
Wieder Hängepartien im Schach Nationalmannschaft vs. DSB
"Der Streit zwischen dem Deutschen Schachbund (DSB) und seinen Spitzenspielern ist am Montag abermals eskaliert. Das DSB-Präsidium hatte während einer Sitzung in Frankfurt den Rauswurf des stärksten deutschen Schachspielers, Arkadij Naiditsch, aus der Nationalmannschaft bereits beschlossen, verlautete aus Schachkreisen. Nach einer Runde mit den Spitzenspielern - außer Naiditsch waren Jan Gustafsson, Daniel Fridman und Georg Meier anwesend - sei dieser Beschluss aber wieder auf Eis gelegt worden. Anlass für den Ärger war ein aktuelles Interview, in dem Naiditsch sowohl Schachbundestrainer Uwe Bönsch als auch den für Finanzen zuständigen DSB-Vizepräsidenten Michael Langer scharf kritisiert hatte."
Chessbase geht noch etwas detaillierter Auf den Zeitungsartikel ein.
Soeben ging die offizielle Pressemeldung auf der Website des DSB online. Und nicht überraschend kam mir der Gedanke an das Hornberger Schießen: Der Schachbund legt etwas bei der Turnierunterstützung drauf, eine Honorarerhöhung soll von externen Sponsoren getragen werden. Anscheinend stehen diese nun Schlange. Gleich mit drei unterschiedlichen Kandidaten will man verhandeln. Andere Forderungen der Spieler, wie z. B. die Entlassung des Bundestrainers, fanden wohl weniger Anklang. Vieles deutet nun auf eine autarke Nationalmannschaft leicht außerhalb des Schachbundes mit separatem Geldgeber hin. Womöglich hat die schlechte Presse des letzten Jahres doch einiges Positives bewirkt.
Mit Präsidium und Bundestrainer gegen Spieler wurde in großer Runde verhandelt. Und anscheinend ist es nur der ausgezeichneten Leistung des Mediators Sven Noppes zu verdanken, dass man nicht im Streit auseinanderging. Wie bei harten Tarifverhandlungen (auch hier folgte dem Streik die Aussperrung) üblich, wurde nun aber erstmal vertagt. Anfang Juli, also erst in vier Monaten, soll es weitergehen. Für Spannung ist gesorgt.

Die Baustellen des Kandidaten - Im Interview: Hans-Jürgen Weyer
Schach-Welt: Wann und unter welchen Umständen haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, dass Sie eines Tages an der Spitze des DSB stehen wollen?
Schach-Welt: Beschreiben Sie bitte, was Sie an für diese Position relevanter Führungserfahrung und –qualitäten mitbringen!
Schach-Welt: Kennengelernt habe ich Sie 2001 als einen anpackenden Landesverbandspräsidenten, der für Aufbruch stand. Inzwischen haben Sie ein anderes Image. Haben Sie sich geändert oder ist es die Perspektive der Urteilenden?
Schach-Welt: In der zu Ende gehenden Amtsperiode von Robert von Weizsäcker 2009-2011 waren Sie der zweite Mann im DSB und für vieles verantwortlich. Wie beurteilen Sie das Erreichte?
Schach-Welt: Herr von Weizsäcker zeigte sich bei der Hauptausschusssitzung des DSB in Gladenbach im November demonstrativ erstaunt, als Sie bei der Erklärung Ihrer Kandidatur seine Unterstützung reklamierten. Wann hat der scheidende Präsident Ihnen seine Unterstützung denn zugesagt?
Schach-Welt: Sie sprachen außerdem von der Unterstützung der beiden anderen Vizepräsidenten Hochgräfe und Langer, der nun aber selbst als Kandidat gehandelt wird. Wie sicher sind Sie sich der beiden?
Schach-Welt: Sie haben dem Deep Chess-Team, das einmal für seine frechen, unkonventionellen Beiträge bekannt war, kürzlich ein auf Video aufgezeichnetes Interview gegeben. Entsprach die Qualität der Fragen Ihren Erwartungen?
Schach-Welt: Der interessanteste Moment in diesem Interview war für mich, als Sie den Mann, der 2009 gegen Robert von Weizsäcker kandidierte und dieses Jahr als Ihr aussichtsreichster (wenn auch bisher nicht erklärter) Gegenkandidat gilt, nicht beim Namen nannten. Was haben Sie gegen Herbert Bastian?
Schach-Welt: Können Sie die inhaltlichen Punkte benennen, in denen Sie und Herr Bastian sich voneinander unterscheiden?
Schach-Welt: Welche Schwerpunkte planen Sie im Falle Ihrer Wahl bis 2013 zu setzen?
Schach-Welt: In welchen Bereichen möchten Sie trotz der schwierigen Finanzlage investieren?
Schach-Welt: Was planen Sie, um die Finanzsituation des DSB zu verbessern?
Schach-Welt: An welchen Zielen möchten Sie gemessen werden?
Schach-Welt: Wie beurteilen Sie den seit Jahren anhaltenden Mitgliederrückgang und wie möchten Sie darauf reagieren?
Schach-Welt: Die Austragung von Schach-WM und Schacholympiade im eigenen Land 2008 haben den Mitgliederschwund allenfalls verzögert, der erhoffte Boom ist völlig ausgeblieben. Welche Lehren ziehen Sie daraus?
Schach-Welt: Sie haben in einem Interview die Meinung vertreten, dass ein deutscher Magnus Carlsen hier einen Schachboom auslösen könnte. Wie, glauben oder wissen Sie, hat sich die Mitgliederzahl des Norwegischen Schachverbands entwickelt, seit Carlsen 2004 als jüngster Großmeister der Welt Schlagzeilen zu machen begann?
Weyer: Konkrete Zahlen kann ich nicht nennen. Es ist aber unübersehbar, dass im Sog von Carlsen auch andere Norweger den Weg zur Spitze beschreiten. Ich denke beispielsweise an Hammer. Es ist aber nicht zu übersehen, dass Carlsen – nicht zuletzt durch sein Auftreten in der Modebranche – wohl der Schachgroßmeister ist, der am stärksten in den Medien vertreten ist.
Schach-Welt: Norwegen hatte 2500 organisierte Spieler, bevor Carlsen Großmeister wurde. Heute sind es in etwa genau so viele, laut letzten Zahlen ein Prozent weniger. Zurück nach Deutschland: Zwei Großmeister behaupten, von Ihnen Freiplätze für die Deutsche Meisterschaft in Bonn versprochen bekommen zu haben - ein Versprechen, das Sie mittlerweile zurückgenommen haben. Zugespitzt gefragt: hat Hans-Jürgen Weyer Handschlagqualität?
Schach-Welt: Wen wünschen Sie sich im künftigen Präsidium, insbesondere als im Falle Ihrer Wahl für Sie nachrückenden Vizepräsidenten?
Schach-Welt: Stünden Sie im Falle einer Wahlniederlage selbst weiter als Vizepräsident zur Verfügung?
Schach-Welt: Zu klären sind auch in der kommenden Amtszeit Personalien: Wie wollen Sie die Nachfolge des spätestens 2013 in Ruhestand gehenden Horst Metzing regeln?
Schach-Welt: Sie haben Ihre Bereitschaft signalisiert, die Aufgaben des Bundestrainers und die Betreuung der Nationalmannschaft neu zu definieren. Wie sind Ihre Vorstellungen da?
Schach-Welt: Was erwarten Sie vom bevorstehende Treffen mit den Spitzenspielern und welche Rolle spielen Sie dabei?
Schach-Welt: Am Montag voriger Woche hat das von vielen als sichtbarstes und bestorganisiertes betrachtete deutsche Schachevent sein Aus erklärt. Eine Stellungnahme dazu seitens des Schachbundes ist mir nicht aufgefallen. Ist dem DSB Mainz wurst?

Präsidentschaftskandidat Hans-Jürgen Weyer im Interview
Vor einigen Wochen wurde deutlich, dass Professor von Weizsäcker für eine weitere Amtsperiode als Präsident des Deutschen Schachbundes nicht mehr zur Verfügung steht. Als Nachfolger wird der derzeit einige Kandidat, Dr. Hans-Jürgen Weyer, gehandelt. Am 02.02. stand er Deep Chess für ein Interview zur Verfügung.
Von großem Interesse war dabei seine Stellungnahme zum Thema Nationalmannschaft, das in der zweiten Jahreshälfte 2010 zu erheblichen Spannungen zwischen Spitzenspielern und DSB geführt hatte. Weyer stellt für den nächsten Termin Ense Februar in Aussicht, unseren Spielern erheblich entgegenzukommen, explizit auch bei den Honoraren.
Ein schöner Zug, doch musste wirklich erst soviel Porzellan zerschlagen werden, bevor es zu einer Einigung kommen kann? Allerdings begeistert mich die Aussicht auf eine dem deutschen Schach würdige Vertretung auf internationaler Ebene und die damit verbundene Perspektive.
Herr Dr. Weyer, wir nehmen das Interview als Maßstab für die kommende Amtsperiode. Unsere Stimme haben Sie!

Im März reden sie weiter
Von Weizsäcker hat wie erwartet seinen Rückzug angekündigt und Weyer seinen Anspruch auf den DSB-Vorsitz. Ob aus dem Arbeitskreis der Landesverbände ein Gegenkandidat kommt, wollen diese erst im März bei einem Treffen in Frankfurt am Main. Gut möglich ist es, denn vom aktuellen Präsidium minus von Weizsäcker erwarten die „Landesfürsten“ wenig. Bevor sie über einen Gegenkandidaten reden, wollen sie erst einmal unter sich klären, was im DSB alles zu tun ist.
Der größte Fortschritt kam bei der Hauptausschusssitzung in Gladenbach weder vom Präsidium noch aus dem Arbeitskreis der Landesverbände, sondern vom Treffen der Gemeinsamen Kommission Schachbundesliga: Am 14. bis 16.Oktober 2011 startet sie ihre nächste Saison in Mülheim mit einer zentralen Dreierrunde. Eine alte Idee Wunsch wird endlich verwirklicht.

Au Weyer, DSB?
In Gladenbach bei der Hauptausschusssitzung des Deutsche Schachbunds wird Robert von Weizsäcker an diesem Wochenende sein Ausscheiden als Präsident ankündigen. Sein Vizepräsident Hans-Jürgen Weyer gilt im Moment als wahrscheinlichster Nachfolger. Gewählt wird erst beim DSB-Kongress im Mai in Bonn, doch in Gladenbach werden die Weichen gestellt, wenn nicht bereits alles ausgekungelt.
Zwei weiteren Mitgliedern des Präsidiums, Michael Langer und Hans-Jürgen Hochgräfe, werden Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt. Mitzureden haben aber vor allem die „Landesfürsten“. Im Arbeitskreis der Landesverbände wird die Arbeit des Präsidiums kritisch gesehen. Eine Gegenkandidatur aus diesem Kreis, am wahrscheinlichsten wie 2009 durch Herbert Bastian, kündigt sich an.
Von Weizsäckers vier Jahre an der Spitze haben viele enttäuscht. Sein Scheitern in der internationalen Schachpolitik, wo er Karpows Kandidatur für den FIDE-Vorsitz unterstützte und selbst als Europäischer Präsident kandidierte, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, zumal der DSB die ECU-Geschäftsstelle und damit verbundene Mietsubvention für seine Geschäftsstelle verlor. Zwar hat der Münchner im Außenauftritt und in den Außenbeziehungen des Schachbundes durchaus das eine oder andere bewegt. Der Wirtschaftsprofessor hatte allerdings wenig Glück mit seinen fürs Tagesgeschäft verantwortlichen Vizepräsidenten, dem wenig engagierten Matthias Kribben (2007/09) und dem seine Linie hintertreibenden Weyer (2009/11).
Der Herzogenrather ist als Geschäftsführer des Geologenverbands ein Verbandsprofi. Einst galt er als Anpacker, der auch Probleme offen anspricht. Als 2001 Alfred Schlya von der Spitze in NRW an die im DSB rückte, sorgte Weyer für Aufbruchstimmung in seinem Landesverband. Inzwischen wären dort manche froh, Weyer auf dem gleichen Weg loszuwerden. Es ist unklar, wo er Akzente setzen würde und wo aufgrund der schlechten Finanzsituation sparen, ob er den Mut hätte, die unsäglichen Zustände beim Ramada-Cup zu beenden, dessen Überschüsse dem DSB nicht nur nicht zugute kommen, sondern der sogar noch subventioniert wird, vom zeitlichen Engagement der Funktionäre, das an anderer Stelle fehlt, ganz zu schweigen.
Die nächste Amtszeit wird alles andere als leicht. Ideal wäre ein Moderator des Übergangs, der sich der Lösung der internen Probleme verschreibt, ohne im Funktionärsland Brownie-Punkte zu sammeln oder besonders auf Außenwirkung zu achten. 2013 könnte der DSB dann einen gestandenen Verantwortungsträger (und dabei starken Schachspieler) an seine Spitze holen, den Mainzer OB Jens Beutel.
Weiterlesen...