Dr. Hans-Jürgen Weyer
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Leser dieses Blogs wussten um Dr. Hans-Jürgen Weyers Kandidatur für den Vorsitz des Deutschen Schachbundes, bevor der Aachener sich offiziell erklärt hatte. Noch immer ist der Geschäftsführer des Berufsverbands der deutschen Geologen und seit zehn Jahren amtierende Präsident des größten deutschen Landesverbands NRW der einzige offizielle Anwärter für die Nachfolge von Robert von Weizsäcker. Eine Kandidatur aus den Reihen des Arbeitskreises der Landesverbände gilt indessen als sehr wahrscheinlich und dass es der Wortführer (und saarländische Verbandschef) Herbert Bastian sein wird, als wahrscheinlichste Lösung. Auch Harald Ballo, der Präsident des Hessischen Verbands und Michael Langer, bisher wie Weyer Vizepräsident, sind derzeit dabei, ihre Chancen als mögliche Kompromisskandidaten zu bewerten. Gut drei Monate vor der Abstimmung beim DSB-Kongress in Bonn und wenige Tage vor einem weiteren Treffen zwischen der DSB-Spitze und den deutschen Spitzenspielern beantwortete Weyer der Schach-Welt einige Fragen per E-Mail.  

Schach-Welt:
Wann und unter welchen Umständen haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, dass Sie eines Tages an der Spitze des DSB stehen wollen?
Weyer: Für mich stand das Thema einer möglichen Kandidatur erstmals an, als Professor von Weizsäcker dem DSB-Präsidium seinen Rückzug ankündigte. Das war Ende September letzten Jahres. Im November hat Herr von Weizsäcker seine Entscheidung dem Hauptausschuss mitgeteilt. Auf dieser Sitzung habe ich dann verabredungsgemäß meine Kandidatur bekannt gegeben. In der Zeit von September bis November habe ich gründlich überlegt und mich beraten, ob ich diesen nicht leichten Schritt tun soll.

Schach-Welt: Beschreiben Sie bitte, was Sie an für diese Position relevanter Führungserfahrung und –qualitäten mitbringen!
Weyer: Es ist immer schwierig, die eigenen Qualitäten zu bewerten. Ich möchte in Beantwortung Ihrer Frage folgende Punkte anführen. Seit langen Jahren bin ich Geschäftsführer des Berufsverbandes der Geologen mit Sitz in Bonn. Hier trage ich Personal- und Führungsveranwortung, organisiere Veranstaltungen und bin gewohnt, mich in Gremien zu bewegen und diese zu leiten. Ich habe bundesweite Kompetenz und bin manchmal auch auf europäischer Ebene unterwegs. Wichtig ist vielleicht noch die Tatsache, dass ich meine Termine weitgehend selbst setzen kann.Als Präsident des größten Landesverbandes habe ich viele Erfahrungen im Umgang mit der Schachorganisation der verschiedenen Ebenen, dem Führen von Gremien und dem Repräsentieren des Schachsportes und der Schachorganisation gesammelt. Auch hier trage ich Personalverantwortung. Dass der Schachbund NRW vergleichsweise gut dar steht, ist aber keineswegs nur mein Erfolg. Dem Schachbund NRW standen und stehen im Präsidium und im geschäftsführenden Präsidium gute Fachleute zur Verfügung, denen ich zu großem Dank verpflichtet bin. Aber solche Leute zu gewinnen und zu halten, ist ja durchaus auch positiv zu bewerten.

Schach-Welt: Kennengelernt habe ich Sie 2001 als einen anpackenden Landesverbandspräsidenten, der für Aufbruch stand. Inzwischen haben Sie ein anderes Image. Haben Sie sich geändert oder ist es die Perspektive der Urteilenden?
Weyer: Diese Einschätzung kenne ich nur von Ihnen, Herrn Löffler, gelesen auf diesem Blog. In NRW ist mir diese Einschätzung noch nicht begegnet. Ich möchte meine Amtszeit sehr wohl als erfolgreich betrachten und bin etwas Stolz auf die Tatsache, dass ich in den zehn Jahren meiner Präsidentschaft bei Wahlen noch nie auch nur eine einzige Gegenstimme erhalten habe. Es ist so, dass zu Beginn meiner Amtszeit mehr schwierige Entscheidungen zu treffen waren, als es jetzt der Fall ist. Es ist mir auch bei schwierigen Entscheidungen gelungen, den NRW-Kongress zu überzeugen, so dass auch derartige Entscheidungen letztlich glatt getroffen werden konnten. Zuletzt beispielsweise die Anti-Doping-Regelung auf Landesebene, die anderswo heftig umstritten war. Von „weniger Aufbruch“ kann daher keine Rede sein, höchstens von mehr ruhiger und kontinuierlicher Entwicklung.

Schach-Welt:
In der zu Ende gehenden Amtsperiode von Robert von Weizsäcker 2009-2011 waren Sie der zweite Mann im DSB und für vieles verantwortlich. Wie beurteilen Sie das Erreichte?
Weyer: Auf dem DSB-Kongress 2009 in Zeulenroda, wo ich zum DSB-Vizepräsidenten gewählt wurde, sind einige wichtige Entscheidungen getroffen worden. So wurde beispielsweise eine Strukturreform beschlossen, die sich erst einmal bewähren musste. Unter diesen Vorzeichen haben wir sehr wohl viel erreicht. Die Anti-Doping-Regelung greift, die finanzielle Situation verbessert sich, das verkleinerte Präsidium steht in engem Kontakt und arbeitet vertrauensvoll zusammen. Auch im Breitensport sind zusätzliche Aktivitäten erfolgt. Allerdings leugne ich nicht, dass es Baustellen gibt, die wir aber intensiv bearbeiten.

Schach-Welt: Herr von Weizsäcker zeigte sich bei der Hauptausschusssitzung des DSB in Gladenbach im November demonstrativ erstaunt, als Sie bei der Erklärung Ihrer Kandidatur seine Unterstützung reklamierten. Wann hat der scheidende Präsident Ihnen seine Unterstützung denn zugesagt?
Weyer: Da Sie, Herr Löffler, auf der Hauptausschuss-Sitzung nicht anwesend waren, müssen sich Ihre Behauptungen in diesem Fall – wie in anderen Fällen auch – auf Informationen Dritter stützen. Ihr Informant scheint Sie aber recht subjektiv zu versorgen. Denn demonstratives Erstaunen habe ich nun wirklich nicht bemerken können. Herr von Weizsäcker und ich stehen – soweit möglich – in engem Kontakt. Ich gehe davon aus, dass er sich nicht aktiv in einen möglichen Wahlkampf einmischen, sondern die gebotene Neutralität wahren wird. Seine Unterstützung – jetzt und in Zukunft – hat er mir aber von Anfang an zugesagt. Schließlich hat er mich vor zwei Jahren auch aufgefordert, als sein Stellvertreter zu kandidieren.

Schach-Welt:
Sie sprachen außerdem von der Unterstützung der beiden anderen Vizepräsidenten Hochgräfe und Langer, der nun aber selbst als Kandidat gehandelt wird. Wie sicher sind Sie sich der beiden?
Weyer: Ich gehe davon aus, dass Professor Hans-Jürgen Hochgräfe als Vizepräsident Sport und Michael Langer als Vizepräsident Finanzen kandidieren werden. Zumindest ist dies so in allen bisherigen Gesprächen geäußert worden.

Schach-Welt: Sie haben dem Deep Chess-Team, das einmal für seine frechen, unkonventionellen Beiträge bekannt war, kürzlich ein auf Video aufgezeichnetes Interview gegeben. Entsprach die Qualität der Fragen Ihren Erwartungen?
Weyer: Das Interview war insgesamt etwa doppelt so lange, als wie es nachher gesendet wurde. Ich habe die veröffentlichte Version vorher zur Kenntnis und zur Zustimmung erhalten, aber keinen Einfluss darauf genommen, welche Teile herausgenommen wurden und welche im Video verblieben sind. Die Qualität der Fragen (und die der Antworten) mögen die Zuschauer beurteilen. Das DC-Team hat mich fair und korrekt behandelt, die Atmosphäre habe ich als sehr angenehm empfunden.

Schach-Welt: Der interessanteste Moment in diesem Interview war für mich, als Sie den Mann, der 2009 gegen Robert von Weizsäcker kandidierte und dieses Jahr als Ihr aussichtsreichster (wenn auch bisher nicht erklärter) Gegenkandidat gilt, nicht beim Namen nannten. Was haben Sie gegen Herbert Bastian?
Weyer: Schade, dass Sie ausgerechnet diesen Punkt als interessantesten Moment betrachten. Dass ich Herbert Bastian nicht mit Namen genannt habe, ist einzig und allein darauf zurückzuführen, dass zu diesem Zeitpunkt keine weitere Kandidatur bekannt war. Ich kenne Herbert Bastian seit vielen Jahren und schätze sein schachliches Engagement außerordentlich.

Schach-Welt: Können Sie die inhaltlichen Punkte benennen, in denen Sie und Herr Bastian sich voneinander unterscheiden?
Weyer: Zwischen Herbert Bastian und mir gibt es gewiss inhaltliche Unterschiede, wie auch im Temperament und in der Art der Vorgehensweise. Wenn ich jetzt einige nennen wollte, wäre das eine subjektive Auswahl, die ich an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt nicht machen möchte. In der Bewertung der aktuellen Situation sind wir aber gar nicht so weit auseinander.

Schach-Welt: Welche Schwerpunkte planen Sie im Falle Ihrer Wahl bis 2013 zu setzen?
Weyer: Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die ich gerne in Angriff nehmen will. Ich kann das hier nicht alles aufzählen. So müssen wir die Deutsche Einzelmeisterschaft erneuern und gleichzeitig Akzente im Breitensport setzen. Eine Sache ist mir aber wichtig und sollte hier erwähnt werden: Ich strebe an, die Landesverbände deutlich stärker in die Arbeit für das Schach in Deutschland einzubeziehen und auch in Verantwortung zu nehmen. Denn auch was in den Landesverbänden geschieht, ist repräsentativ für das Schach in Deutschland. Ich werde darauf hinarbeiten, dass die Gemeinsamkeiten stärker in den Vordergrund der täglichen Arbeit gerückt werden. Denn der Deutsche Schachbund braucht die Landesverbände, und die Landesverbände brauchen den Deutschen Schachbund. Bisher zeigten die Landesverbände sehr intensiv Interesse an der Arbeit des DSB und der DSB zu wenig Interesse an dem, was in den Landesverbänden geschieht. Bereits im März werden wir den Landesverbänden einen bereits angekündigten Katalog von Projekten vorschlagen, die im Breitensport geeignet sind, Mitglieder zu gewinnen und Aufmerksamkeit zu erreichen. Das soll ein Beispiel für zukünftige gemeinsame Projekte sein.

Schach-Welt:
In welchen Bereichen möchten Sie trotz der schwierigen Finanzlage investieren?
Weyer: Die Antwort „In den Leistungssport und in den Breitensport“ sagt wohl zu wenig aus. Dennoch ist es so. Und auch an dieser Stelle: Alles, was wir tun, muss der Mitgliederbindung und der Mitgliedergewinnung dienen. Hier dürfen auch Investitionen nicht gescheut werden.

Schach-Welt: Was planen Sie, um die Finanzsituation des DSB zu verbessern?
Weyer: Die finanzielle Situation des DSB bessert sich bereits. Nicht zuletzt ist dies ein Erfolg der Strukturreform. Falls Sie auf eine Beitragserhöhung abzielen, so ist diese nicht geplant. Obwohl ich auch der Meinung bin, dass wir unsere Sportart künstlich „billig“ halten. Hier haben andere Sportarten (und im Übrigen auch Schachorganisationen in anderen europäischen Ländern) ein ganz anderes Selbstverständnis. Um auf Ihre Frage zu antworten: Zunächst werden wir das sparsame Haushalten fortsetzen. Allerdings gehe ich davon aus, dass der Abschluss eines Sponsorvertrages bevorsteht, der uns einige zusätzliche Möglichkeiten eröffnen würde. Die Verhandlungen sind weit fortgeschritten.

Schach-Welt: An welchen Zielen möchten Sie gemessen werden?
Weyer: Ein Ziel wäre, auf Ihrem Blog nicht verrissen zu werden. Scherz beiseite: Ich bin mir darüber im klaren, dass man wohl kaum alles erreichen kann, was man sich vornimmt. Dennoch ist es absolut richtig, sich viel vorzunehmen. Ich wäre schon sehr zufrieden, wenn wir im Team des Präsidiums zumindest einen großen Teil unserer Ideen umsetzen können. Einige der Vorhaben finden sich ja in den Antworten auf Ihre Fragen. Auf keinen Fall darf ich hier die wertvolle Arbeit der Referenten vergessen. Das wäre auch ein wichtiges Ziel: Das Bewusstsein zu stärken, gemeinsam für das deutsche Schach zu arbeiten. Ich kenne meine Grenzen und weiß genau, dass man als Präsident des Deutschen Schachbundes zwar Impulse setzen, aber nur im Team erfolgreich sein kann.

Schach-Welt: Wie beurteilen Sie den seit Jahren anhaltenden Mitgliederrückgang und wie möchten Sie darauf reagieren?
Weyer: Der Mitgliederrückgang ist für die Schachorganisationen in Deutschland eine echte Herausforderung. Er spiegelt die gesellschaftliche Entwicklung wider. Ich nenne nur einige Beispiele: zunehmende Belastung der Berufstätigen und der Schüler, stark geändertes Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen, der demographische Wandel, der Kampf vieler Sportarten um eine geringer werdende Zahl von Kindern und Jugendlichen, die Schwierigkeiten, die Positionen in den Vereinen und den Bezirken zu besetzen, und vieles mehr. Der Mitgliederrückgang trifft alle Ebenen des Schachs, vom DSB angefangen, über die Landesverbände und ganz direkt natürlich die Vereine. So ist der Mitgliederrückgang in den einzelnen Landesverbänden durchaus unterschiedlich. Es gibt einige Verbände mit Mitgliederzuwachs und auch einige „Ausreißer nach unten“. Daher kann man dieses Problem auch nur gemeinsam angehen. Mir schwebt eine konzertierte Aktion vor, in der wir uns in aufeinander abgestimmter Weise auf allen Ebenen der Mitgliederbindung und Mitgliedergewinnung widmen. Hier baue ich auch stark auf die Schachjugend, die hier wichtige Ansätze und viel Erfahrung hat. Bei dieser Problematik gibt es keine Denkverbote. Wir müssen das Vereinsangebot erweitern, die Vereinsstrukturen modernisieren, die Form der Mitgliedschaften überdenken. Ich bin für jede Anregung dankbar und offen.

Schach-Welt: Die Austragung von Schach-WM und Schacholympiade im eigenen Land 2008 haben den Mitgliederschwund allenfalls verzögert, der erhoffte Boom ist völlig ausgeblieben. Welche Lehren ziehen Sie daraus?
Weyer: In der Tat sind trotz der großartigen Veranstaltungen die erhofften Auswirkungen auf die Mitgliederzahlen ausgeblieben. Dennoch dürfen wir die Bedeutung derartiger Veranstaltungen nicht unterschätzen. So sind beispielsweise Mitglieder aus meinem eigenen Verein, die ich seit Jahren nicht mehr auf dem Spielabend gesehen habe, nach Dresden zur Schacholympiade gefahren. Also sehr wohl Mitgliederbindung. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass diese Großveranstaltungen keinen Boom bei uns ausgelösen. Dennoch brauchen wir derartige Veranstaltungen! Sie ersetzen allerdings nicht die mühsame Arbeit der Vereine vor Ort. Diese muß gestärkt werden.

Schach-Welt:
Sie haben in einem Interview die Meinung vertreten, dass ein deutscher Magnus Carlsen hier einen Schachboom auslösen könnte. Wie, glauben oder wissen Sie, hat sich die Mitgliederzahl des Norwegischen Schachverbands entwickelt, seit Carlsen 2004 als jüngster Großmeister der Welt Schlagzeilen zu machen begann?

Weyer
: Konkrete Zahlen kann ich nicht nennen. Es ist aber unübersehbar, dass im Sog von Carlsen auch andere Norweger den Weg zur Spitze beschreiten. Ich denke beispielsweise an Hammer. Es ist aber nicht zu übersehen, dass Carlsen – nicht zuletzt durch sein Auftreten in der Modebranche – wohl der Schachgroßmeister ist, der am stärksten in den Medien vertreten ist.

Schach-Welt: Norwegen hatte 2500 organisierte Spieler, bevor Carlsen Großmeister wurde. Heute sind es in etwa genau so viele, laut letzten Zahlen ein Prozent weniger. Zurück nach Deutschland: Zwei Großmeister behaupten, von Ihnen Freiplätze für die Deutsche Meisterschaft in Bonn versprochen bekommen zu haben - ein Versprechen, das Sie mittlerweile zurückgenommen haben. Zugespitzt gefragt: hat Hans-Jürgen Weyer Handschlagqualität?
Weyer: Ich kann keine Zusagen über Dinge machen, die nicht in meine Kompetenz fallen oder die ich nicht alleine entscheiden kann. Ich sage jedoch gerne zu, die Möglichkeiten auszuloten und mich einzusetzen. So ist das auch hier gewesen.

Schach-Welt: Wen wünschen Sie sich im künftigen Präsidium, insbesondere als im Falle Ihrer Wahl für Sie nachrückenden Vizepräsidenten?
Weyer: Ich habe bereits Personen angesprochen, die ich mir gut im Präsidium des Deutschen Schachbundes vorstellen kann. Da ich jedoch noch kein endgültiges „Ja“ oder „Nein“ erhalten habe, nenne ich hier keine Namen.

Schach-Welt: Stünden Sie im Falle einer Wahlniederlage selbst weiter als Vizepräsident zur Verfügung?
Weyer: Nein.

Schach-Welt: Zu klären sind auch in der kommenden Amtszeit Personalien: Wie wollen Sie die Nachfolge des spätestens 2013 in Ruhestand gehenden Horst Metzing regeln?
Weyer: Horst Metzing ist einer der wichtigsten Personen im Deutschen Schachbund, ja des deutschen Schachs überhaupt. Die Nachfolge zu regeln, wird in der Tat schwierig. Wir haben jedoch konkrete Vorstellungen darüber, wie dies erfolgen kann. Sie haben aber Verständnis dafür, dass ich diese Personalie nicht per Blog zur Diskussion stellen kann, sondern erst in den dafür zuständigen Gremien beraten muß. Ich gehe davon aus, dass die Entscheidung im kommenden Jahr fallen wird.

Schach-Welt: Sie haben Ihre Bereitschaft signalisiert, die Aufgaben des Bundestrainers und die Betreuung der Nationalmannschaft neu zu definieren. Wie sind Ihre Vorstellungen da?
Weyer: Die Spitzenspieler haben etliche Vorstellungen geäußert, von denen die einen erfüllt werden können, die anderen nicht. Dies steht auf dem Treffen mit den Spitzenspielern in der kommenden Woche auf der Tagesordnung. Einer von mehreren Gesprächspunkten wird auch Training und Betreuung der Nationalmannschaft sein. Was wir zusammen mit den Spitzenspielern konkret vereinbaren, soll dort beraten und nicht vorher öffentlich verhandelt werden. Am 28. Februar wird das feststehen und den Spitzenspielern unterbreitet worden sein. Die dann getroffenen Regelungen werden wir bekannt geben.

Schach-Welt: Was erwarten Sie vom bevorstehende Treffen mit den Spitzenspielern und welche Rolle spielen Sie dabei?
Weyer: Ich erwarte von dem Gespräch eine abschließende Klärung der Situation und eine Fixierung der vom DSB in den letzten Monaten vorbereiteten Verbesserungen und Änderungen, die dann auch für einen längeren Zeitraum Bestand haben sollen. Ich hoffe sehr, dass meine Rolle darin liegt, ein sachlicher und ruhiger Vermittler zu sein, der die Vorstellungen der Spitzenspieler und die Möglichkeiten des DSB zur Deckung bringt. Dies tun aber die übrigen Mitglieder des Präsidiums auch. Allerdings müssen wir auch Grenzen aufzeigen und ggf. durchsetzen. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir uns nach dem Treffen wieder auf die sportlichen Herausforderungen konzentrieren können. Schließlich stehen die europäischen Einzelmeisterschaften vor der Türe.

Schach-Welt: Am Montag voriger Woche hat das von vielen als sichtbarstes und bestorganisiertes betrachtete deutsche Schachevent sein Aus erklärt. Eine Stellungnahme dazu seitens des Schachbundes ist mir nicht aufgefallen. Ist dem DSB Mainz wurst?
Weyer: Der Deutsche Schachbund – und ganz besonders ich selbst – bedauert das Aus der Mainzer ChessClassics ganz außerordentlich. Wir verlieren eines der wenigen Turniere in Deutschland mit weltweiter Strahlkraft. Ich selbst war mehrmals anwesend und habe bisher zweimal mitspielen können. Hans-Walter Schmitt gilt meine große Bewunderung und der Dank der gesamten Schachwelt. Wir alle hoffen außerordentlich, dass es sich nicht um ein endgültiges Aus, sondern nur um ein einmaliges Aussetzen handelt.
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Hans Jürgen Weyer
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Freitag, 26 November 2010 09:57

Au Weyer, DSB?

In Gladenbach bei der Hauptausschusssitzung des Deutsche Schachbunds wird Robert von Weizsäcker an diesem Wochenende sein Ausscheiden als Präsident ankündigen. Sein Vizepräsident Hans-Jürgen Weyer gilt im Moment als wahrscheinlichster Nachfolger. Gewählt wird erst beim DSB-Kongress im Mai in Bonn, doch in Gladenbach werden die Weichen gestellt, wenn nicht bereits alles ausgekungelt.

Zwei weiteren Mitgliedern des Präsidiums, Michael Langer und Hans-Jürgen Hochgräfe, werden Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt. Mitzureden haben aber vor allem die „Landesfürsten“. Im Arbeitskreis der Landesverbände wird die Arbeit des Präsidiums kritisch gesehen. Eine Gegenkandidatur aus diesem Kreis, am wahrscheinlichsten wie 2009 durch Herbert Bastian, kündigt sich an.

Von Weizsäckers vier Jahre an der Spitze haben viele enttäuscht. Sein Scheitern in der internationalen Schachpolitik, wo er Karpows Kandidatur für den FIDE-Vorsitz unterstützte und selbst als Europäischer Präsident kandidierte, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, zumal der DSB die ECU-Geschäftsstelle und damit verbundene Mietsubvention für seine Geschäftsstelle verlor. Zwar hat der Münchner im Außenauftritt und in den Außenbeziehungen des Schachbundes durchaus das eine oder andere bewegt. Der Wirtschaftsprofessor hatte allerdings wenig Glück mit seinen fürs Tagesgeschäft verantwortlichen Vizepräsidenten, dem wenig engagierten Matthias Kribben (2007/09) und dem seine Linie hintertreibenden Weyer (2009/11).

Der Herzogenrather ist als Geschäftsführer des Geologenverbands ein Verbandsprofi. Einst galt er als Anpacker, der auch Probleme offen anspricht. Als 2001 Alfred Schlya von der Spitze in NRW an die im DSB rückte, sorgte Weyer für Aufbruchstimmung in seinem Landesverband. Inzwischen wären dort manche froh, Weyer auf dem gleichen Weg loszuwerden. Es ist unklar, wo er Akzente setzen würde und wo aufgrund der schlechten Finanzsituation sparen, ob er den Mut hätte, die unsäglichen Zustände beim Ramada-Cup zu beenden, dessen Überschüsse dem DSB nicht nur nicht zugute kommen, sondern der sogar noch subventioniert wird, vom zeitlichen Engagement der Funktionäre, das an anderer Stelle fehlt, ganz zu schweigen.

Die nächste Amtszeit wird alles andere als leicht. Ideal wäre ein Moderator des Übergangs, der sich der Lösung der internen Probleme verschreibt, ohne im Funktionärsland Brownie-Punkte zu sammeln oder besonders auf Außenwirkung zu achten. 2013 könnte der DSB dann einen gestandenen Verantwortungsträger (und dabei starken Schachspieler) an seine Spitze holen, den Mainzer OB Jens Beutel.