.Te1 c6 9.Tb1 De7 10.Lf1 Sh5 geht es nun weiter mit 11.b4 nach dem Vorbild von Hauser (1903) - Armbrust (2205), Kassel 2003 (Remis in 49 Zügen).
Frage: Wie relevant ist diese Information? Wie relevant ist 11.b4 und auch 10…Sh5? Ich vermute, wichtig ist vor allem der Zug 9…De7. Dann selbst auf Schatzsuche gehen und erforschen, was nach alter Väter Sitte probiert wurde oder ausprobiert werden könnte. Möglich aber auch, dass das Buch tatsächlich davon ausgeht, dies sei eine kritische Stellung.
Beim Nachschauen in der Datenbank fiel auf, dass Wladislaw Newednitschi neulich im Mai beim Bosna-Open auf 8.Te1 statt des quasi selbstverständlichen 8…c6 mit 8…Te8 reagierte. Vorgänger: Petrosjan, Boleslawski, Waganjan… gar nicht schlecht. Auch Tscheparinow war dabei. Interessant auch, dass dieser nach 9.Lf1 mit 9…h6 weiterspielte und gegen Wang Yue verlor. Wie kommt man auf 9…h6 in der Stellung? Und welchen Plan verbindet Schwarz konkret mit 9…a6 (Waganjan, Newednitschi)? Vielleicht sind es Erörterungen wie diese, die einen weiterbringen. Fragt sich nur, ob man ohne Lektüre des vorliegenden Bandes auf diese Fragen gekommen wäre.
Die Anregung zu …Sbd7 ist gut, doch die kritischen Varianten muss man sich schließlich selbst erschließen. Antwortet Weiß wie bei Khalifman empfohlen mit Le3, gibt es keine weiteren Fragen, doch die Alternative 8.Te1 ist für Schwarz strenger, als das Buch glauben machen möchte. Da helfen auch die guten Namen bei Vorgängerpartien nicht, denn auch gute Spieler haben manchmal Glück mit einer schlechtgewählten Variante.
Fazit: „Gefährliche Waffen – Königsindisch“ ist vor allem als Ergänzungslektüre und Impulsgeber interessant.

Bewertung: 3 von 5


Fernando Offermann, DWZ 2088