Opening Encyclopaedia 2009
ChessBase

3.355.793 Partien, 81.472 Partien mit Kommentaren,
4.504 Eröffnungsübersichten / Surveys
437 spezielle Theoriedatenbanken
Eröffnungsbaum mit 32.404.507 Positionen

Software: Opening Encyclopaedia
Eröffnungstheorie, Datenbank, Eröffnungsbuch / Baum
Preis: 99,90 €
Bezugsquelle: Schachversand Niggemann
Dieses Rezensionsexemplar wurde vom Schachversand Niggemann
auf eigenem Wunsch zur Verfügung gestellt.
ISBN-13:
978-3-86681-117-1
Anbieter: ChessBase
Sprache: Deutsch / Englisch

opening-encyclopaedia-2009 Cover

 

Nachfolgend wird ein Datenbank Produkt aus dem Hause ChessBase vorgestellt!

Die Rezension gliedert sich nachfolgend in 6 Bereiche auf. Diese Vorgehensweise erscheint notwendig, denn die Opening Encyclopaedia steht im Schatten der Mega Database. Ein direkter Vergleich ist angebracht. Die Mega Database erfreut sich nach meinen Kenntnissen einer höheren Popularität, wenigeren Schachspielern ist die zweite mächtige Datenbank von ChessBase hinreichend bekannt. Die beiden DVDs sind allerdings nur bedingt vergleichbar. Insofern wird es mein Ziel sein, die Unterschiede zwischen den beiden Datenbanken herauszufiltern. Auch möchte ich den Baum vom Eröffnungslexikon 2009 dem PowerBook 2010 gegenüberstellen.

Auch wenn die Mega Database 2010 in der Rezension der SCHACHWELT 03/2010 eine 5 von 5 Bewertung erhalten hat, ist die Opening Encyclopaedia nicht minder hochwertig.

 

1. Anzahl der Partien

Im direkten Vergleich zur Mega Database 2010 bietet das Eröffnungslexikon 2009 1.107.500 Partien weniger. Bei der Mega wird Wert auf vollständige Turniere gelegt. Bei dem Eröffnungslexikon liegt der Schwerpunkt bei Partien, die sich logischer Weise für Eröffnungsübersichten eignen.

Für die Qualität einer Eröffnungsdatenbank ist die Anzahl der Partien weniger entscheidend. Wichtiger ist eher, dass für jedes Eröffnungssystem eine ausreichende Anzahl an geeigneten Partien zur Verfügung steht. Noch wichtiger ist es, dass die Aktualität der Eröffnungsübersichten gewährleistet bleibt (Thema: Aktuelle Theorie-Ideen).

 

2. Anzahl der kommentierten Partien

Ein weiterer Unterschied ist, dass beim Eröffnungslexikon ca. 15.000 kommentierte Partien mehr enthalten sind. Nach meinen Stichproben handelt es sich offenbar und überwiegend um Material aus den ChessBase Magazinen. Die Eröffnungsübersichten, die im ChessBase Magazin publiziert werden, wurden mit dem Eröffnungslexikon verschmolzen.

Anmerkung:
Auch Anwender, die das ChessBase Magazin nicht abonniert haben, kommen in den Genuss der Eröffnungsübersichten. Das ChessBase Magazin fokussiert vielseitige Themenbereiche, die Eröffnungsübersichten selbst bilden nur einen Schwerpunkt. Bei so umfangreichen Produkten besteht immer die Gefahr, sich in Kausalketten zu verirren. Daher weise ich bereits jetzt darauf hin, das dass ChessBase Magazin nicht Thema der Rezension ist.

 

3. Eröffnungsbuch / Baum

Mehr oder weniger als Plugin zum Fritz Spielprogramm, wird das in der SCHACHWELT 03/2010 besprochene PowerBook 2010 von ChessBase angeboten. Nun fragen sich Schachspieler, ob es überhaupt notwendig ist, sich ein PowerBook zuzulegen, wenn doch mit dem Eröffnungslexikon ein umfassendes Buch zur Verfügung gestellt wird? Die beiden Eröffnungsbücher können allerdings ganz und gar nicht miteinander verglichen werden.

In Grau - zum Vergleich - eine ältere Opening Encyclopaedia aus dem Jahr 2006:

PowerBook 2010 1.606.101 Partien 25.124.531 Positionen 2,14Gb
Encyclopaedia 2009 3.346.073 Partien 32.404.507 Positionen 2,38Gb
Encyclopaedia 2006 2.470.722 Partien 41.649.653 Positionen 3,83Gb

Trotz mehr als doppelt so vieler Partien, finden sich verhältnismäßig weniger Positionen im Eröffnungslexikon. Das PowerBook 2010 greift also tiefer in die Eröffnungssysteme ein. Offenbar wurde die Strategie von ChessBase geändert, denn das Eröffnungslexikon 2006 geht bei deutlich weniger Partien tiefer in die benutzten Partiefragmente. Im Grunde spiegelt diese Statistik nur einen Anhaltspunkt wieder, denn die Tiefe oder die Anzahl der Positionen sagt nur bedingt etwas aus. Ich habe sehr viele Stichproben zu beliebten Varianten der Sizilianischen Eröffnung durchgeführt, und denke, dass die erreichte Tiefe bei dem aktuellen Eröffnungslexikon mehr als ausreichend ist. Offenbar wurden Verbesserungen durchgeführt und nicht notwendige Positionen wurden herausgefiltert. Immerhin ist das Eröffnungsbuch der Encyclopaedia 2009 im Vergleich zur Ausgabe 2006 um sage und schreibe 1,6Gb geschmolzen. Die Festplatte bedankt sich um das Mehr an Kapazität!

Beim PowerBook sind die Ausspielpräferenzen durch verwendete ELO-Statistiken genauer. Jede der eingeflossenen Partien enthält eine Weiß/Schwarz ELO. Dies ist bei dem Eröffnungslexikon nicht der Fall. Die beiden Bücher verfolgen also ein ganz anderen Anwendungsbereich: Training contra den vermutlich besten Zügen für ein Schachprogramm!

 

4. Eröffnungsschlüssel (*.cko Datei)

Sowohl die Mega Database 2010 als auch das Eröffnungslexikon 2009 sind dem Super-Key von Joachim Zunke zugeordnet. Warum bei der Mega die Version 2004 und bei dem Eröffnungslexikon eine Version aus dem Jahr 2005 benutzt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

An dieser Stelle können wir den Vergleich zwischen der Mega Database 2010 / PowerBook 2010 und dem Eröffnungslexikon 2009 abschließen.

Zu erwähnen sind allerdings noch drei ganz wesentliche Unterschiede:

1. Bei der Mega Database 2010 befindet sich das aktuelle Spielerlexikon im Lieferumfang (nicht bei der unkommentierten Big Database 2010 oder der Opening Encyclopaedia).

2. Bei der Mega Database 2010 können in Kombination mit ChessBasse 10 und einer beiliegenden Aktivierungs-Nummer die neuesten Partien Online bezogen werden.

3. Bei der Mega Database 2010 sind die Schlüssel: Themen, Taktik, Strategie und Endspiele besetzt bzw. werden genutzt, nicht beim Eröffnungslexikon!

An dieser Stelle möchte ich mich bei 2 Lesern der SCHACHWELT bedanken. Die Leser haben mich als Rezensenten darauf hingewiesen, dass es vorteilhaft wäre, die Unterschiede zwischen der Mega Database 2010 und der Opening Encyclopaedia 2009 besonders herauszufiltern. Der Bitte bin ich natürlich sehr gerne nachgekommen.

 

5. Theoriedatenbanken
in Verbindung mit kommentierten Partien

Kommen wir nun zum Ersten der beiden Aufhänger des Eröffnungs-Nachschlagewerkes, die Theoriedatenbanken. 437 Theorie-Artikel aus dem ChessBase Magazin befinden sich ergänzend im Lieferumfang. Die Einleitungen der Artikel stehen wahlweise in deutsch und englisch zur Verfügung. Hinzu kommen ausgewählte Partien der jeweiligen Autoren, die besonders gut ausgewählt und kommentiert sind.

Text von Hersteller:
"Für das ChessBase Eröffnungslexikon haben viele renommierte Speziallisten ihres Gebietes Zuarbeiten geleistet, u. a. Anand, Avrukh, Dr. Hübner, Jusspow, Kortschnoj, Krasenkov, Marin, Postny, Ribli,, Rogozenco und Stohl. Eine einzigartige Materialsammlung stellen die 437 aus dem ChessBase Magazinen übernommenen Theorieartikel (jeweils Einleitungstext + kommentierte Partien) dar. Zu jedem er 500 Eröffnungsgebiete nach ECO-Standard liegt mindestens eine Partie-Eröffnungsübersicht vor, insgesamt sind es nun über 4.500, davon wurden über 500 für die Neuauflage des Lexikons aktualisiert."

Hinweis:
ECO-Standard = A00 - E99 = 500 Eröffnungsgebiete!

Die TOP 20 der Einträge kommentierter Partien:
Vielleicht werden die Unterschiede anhand der nachfolgenden Tabelle deutlicher!

Opening Encyclopaedia 2009 Mega Database 2010
Ftacnik 9.972 Ftacnik 4.754
Ribli 6.845 ChessBase 4.192
ChessBase 4.870 Bulletin 4.160
Bulletin 3.526 Ribli 4.048
Myers 3.283 Hecht 1.709
Stohl 2.670 Finkel, A 1.704
Dautov 1.863 Stohl 1.416
Blatny, P 1.857 Huzman 1.394
Hecht 1.710 Dautov 1.210
Finkl, A 1.650 Tsesarsky 1.183
Bangiev 1.614 Rogozenco 1.005
Knaak 1.553 Primel, D 0.987
Hazai 1.478 Knaak 0.948
Huzman 1.387 Lukacs 0.921
Tsesarsky 1.182 Psakhis 0.864
Psakhis 0.944 Hübner, R 0.837
Lukacs 0.897 Marin, M 0.835
Horvath, Ta 0.886 Horn, Pe 0.826
Rogozenco 0.833 Krasenkow 0.797
Hübner, R 0.811 PR 0.789

Die Autoren der jeweiligen Theoriedatenbanken stellen die Eröffnungen vor. Anhand von kommentierten Partien werden die Systeme näher beleuchtet.
Als Beispiel möchte ich das Evans-Gambit aufführen:

Auszug aus einem Eröffnungs-Vorstellungstext:

C52 Evans-Gambit
Von Peter Lukacs und Laszlo Hazai

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.b4 Lxb4 5.c3 La5 6.d4 exd4 7.Db3

Das Evans-Gambit war im XIX. (!) Jahrhundert äußerst populär, verlor aber später seine Anhänger fast gänzlich. Als der Romantikstil von der modernen Herangehensweise abgelöst wurde, sich die Verteidigungstechnik verfeinerte, wählten die meisten Spieler das ruhige Italienisch und den Spanier. Dennoch hat es immer kreative Denker gegeben, die das Gambit von Zeit zu Zeit anwandten, sogar Kasparov hatte einige Erfolge damit, und heutzutage hat Short sein Repertoire um diese riskante Eröffnung bereichert.

Unser Thema ist das scharfe 6...exd4 7.Db3; Schwarz nimmt den Fehdehandschuh auf und schnappt sich den zweiten Bauern. Dies sieht riskanter aus als die anderen solideren Verteidigungen, doch die Dinge sind bei weitem nicht klar; man muss eben die alten "unsterblichen" Ideen mit präziser computer-gecheckter Analyse kombinieren. Schwarz hat zwei Verteidigungen, A) 7...De7 und B) 7...Df6.

 

6. Eröffnungsübersichten

Als zweite Besonderheit wurden 4.504 Surveys (Eröffnungsübersichten) der Datenbank beigelegt. Die Surveys befinden sich auf den Positionen 3- 4.506 der Datenbank oder sind z. B. mittels Turnier-Schlüssel unter Survey zu finden. 532 dieser Surveys sind seit der letzten Ausgabe (Eröffnungslexikon 2008) hinzugekommen.

Was ist eigentlich ein Survey?
Bei einem Survey werden die wichtigsten Partien einer Variante zusammengefügt. An geeigneten Stellen werden Partien abgeschnitten (diese werden dann zu Untervarianten) und an den Endstellungen mit einer Bewertung versehen. Die Bewertungen bestehen meist aus Informatorzeichen, nur selten aus Textkommentaren. Besonders unter Zuhilfenahme solcher Surveys kann sehr bequem ein Repertoire aufgebaut werden.

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Es gibt also reichlich Unterschiede zwischen der Mega Database 2010 und dem Eröffnungslexikon 2009. Schon allein aufgrund der verschiedenen Schwerpunkte und Anwendungsgebiete. Natürlich lassen sich mit den 3.35 Millionen Partien auch eigene Eröffnungsbäume erstellen.

Hinweis:
Eröffnungsbücher / Bäume (Ein ChessBase Eröffnungsbuch wird auch Baum genannt) können sowohl unter der Fritz, als auch unter der ChessBase Benutzeroberfläche erstellt werden.

Auch wenn dem Produkt der ChessBase Reader beiliegt, sollten Sie idealer Weise das ChessBase Datenbank-Hauptprodukt ChessBase 10 Ihr Eigen nennen. Natürlich können Sie auch die Fritz Benutzeroberfläche für das Eröffnungslexikon benutzen, allerdings sind die Datenbankoptionen im Vergleich zu ChessBase stark eingeschränkt.

 

Bewertung: 5 von 5
Jegliche Kritik entfällt, auch Verbesserungsvorschläge kann ich keine benennen.

Die Opening Encyclopaedia war immer schon ein mächtiges Eröffnungs-Nachschlagewerk. In den letzten Jahren hat sich die Qualität durch überarbeitete / neue Eröffnungsübersichten weiter gesteigert. Die vielen kommentierten Partien wirken gigantisch, stehen aber nicht "allein" im Vordergrund. Im Vordergrund stehen vielmehr die Eröffnungsübersichten in Kombination mit den kommentierten Partien, die mit großmeisterlichen Textkommentaren versehen sind. Trotz der gewaltigen Datenmenge sind die Zugriffe auf den beiliegenden Schlüsseln (Partien, Spieler, Turniere, Kommentatoren, Quellen, Mannschaften, Eröffnungen) rasant schnell.

An dieser Stelle ein weiterer Hinweis:
Es ist nicht sinnvoll, nur mit einer Software Eröffnungswissen zu tanken. Persönlich nutze ich das Eröffnungslexikon seit vielen Jahren (Erstellung von Eröffnungsbüchern für Schachprogramme). Allerdings lege ich mir zu favorisierten Eröffnungen auch ergänzend Sachbücher zu. Durch die Kombination von Sachbüchern mit Softwareprodukten steigern Sie die Konzentration und gestalten die Arbeit abwechslungsreicher.

Fazit:
Mit der Opening Encyclopaedia öffnet sich das Tor zur Schachtheorie. Sie erhalten also den sinnbildlichen Schlüssel doppelt.
NACHSCHLAGEWERK und TRAININGSWERKZEUG zugleich!

 

® Copyright: Frank Quisinsky / SCHACHWELT
vom 04.03.2010
zuletzt aktualisiert am 05.03.2010, 11:30