Warum war Zügers Leistung kein Thema?
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Dienstag, 19 Juli 2011 08:12

Verschwiegene Schweizer

Der Juli hat in der Schachschweiz Tradition: In der zweiten Juliwoche ist die Schweizer Meisterschaft. Sie endet an einem Freitag. Am Samstag beginnt das Schachfestival in Biel. Viele Spieler bestreiten beide Wettbewerbe und lassen allenfalls das Schnellschach am Wochenende aus, bevor sie in Biel am Montag in die regulären Partien einsteigen. Yannick Pelletier, der aus Biel stammt, aber seit einigen Jahren bei seiner französischen Lebensgefährtin lebt, vertritt in der Elitegruppe die Schweizer Farben und musste gleich zu Beginn eine Weißniederlage gegen Favorit Carlsen einstecken.
 
Der 80jährige Viktor Kortschnoi ist für diesen harten Wettbewerb mit einem Eloschnitt von knapp 2700 nicht mehr robust genug, nicht aber für die Schweizer Meisterschaft, die er mit einigem Glück gewann. Sie wurde in Form eines neunrundigen Opens ausgetragen, in dem nur die Schweizer titelberechtigt waren. Die beste Schweizer Eloperformance lieferte indessen weder Kortschnoi noch sein Stichkampfgegner Joe Gallagher (anscheinend sah das Reglement bei Punktgleichheit einen Stichkampf der zwei Buchholzbesten vor) sondern Beat Züger. Keiner spielte gegen mehr Großmeister, keiner gegen mehr, die unter den ersten zehn endeten. Im Unterschied zu Kortschnoi und Gallagher hatte er fünfmal Schwarz, darunter in den letzten beiden Runden, als ihm zwei Großmeister, man kann es kaum anders sagen, remis abklammerten (Partienseite). Am Ende fehlten nur ein paar Elopunkte für eine GM-Norm. Dass Züger mit 2,5 aus 3 gegen einen 2200er gepaart wurde, der am Ende nur 50 Prozent holte, kostete ihn neben der Norm auch die Teilnahme am Stechen um den Titel.
 
Warum das ein Thema für diesen Blog ist? Weil sich die Tagesberichte des Schweizer Schachbunds über Zügers Leistung merkwürdig ausschweigen. Ist der Internationale Meister den Funktionären suspekt? Hat Züger zu oft seine Meinung gesagt? Stört das von ihm organisierte äußerst erfolgreiche und gut dotierte Schnellturnier? Oder dass er mit der Gründung des Free Helvetian Chess Club andeutet, dass das organisierte eidgenössische Schach nicht so ganz frei ist? Dem Propagandachef des Verbands Markus Angst waren alle möglichen Spieler eine besondere Erwähnung wert, nicht aber Züger. Und das wirft kein gutes Licht auf eine Szene, die bereits von einem anderen Totschweigen überschattet wird.
 
Die Eloliste führt seit vielen Jahren Vadim Milov an. Nur einmal, 2000 in Istanbul, vertrat er die Schweiz bei der Schacholympiade. Danach hat er sich mit dem Verband und seinen Schweizer Profikollegen überworfen. Immerhin spielt Milov inzwischen wieder in der Schweizer Liga und zwar für den Aufsteigerclub Réti Zürich. Sein Mannschaftsführer und Mäzen Adrian Siegel, ein angesehener Neurologe, ist seit Juni neuer Präsident des Schweizer Schachverbands. Wenn Siegel vorhat, den SSB wieder behutsam mit seinem verlorenen Spitzenspieler zu versöhnen, sollte er gleich auch das Mobbing gegen Züger abstellen.