Robert Hübner - 66 saftige Schnitzer
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Donnerstag, 01 Januar 2015 05:14

Robert Hübner - 66 saftige Schnitzer

Muss man über Robert Hübner noch etwas sagen? Die ehemalige Nummer 3 der Welt ist vermutlich nicht nur in Deutschland für seinen exzentrischen und bestenfalls wortkargen Umgang mit Photographen und Fans bekannt. Musste ich selbst erleben. Er ist aber auch für seine akribischen Analysen (am Schachbrett und abseits des Brettes) und für seine Schonungslosigkeit im Umgang mit eigenen Fehlern bekannt, anerkannt und hoch geschätzt.

Das Buch

Hier kommen wir schon zum Buch selbst. Hübner macht hier, was er augenscheinlich ebenso gerne wie gut macht – er macht sich nieder, auf höchstem wissenschaftlichen Niveau. Doch der Reihe nach.

Zuerst ist mir die akademische Sprache aufgefallen, die zwar kein Studium voraussetzt, aber auch keine volksnahe Stimmung aufkommen lässt. Für mich als Freund des komplexen Satzbaus sorgt die teilweise ungewöhnliche Wortwahl für Erheiterung – im positivsten Sinne. Beispiele gefällig? „Es leidet keinen Zweifel, dass Weiß gewaltigen Vorteil hat.“ oder „Schwierig ist es jedoch, die verwirrende Fülle der Fehler in eine erkenntnisfördernde Ordnung zu überführen.“ und „Oft beruhen aber auch irrtümliche Einschätzungen auf dem Übersehen einer besonderen Wendung in der Stellung, die es abzuschätzen gilt.“ Ob das mehr an sprachlicher Präzision für den Leser ein Gewinn ist oder nur anstrengend, hängt von der sprachlichen Vorliebe des Lesers ab.

Das Layout

66ss400Uneingeschränkt positiv angetan bin ich vom Layout. Die Diagramme sind größer und wirken übersichtlicher als in anderen Büchern. Die Varianten sind mit eigenen Absätzen abgegrenzt, was ebenfalls erheblich angenehmer aussieht als in anderen Schachbüchern. Hier wirkt sich Hübners akademischer, um nicht wissenschaftlich-akribischer zu sagen, Hintergrund sehr positiv auf die Lesbarkeit aus. Die Gliederung der Aufgaben in 5 statt 3 Phasen des Spiels – das Mittelspiel wird in drei Teile geteilt – halte ich für unnötig, aber auch für unschädlich. Konsequent der Aufbau der Aufgaben: Zuerst das Diagramm mit der Stellung, dann eine kurze Erläuterung, worum es gerade geht, verbunden mit einer Frage. Die jeweilige Antwort beginnt immer erst auf der Folgeseite, so dass man die Antworten leicht abdecken kann.

Der Inhalt

Hübner liefert kurze und lange Analysen, der Schwierigkeit der jeweiligen Aufgabe durchaus angemessen; Untergliederungen bis zu 5 Subvarianten sind nicht selten. Leichte und schwere Aufgaben wechseln sich munter ab, taktische und positionelle Lösungen sind zur Förderung des objektiven Herangehens auch unsortiert. Sehr schön. Nicht so schön sind die häufiger auftauchenden langen (5 bis 9 Züge) unkommentierten Varianten. Es ist durchaus möglich, dass die Varianten für manche Spieler keiner näheren Erläuterung bedürfen. Für mich (DWZ 1950) waren manche Varianten aber zu hoch. Mehr Text wäre großartig gewesen. Zumal jede Erläuterung der Varianten absolut erstklassig ist. Punkt. Nein, Ausrufezeichen! Hübner bringt die entscheidende Komponente der jeweiligen Stellung mit wenigen Worten glasklar ins Leserhirn. Hier verzichtet er auf die an anderen Stellen verwendete komplexe Sprache. Dadurch wird dieses Buch für jeden etwas besseren Schachspieler ein Gewinn. Und Hübner hat auch Recht, wenn er (sinngemäß) schreibt, dass sein Buch sowohl für oberflächliche Lektüre als auch für intensives Studium geeignet und interessant ist. Das habe ich ihm im Vorwort noch nicht geglaubt. Man kann folglich guten Gewissens den ersten Durchgang locker angehen und danach mit Schachbrett die Varianten und / oder Erläuterungen noch einmal oder mehrfach intensiv durchgehen.

Fazit:

Ein gelungenes Trainingsbuch für den mindestens etwas fortgeschrittenen Schachspieler (frühestens ab DWZ 1500, besser wäre etwas stärker), mit dem man zahlreiche Trainingsstunden nutzbringend hinter sich bringen kann.

200 Seiten, Hardcover, erschienen im Schachreisen-Verlag, ISBN 978-3-9817134-1-1 Preis 24,90 €

Bezugsquelle und Leseprobe:

Direkt beim Verlag (kostenlose Lieferung innerhalb Deutschlands), http://www.schachreisen.eu/schachtraining/schachreisen-verlag oder im Buchhandel.

Leseprobe

Robert Hübner: 66 saftige Schnitzer
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Mittwoch, 10 Dezember 2014 00:00

Robert Hübner: 66 saftige Schnitzer

66ss400Aus Fehlern lernen!

25 Jahre nach  "Fünfundfünzig feiste Fehler" folgt nun die Fortsetzung:

Deutschlands bester Schachspieler seit Weltmeister Emanuel Lasker zeigt 66 kritische Stellungen aus seiner langjährigen Turnierpraxis – sortiert nach fünf Partiephasen, von Eröffnung bis Endspiel, aufgeteilt in drei Schwierigkeitsgrade.

Die Technik des eigenständigen Arbeitens bildet auch im Computerzeitalter eine wesentliche Grundlage zur Steigerung des Schachverständnisses. Ausführliche und klare Erläuterungen der Analysen vermitteln dabei einen tiefen Einblick in das schachliche Denken eines Weltklassespielers.

Der Band eignet sich sowohl zur Lektüre als auch als Aufgabensammlung und wendet sich an ein breites Schachpublikum, vom Fortgeschrittenen bis zum Meister.

Dr. Robert Hübner gehörte zwei Jahrzehnte lang durchgehend zur Weltspitze, drang bis zum 3. Platz der Weltrangliste vor und nahm viermal an Kandidatenturnieren zur Weltmeisterschaft teil. Aufgrund zahlreichenr Publikationen wird er als einer der weltweit führenden Analytiker anerkannt.

Preis: 24,90 €, 200 Seiten, Hardcover,
Schachreisen-Verlag, ISBN 978-3-9817134-1-1

 LESEPROBE

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Fortschritte im Schach basieren oftmals auf einer Veränderung des Denkens. Äußere Impulse sind dabei wesentlich - die Analyse eigener und fremder Partie muss im Vordergrund stehen.

Vor geraumer Zeit begeisterte mich "55 feiste Fehler" - ein tolles Arbeitsbuch, in dem Robert Hübner mit analytischer Klarheit diverse dunkle Momente seines künstlerischen Schaffens näher beleuchtet. Viele der Aufgaben sind für den fortgeschrittenen Vereinsspieler bestens geeignet. Einige hingegen stellen eine große Herausforderung dar. Doch das Lösen der Aufgaben steht nicht unbedingt im Vordergrund - auch das reine Studium seiner Herangehensweise ist der Spielstärke sehr zuträglich.

2013 beschlossen Hübner und ich ein Folgebuch zu diesem Thema zu publizieren. "Sechzundsechzig saftige Schnitzer" befindet sich nach langer Produktionszeit im Druck und kann vorbestellt werden. Nach "Die Macht der Bauern" ist es der zweite Titel des Schachreisen-Verlags.

v.l.n.r. Hübner, Hort, Vaganian, Gulko
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Nur noch selten zieht es Deutschlands bedeutendsten Spieler der 70er und 80er Jahre in die Turnierarena.

Beim Chess Coal Match in Marienbad scheint Robert Hübner jedoch noch gerne mit von der Partie zu sein. Wie im Vorjahr trafen hier die „Oldhands“ (die Schachlegenden Boris Gulko, Vlastimil Hort. Robert Hübner und Rafael Vaganjan) auf die sogenannten „Snowdrops“, eine Auswahl junger aufstrebender Damengroßmeisterinnen (Natalia Pogonina, Tania Sachdev, Maria Muzychuk, Eva Kuluvana). Anhand der netten Bilder auf der Ausrichterwebsite gewinnt man den Eindruck, dass bei dieser Veranstaltung der Leistungsgedanke nicht im Vordergrund stand und eine lockere Atmosphäre herrschte.

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Tania Sachdev und Robert Hübner Vlastimil Hort
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Auch die Kinder waren begeistert  Kommentator Sosonko bei der Analyse
Alle Fotos von Martin Chrz

Das Veteranenteam siegte im Rahmen der Eloerwartung deutlich mirt 21:11.. Einen ausführlichen Überblick gewährt Pražská šachová spole?nost oder auch der Artikel auf ChessVibes.com (jeweils in Englisch).

Bei diesem Turnier kam Hübner ungeschoren davon und wurde sogar bester Einzelspieler. Dies war nicht immer so. Auslöser des Artikels war sein Werk "Fünfundfünzig feiste Fehler", das mir seit einigen Wochen wieder als Bettlektüre dient. Nachfolgend ein Kapitel daraus.

Ein feister Fehler

"Nr. 24

Huvan300

Aus der Partie Huebner - Van der Wiel; Wijk aan Zee 1984

Zur Einführung in die Lage:

Schwarz hatte zuletzt 21. … Td8-d6 gezogen. Welche Drohung stellt er damit auf?
Wie sollte Weiß dieser Drohung begegnen?

Antwort:

Schwarz droht 22. … b6-b5 mit Damengewinn, Weiß zieht am besten 22. Db5; er behält einigen Druck. Er kann versuchen, die Türme auf der a-Linie zu verdoppeln um dann nach a5xb6, a7xb6 mit den Türmen über a7 oder a8 einzudringen, da der schwarze Läufer das Feld a1 kontrolliert, ist dieser Plan nicht leicht zu verwirklichen. Eine andere Idee für Weiß besteht darin, a5-a6 zu spielen um den Läufer auf b7 aufzustellen und gelegentlich Einschlag auf b6 zu drohen; wenn Schwarz vorsichtig spielt, dürfte er dies jedoch stets verhindern können. Der Vorteil des Weißen ist zum Gewinn wohl nicht ausreichend.

Hebt Weiß, statt 22. Db5 zu spielen, mit 22.axb6 die Spannung in der Bauernstellung am Damenflügel auf, so kommt der Gegner nach 22. Tdxb6 zum Abtausch sämtlicher Türme; er hat dann gar nichts mehr zu befürchten.

In der Partie ignorierte Weiß die gegnerische Drohung, zog 22. Lf3?? Und mußte nach 22. … b5 alsbald aufgeben."


Weitere 54 feiste Fehler sind in Robert Hübners Buch „Fünfundfünzig feiste Fehler“, teilweise auch deutlich umfangreicher beschrieben. 112 Seiten, Hardcover/Leinen, Vögel-Verlag

Erhältlich ist das Buch z. B. in unserem Shop. Wir haben noch einige Restexemplare auf Lager.

 

Nachtrag zum Turnier in Marienbad:

Nachträglich fiel mir noch eine Partie aus dem Marienbader Turnier auf, die an das Thema unserer Retro-Aufgabe König über Bord erinnerte:

Wie kommt der Turm nach b4?

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Stellung nach 34.- axb5

Nun gut, dies ist hier wesentlich einfacher. Günstig für Schwarz war es aber keineswegs

Deutliche Worte zu DSB und BL - Ein Mäzen im Gespräch: Wilfried Hilgert
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Das Duell FC Bayern München gegen SG Porz bestimmte die ersten 15 Jahre der einteiligen Bundesliga maßgeblich. Einzig der SG Solingen gelang es vereinzelt noch in den Titelkampf einzugreifen.
Mit dem  Ausstieg Münchens 1995 (Franz Beckenbauer wollte die „Klötzchenschieber“ nicht länger unterstützen) und dem freiwilligen Rückzug der SG Porz aus Unzufriedenheit mit dem Bundesligamanagement 2005, ging eine Ära zu Ende.

Deep Chess interviewte nun den für deutliche Worte bekannten Schachmäzen der SG Porz, Wilfried Hilgert,  zu Fragen der Schachbundesliga und zum Deutschen Schachbund. Das Kandidatenfinale zwischen Hübner und Kortchnoi, 1980 in Meran, ließ man Revue passieren ebenso wie den persönlichen Werdegang des Porzers und seine Motivation Schach zu fördern.

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Robert Hübner: Konzentration pur
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Vor einigen Wochen stellte Marc Lang einen Europarekord im Blindsimultanschach auf. Nach knapp 24(!) Stunden waren  25,5 von 35 Punkten erreicht. Angeregt durch die Resonanz zu dieser Veranstaltung bewegte ich Robert Hübner zu einem Blindsimultan an 6 Brettern ablässlich der 1. Schachwoche Sonnenalp. Der Kölner Großmeister, Deutschlands bedeutendster Schachspieler des 20. Jahrhunderts, beeindruckte zuvor durch großartige Ergebnisse im Blindschach. So bezwang er 1997 eine Auswahl der Kölner Schachfreunde mit 5,5:0,5 und zwei Jahre später die erste Mannschaft des Zweitbundesligisten SF Kreuzberg, die einen Eloschnitt von 2300 aufwies, mit 5,5 zu 2,5.

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Der Eloschnitt derTeilnehmer war mit knapp 1600 deutlich niedriger. Doch trotzdem nahm Hübner seine Aufgabe keineswegs leicht. Ihm bei der Arbeit zuzuschauen, war ein besonderes Erlebnis. Er wirkte nicht schwächer als am Brett. Die gewaltige geistige Präsenz war zu jeder Zeit spürbar und manifestierte sich in einem 6:0 nach knapp dreieinhalb Stunden Spielzeit. Eine Leistung, die seiner Meinung nach trainierbar ist, ich mir aber in dieser Form nicht unbedingt zutraue....