Christian Hursky neuer ÖSB-Präsident

Man darf sicherlich das Wort „historisch“ bemühen, wenn man an die Wahl am Sonntag in Graz denkt – nein es wurde kein Kandidat einer unbekannten Liste Bürgermeister – es trat der österreichische Langzeitzeitschachpräsident Prof. Kurt Jungwirth nicht mehr zur Wahl an. Dieser hatte das Amt seit 1971 inne und viele Schachspieler in Österreich hatten noch nie einen anderen Präsidenten erlebt. Nach über 45 Jahren im Amt übergab er am Sonntag an den ehemaligen Wiener Schachpräsidenten Christian Hursky – ein Grund für die Krennwurzn diesen einmal zu interviewen:

Krennwurzn:
Herr Hursky – ich kann es immer noch nicht glauben – es gibt tatsächlich einen neuen ÖSB-Präsidenten. Können Sie sich der Schachöffentlichkeit mal kurz vorstellen?

Hursky:
Natürlich – ich bin vor ein paar Tagen 56 Jahre alt geworden. Hauptberuflich bin ich Dispoleiter bei einer Mineralölfirma und Landtagsabgeordneter aus Wien-Favoriten. Neun Jahre lang war ich Präsident des Wiener Schachverbandes und spiele wenn mir Zeit bleibt auch gerne mal in einer unteren Liga in Wien Schach. Da hört und sieht man auch die „kleinen“ Probleme der Schachvereine – eine sehr gute und wichtige Erfahrung für mich.

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Krennwurzn:
Lassen Sie mich mal rechnen: 40 Stunden Job, aktiver Politiker und Schachpräsident – wie geht sich das zeitlich aus?

Hursky:
Für Schach wende ich ca. 10-15 Stunden pro Woche auf und ich bin ein sehr gut organisierter Mensch, der sehr teamorientiert arbeitet. Schon in Wien haben wir ein schlagkräftiges Team aufgebaut und dies werde ich nun auch im ÖSB so machen. Meine Arbeitsweise ist Probleme zu erkennen, diese offen anzusprechen und dann durch gemeinsames Besprechen diese zu lösen!

Krennwurzn:
Neue Zeiten für den ÖSB also – was wird sich ändern, wandert das Büro von Graz nach Wien?

Hursky:
Kurzfristig ist keine Übersiedlung nach Wien geplant und Walter Kastner wird Sekretär bleiben und die Büroräumlichkeiten in Graz weiter nutzen. Im Zeitalter der modernen Kommunikation sind Bürositze nicht wirklich wichtig und stehen auf meiner Prioritätenliste ganz unten.

Krennwurzn:
Ok – was steht ganz oben – was möchten Sie im ÖSB erreichen?

Hursky:
Nun bei der Wahl wurden schon ein paar Weichen gestellt – mit Johannes Duftner und Friedrich Knapp wird es zwei neue Vizepräsidenten und damit eine Verjüngung dieses Gremiums geben. Mit Franz Modliba und Johann Pöcksteiner sorgen zwei erfahrene Kollegen für Kontinuität und dafür dass Expertise nicht verloren geht. Generell werden wir uns breiter aufstellen (müssen) weil das die Anforderung unserer Zeit ist – wir müssen darauf achten, dass wir die Funktionäre weder zeitlich noch arbeitsmäßig überlasten. Daher müssen wir alle noch besser lernen zu delegieren.
Wichtig ist mir, dass der ÖSB sowohl für die Hobbyspieler als auch für die Spitzenspieler da ist – das darf kein Gegeneinander sein: wir brauchen die Breite und wir brauchen auch Erfolge, um die Sportförderung zu rechtfertigen.
Im Jahr 2020 wird der ÖSB 100 Jahre alt und dieses Jahr gilt es ab sofort vorzubereiten. Mir schwebt ein „Medienjahr“ vor – es muss uns mehr gelingen mit Schach in die Öffentlichkeit zu kommen. Geplant ist zur Zeit eine gemeinsame Turnierserie über alle Bundesländer. Wir müssen dabei auch die Bremse, die durch Länderinteressen, manchmal existiert lösen und gemeinsame Projekte auf den Weg bringen. Ich bin bewusst als Präsident des Wiener Schachverbandes zurückgetreten um als ÖSB-Präsident wirklich auch für alle sichtbar für ALLE Präsident zu sein.
Schon jetzt laufen gerade im Jugendbereich schon ein paar länderübergreifende Initiativen und im Medienbereich müssen wir unser Organ „Schach aktiv“ verbessern und für neue Zielgruppen attraktiv machen.

Krennwurzn:
Wer soll das alles bezahlen, wer hat so viel Geld … möchte ich fast singen ;-) Aber im Ernst gefragt: nach den Sommerolympiaden in London und Rio hat der BSFF (Bundessportförderungsfonds) doch die Weichen gestellt, dass mehr Geld in medaillenträchtige Sportarten fließen soll.

Hursky:
Das stimmt zwar, aber auch gute Nachwuchsarbeit findet Anerkennung im BSFF. Wir haben gerade in diesem Bereich wohl das erfolgreichste Jahr hinter uns. Ganz aktuell wurde Florian Mesaros Doppel-Europameister in Budva und im Blitz landet hinter ihm auf Platz 3 mit Felix Blohberger noch ein Österreicher am Stockerl und auch schon vorher waren wir sehr erfolgreich. Das sind schon die ersten positiven Auswirkungen vom Projekt Batumi 2018 das wir in ein generelles Jugendarbeitsprojekt „Meister von morgen“ umwandeln und weiterführen möchten.
Im absoluten Spitzenbereich versuchen wir neben Markus Ragger auch Valentin Dragnev ins Team Rot-weiß-Rot zu bringen und somit auch Perspektiven für andere zu schaffen. Eine gewisse wirtschaftliche Absicherung ist eine Grundvoraussetzung für Erfolg im Spitzensport!

Krennwurzn:
Wenn man sich aber die Förderkriterien anschaut, dann braucht ein Schachspieler der die geforderten Leistungen erbringt keine Förderungen mehr, denn dann ist er schon in den Top 20 und kann wohl auch ohne Förderungen gut vom Schach leben.

Hursky:
Dieses Problem ist uns klar und auch die BSO versteht dies – daher werden die Kriterien ja nicht stur ausgelegt sondern von Menschen entschieden. Um Erfolg zu haben, müssen wir den Fokus vom Geldverdienen auf die Vorbereitung legen, denn nur mit besserer Vorbereitung und gesicherter Existenz sind Erfolge möglich.
Ebenso holen wir uns da auch von anderen Sportverbänden Expertise und praktische Hilfe – so bereiten sich Damen und Herren Schachnationalmannschaften im Bundessportzentrum Südstadt auf ihre Aufgaben vor – der erste Schritt in dieser Richtung wurde von Harald Schneider-Zinner gesetzt. Dort können wir vielfältige sportliche Expertise in Anspruch nehmen und unsere Spieler treten dort auch in Kontakt mit anderen Sportlern, die dann schnell sehen, dass Spitzenschach schon um vieles härter ist als eine Partie Schach im Kaffeehaus.

Krennwurzn:
Kommen wir aufs internationale Parkett – Österreich ist in der FIDE ja sehr gut vernetzt – wie sieht Ihr persönlicher Fahrplan da aus?

Hursky:
Prof. Kurt Jungwirth – zu dem ich ein sehr gutes persönliches Verhältnis habe - wird weiterhin in seinen FIDE Funktionen bleiben und mir auch in Österreich als Ehrenpräsident des ÖSB mit Rat und Tat zur Seite stehen. Johann Pöcksteiner – wir haben schon in Wien gut miteinander gearbeitet – wird seine Funktion in der ECU weiter pflegen. Und ich werde bis 2018 – nächster FIDE Kongress in Batumi – diese Kontakte nutzen und das Netzwerk kennenlernen und dann Entscheidungen treffen.

Krennwurzn:

Ihr Vorgänger Prof. Kurt Jungwirth und sein „steirisches“ Team hatten ja keine große Freude mit der Krennwurzn – wie ist ihr Umgang mit Kritik, die gerade wenn sie ironisch oder gar sarkastisch ausfällt persönliche Grenzen überschreiten kann?

Hursky:
Kritik ist per se einmal nicht schlecht, sollte aber nicht persönlich sein und auch nicht persönlich genommen werden. Mein Motto „Durchs Reden kommen d' Leut zam“ sollte von Anfang an verhindern, dass sich Meinungsverschiedenheiten zu handfesten Konflikten aufschaukeln, die dann eine Eigendynamik entwickeln, die für beide Seiten nicht gut ist.

Krennwurzn:
Jetzt sprechen wir schon sehr lange und ein Thema fehlt bisher fast komplett: Frauen im Schach! Wir haben zwar im Schul- und Jugendschach viele Mädchen, verlieren diese aber dann fast vollständig, wenn Ausbildung, Beruf und Familie ins Spiel kommen.

Hursky:
Das stimmt und Sie sind ja ein sehr ungeduldiger Forderer von mehr Frauen im Schach. Mein Zugang ist, dass hier wie auch schon im Kinder- und Jugendbereich ein Weg der kleinen Schritte gegangen werden muss, um langfristig etwas zu ändern. Neben Spielerinnen brauchen wir auch Funktionärinnen im Schach um Themen anzusprechen und zu verbessern, die uns helfen, Frauen längerfristig im Schach zu halten. Das fängt bei den Spiellokalen, -terminen an und geht in einem weiten Bogen bis dahin, dass ein Schachspieler auch mal duschen und ein frisches Hemd anziehen soll.
In Wien haben wir mit Margot Landl eine sehr engagierte Frau im Vorstand, die sich auch medial gut in Szene setzen kann. Mit Uschi Fellner haben wir in der Medienlandschaft eine begeisterte Schachspielerin und wir müssen versuchen, diese Kontakte und Möglichkeiten zu nutzen, Schach für Frauen attraktiver zu machen – wie gesagt ich bin da für die kleinen Schritte, verstehe aber die Ungeduld der Krennwurzn gut!

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IM (WGM) Eva Moser gegen den Christian Hursky

Krennwurzn:
Wie sieht Ihre persönliche Planung als Präsident aus – 45+ Jahre werden sie wohl eher nicht schaffen.

Hursky:
(Lacht) Das ist auch nicht mein Ziel. In Wien war ich 9 Jahre lang Präsident und ich hoffe sagen zu dürfen ich habe da etwas weitergebracht und viele Projekte auf Schiene gebracht. Über die Dauer einer Amtsperiode sollte man sich keine zu großen Gedanken machen, aber ich denke, dass so um 10 Jahre herum eine gute Perspektive ist, wenn man längerfristig etwas schaffen möchte.

Krennwurzn:
Was wären so längerfristige Ziele? Das hört sich zwar gut an, sagt aber wenig aus.

Hursky:
Neben den schon angesprochenen Zielen sollten wir vielleicht weiterdenken und beispielsweise ähnlich dem Schachhaus in Wien ein bis drei weitere solche Zentren in den Bundesländern schaffen. Das wird realistischerweise nur klappen, wenn wir über die Landesverbandsgrenzen hinwegschauen und sich zwei oder mehrere Bundesländer die Finanzierung teilen. Der Vorteil des Schachhauses ist, dass wir damit über eine Lokation verfügen, die uns alleine zur Verfügung steht und uns beispielsweise im Jugend- aber auch im Damenbereich nicht ganz unwichtig raus aus den Gaststätten bringt. Zudem darf man die Wirkung als öffentlich sichtbares Haus für Schach auf die Gesellschaft nicht vergessen.

Krennwurzn:
Herzlichen Dank für das Gespräch und die Zeit für das Telefonat zwischen zwei Terminen – alles Gute für die Präsidentschaft!

Hursky:
Danke und vielleicht trifft man sich ja mal auch persönlich!

Krennwurzn

Anonymer aber dennoch vielen bekannter kritischer Schachösterreicher! Ironisch, sarkastisch und dennoch im Reallife ein netter Mensch - so lautet meine Selbstüberschätzung! Natürlich darf jeder wissen wer die Krennwurzn ist und man darf es auch weitererzählen, aber man sollte es nicht schreiben, denn die Krennwurzn hat so eine abkindliche Freude damit „anonym“ zu sein – lassen wir ihr doch bitte diese Illusion!

Motto: Erfreue Dich am Spiel, nicht an der Ratingzahl! Das Leben ist hart, aber ungerecht (raunzender Ösi)!
 

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