April 2018
Berliner Schachbär
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Einmal mehr können wir die Berliner Schachszene nicht genug preisen - und hier vor allem die Schachfreunde Berlin! Denn in der Tat, was ist da alles los in der Hauptstadt? Passion und Schachverrücktheit!

Wir entsinnen uns natürlich noch an den Berliner Sommer, das großartige Open in der Wendezeit, gutes Wetter, starke Besetzung, leider war ich niemals dort. Dann natürlich Berlin und seine Schachvereine: zahlreich, zahlreich sind sie vertreten in der Ersten und Zweiten Bundesliga, die Zehlendorfer, Kreuzberger, Berolina Mitte, Tegeler, Neuköllner, und eigentlich müsste gefühlt auch noch Glückauf Rüdersdorf dazukommen - überall Berlin, man kommt aus dem Berlinern gar nicht mehr raus, selbst wenn man in einem weit außerhalb der Stadtmauern gelegenen Verein startberechtigt ist.

 Berlin in Liga zwei 2

   Keine Zeit für Bali - wir reisen nach Berlin! (Screenshot: Deutscher Schachbund Ergebnisdienst)

An der Spree glänzt man mit den regelmäßigen Schnell-und Blitzturnieren, hier sind es neben dem SC Kreuzberg (drei verschiedene Turnierserien jeden Monat!) ebenfalls die Schachfreunde Berlin, bei denen man in sehr beachtlichen Teilnehmerfeldern hübsche Preise gewinnen kann -  mitunter Eintrittskarten oder auch ein guter Tropfen Wein.

Auch hat die Hauptstadt der Republik im März mal so eben für zwei Wochen das Kandidatenturnier beherbergt und mit Fabiano Caruana einen standesgemäßen Herausforderer für den Nicht-Berliner Weltmeister Magnus Carlsen ermittelt. Und kam nicht auch Emanuel Lasker aus Berlin(chen)? Darüber hinaus leistet sich die Stadt neben einer progressiven Flughafenperformance schon seit Jahren eine eigene Schacheröffnung, die auch bei den Kandidaten wieder für Aufsehen gesorgt hat ("Die Berliner Mauer greift an", Ulrich Stock).

Berlin Kandidaten

                                                     Wer fährt zu Magnus Carlsen?


Tja, unsere Hauptstadt, da ist was in Gange, alleine schon rein schachlich! Und Ende April folgt mit der zentralen Bundesliga-Endrunde das nächste Feuerwerk: drei tolle Tage voller ELO, DWZ und sechzehn Bundesliga-Mannschaften an einem Ort. Baden-Baden kann noch Meister werden, ebenso Solingen, und ja, auch im Abstiegskampf gibt es ein veritables Play-Off zwischen der SG Speyer-Schwegenheim, dem Hamburger SK, München 1 und München 2 sowie den wackeren Norderstedtern. "All play all" heißt es da, beinahe jedenfalls, in den letzten drei Runden. Ein Geniestreich der Turnierleitung - spannender kann man die Auslosung nicht gestalten.

Neben intensivem schachlichem Ringen wird auch der DSB mit allerlei sehenswerten Veranstaltungen vor Ort sein - so findet auch in diesem Jahr die Bundesvereinskonferenz parallel zur Endrunde statt, bei der in zwangloser Form Ideen rund um den Schachsport im Lande besprochen werden. Die Lasker-Gesellschaft stellt aus und konferiert, die Berliner Feierabendliga schreitet an die Bretter, Berliner Politiker spielen Schach, der Berliner Mannschaftspokal wird fortgeführt - undundund!

Wie im Vorjahr liegt die Endrunde organisatorisch auch diesmal in den bewährten Händen der (erwähnten wir sie schon?) Schachfreunde Berlin. Ein Mammut-Event vom 28.April bis zum 01.Mai, alles muss bedacht werden, Spielsaal, Unterkunft, Rahmenbedingungen, Essen,  Trinken, Kaffee, und dann soll ja auch noch Schach gespielt werden!

Beim letzten Mal hat das schon überaus beeindruckend gut geklappt, und somit steht einer Neuauflage in 2018 nichts im Wege. Federführend in der Organisation sind einmal Rainer Polzin, Großmeister, Rechtsanwalt und Berliner, sowie an erster Stelle ebenso FM Christoph Nogly, der seine fünf Sinne seit Monaten mit den Zimmerreservierungen für 16 Mannschaften und mitreisende Partner, mit kurzfristigen Absagen, weiteren Nachbuchungen und besonderen Zimmerwünschen erschöpfend auslastet. Kompliment an Christoph, Rainer, und an all die (SF) Berliner HelferInnen und Helfer, die bei  diesem mammutartigen Mammutprojekt ihre Zeit, Energie und Ideen geben!
Auch der Schachbund, der Berliner Schachverband und natürlich der Schach-Bundesliga e.V. haben über Monate viel Energie eingebracht, damit alles klappt - geben wir ihnen etwas davon zurück und würdigen die wundervolle Veranstaltung mit einem Besuch vor Ort!

Berliner Endrunde 2017 1
                     Zufrieden mit der Endrunde 2017: Rainer Polzin und Jörg Schulz

Nun aber zum Blitzen! Denn so höret, Ihr Leserinnen und Leser des Schachwelt-Blogs, nicht nur eine Endrunde soll dargeboten und organisiert werden, in Berlin legt man noch eine Schippe obendrauf und lädt die Schachgemeinde zum eigenen Spielen an die Bretter.

Schon am 28.April eröffnet die Endrunde in großem Stil mit einem Blitzturnier, das seinesgleichen sucht und kaum jemals finden wird. Anders bei den Monatsturnieren der SF Berlin (Wein) oder beim Werder Monatsblitz (1.Preis: 11,-€) wird hier das Preisgeld etwas großzügiger bemessen. Reichlich, sozusagen: 2.000,-€ für den ersten Platz! (!!), und weitere monumentale Preise auf den weiteren Rängen (1.200,-€, 1.000,-€, 700,-€ ...).

Da könnte man glatt schon einmal überlegen mitzuspielen - doch ach, wie es nunmal so ist, auch andere haben von diesem Turnier erfahren, und ihre Groß- oder Internationale Meisterhüte in den Ring geworfen. Da sind die hohen Preise alle schon gebucht, mehr oder w weniger? Einge 2600er ELO-Riesen wird es zu sehen geben am Brett, Kacper Piorun, Evgeny Tomashevsky, Falko Bindrich, Daniel Fridman, Romain Edouard, und wer weiß, noch ist nicht Toresschluss, es werden sich sicher noch weitere große Kaliber einschreiben. Und so soll das ja auch sein.

Bundesliga Endrunde 2017 2

                                  Blitzen bei der Zentralen Endrunde - die Könner freuen sich darauf!

Wir rufen: "Chapeau!" für dieses Meisterstück, mit einem toll arrangierten Blitzturnier, und vier vollgefüllten Tage mit Schach, Schach und weiterem Schach. Doll!

Und was überhaupt meint dazu Carsten Schmidt, Präsident des Berliner Schachverbandes? Wir trafen ihn neulich ganz überraschend im Weserstadion an einem sehr sehr kalten Februarabend. Werder Bremen spielte auf gegen den HSV, Nordverein der Herzen, und Carsten, HSV-Fan der ersten Stunde, war bei einem Pausenstand von 0 : 0 noch vorsichtig optimistisch für seine Jungs (hummel hummel!).

Im Interview (leider ist das Bild ein ganz klein wenig dunkel geraten, und der Bremer Stadionsprecher redet die ganze Zeit dazwischen) gab er gerne Auskunft über Schach, Blitz und die Endrunde in Berlin. Außerdem erfährt man etwas über seinen Lieblingsfußballverein:

 

Auch wenn Werder den Ball am Ende noch siegbringend ins Hamburger Tor kegelte - die Saison ist ja noch lange nicht vorbei. Es bleiben (Stand Mitte April) immer noch vier lockere Spieltage, um die gefühlt 20 Punkte bis zu Platz 16 aufzuholen. Darum: Nur der HSV. Und Blitzen in Berlin!

Webseite Zentrale Endrunde in Berlin

Kühlhausrevolte
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01. April 2018

Kühlhausrevolte

Das Kandidatenturnier in Berlin ist zwar schon wieder Geschichte, aber es wurde uns ultraspannendes Schach geboten und ganz nebenbei wurde wieder einmal so richtig das Schach revolutioniert – kein Wunder, wenn Berlin und das Kühlhaus im Spiel sind, denn dort war klar und deutlich zu lesen: „Entering this building might substantially increase your IQ. Chess does that to humans.“

Schon im Jahr 2000 prallte der damalige langjährige Weltmeister Garry Kasparov an der eisigen Berliner Ziegelwand ab, die ihm ein junger Vladimir Kramnik mit geschickter Hand aufbaute und ihm damit den Weltmeistertitel abnahm. Viele Jahre später sorgte eben dieser Vladimir Kramnik wieder für eine Sensation in Berlin, wie uns der umtriebige Reporter Würgen Brüskieren von der australischen Schachzeitung „Schachlasziv“ exklusiv berichtete.

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Werfen Sie doch bitte einen Blick auf die beiden Stellungen. Stellung 1 ist klar für Weiß gewonnen und Stellung 2 ebenso klar – wenn nicht noch klarer – für Schwarz gewonnen. Gingen wir bisher davon aus, dass schachtheoretisch eine Stellung nur gewonnen, verloren oder remis sein kann, müssen wir nun durch häufiges Betreten des Kühlhauses erkennen, dass wir uns da gewaltig geirrt haben, aber hören wir nochmals genau bei den Pressekonferenzen zu.

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Würgen Brüskieren (Schachlasziv): Mister äh Wödmaster Vladimir Kramnik haben Sie den Begriff „Wildcard“ zu wörtlich genommen? Bisher galten Sie ja als praktisch unbesiegbarer Remiskönig – stärker als Leko und Giri zusammen?

VK: Ich war Weiß und stand zu diesem Zeitpunkt schon klar auf Gewinn, konnte aber noch keine konkrete Variante zu Ende rechnen. Aber es ist klar, dass diese Stellung gewonnen sein muss! Dass ich dann in Zeitnot nicht die richtige Fortsetzung gefunden habe, ändert nichts an der Tatsache, dass ich objektiv hier schon auf Gewinn stand.

Am nächsten Tag:

2018Kuehl01

Würgen Brüskieren (Schachlasziv): Mister äh Wödmaster Vladimir Kramnik nach ihrem gestrigen unverdienten Verlust in Gewinnstellung wollten Sie heute mit Schwarz wirklich unbedingt gewinnen?

VK: Gestern ist gestern und heute ist heute – ich geben jeden Tag mein bestes Schach! Nun hier war mir klar, dass ich schon klar besser, wenn nicht schon auf Gewinn stehe. Mir war aber noch nicht klar, welchen Fehler der Weiße mit seinem ersten Zug machen würde und daher steckte ich noch wenig Energie in die Berechnung konkreter Varianten, aber objektiv gesehen stehe ich hier schon auf Gewinn und muss das nur mehr irgendwie managen.

Wir müssen also die Schachtheorie umschreiben, denn die bisherige Meinung, dass eine Stellung eine theoretische Eindeutigkeit hat, wird durch die Anwesenheit von Vladimir Kramnik am Brett aufgehoben. Leider konnte die Krennwurzn die theoretischen Auswirkungen noch nicht mit dem Urelo aus Kreta vergleichen, weil aufgrund des schlechten Wetters kein Flug vom BER (Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“) nach Elo - der dortige Flughafen ist für verwaiste Schachspieler ohne Titel schon geöffnet - möglich war – aber nächstes Jahr oder später zum gleichen Datum sollte es Flüge geben.