Martin Rieger

Martin Rieger

Sonntag, 14 Dezember 2014 00:00

Gut.Besser. ChessBase 13!

Gut.Besser.Chessbase13!

Neulich blätterte ich mal wieder in alten Schachzeitschriften und dort entdeckte ich zu meiner großen Freude eine Anzeige für ein damals neuartiges Computerprogramm namens ChessBase. Damals war noch die Rede von sagenhaften 3000 kommentierten Partien und 20 MB Festplatten (!)…

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Gut 25 Jahre später erscheint nun die Version ChessBase 13. Die 3,5 Zoll Disketten haben ausgedient, 20 MB Festplatten werden von der jüngeren Generation als verspäteter Aprilscherz gewertet und 85000 kommentierte Partien speichert man nun (vielleicht) in einem virtuellen Speicher namens Cloud. Dazu aber später mehr.

Für alle, die es noch nicht wissen: ChessBase ist ein Datenbankprogramm zur Speicherung und Bearbeitung von Schachpartien. Grob gesagt. Natürlich kann man noch so viel mehr damit machen, zum Beispiel sich auf einen möglichen nächsten Gegner vorbereiten, eigene Schwächen und Stärken analysieren, Trainingsmaterial erstellen, selbst trainieren, interaktive Schachvideos ansehen usw. Nur Kaffee kochen kann es (noch!) nicht.

Doch nun kommen wir gleich zu der wichtigsten Frage für langjährige ChessBase-Anwender: Lohnt sich ein Update auf Version 13 und was ist wirklich neu?

Wie bereits angesprochen, gibt es nun die Möglichkeit, eigene Datenbanken in eine sogenannte Cloud abzulegen. Diese Cloud ist ein virtueller Online-Speicher ähnlich wie Dropbox oder GoogleDrive. Der Sinn und Vorteil besteht darin, man kann von überall auf der Welt auf diese Daten mit einer App oder einem Webbrowser darauf zugreifen, auch ohne Datenbankprogramm. Man kann diese Daten auch mit anderen teilen oder im Web veröffentlichen (inklusive pgn-download). Sie können damit Ihre Partien und Analysen anderen unkompliziert zeigen und eventuelles Trainingsmaterial zur Verfügung stellen (Vereins-, oder Jugendtraining!).

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Ich finde diese Neuerung im Prinzip sehr gut aber natürlich gibt es auch eine Schattenseite: Wie sicher sind die Daten dort? Ehrliche Antwort: Ich weiß es nicht. Im Zeitalter von NSA sollte man nicht zu blauäugig sein und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass zum Beispiel ein Anand seine noch geheimen Eröffnungsneuerungen dort ablegen würde. Aber genauso wenig würden Sie oder ich private Unterlagen wie Zeugnisse oder Geburtsurkunden bei Dropbox speichern. Wie bei allem ist gesunder Menschenverstand oft der beste Ratgeber! Trotz der angesprochenen Datensicherheit ist diese Funktion praktisch und hilfreich, aber nur bei vernünftigem Gebrauch!

Kommen wir zu einer weiteren Neuheit:

Mit dem neuen ChessBase 13 können sie Analyseaufträge erstellen:

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Damit können sie mehrere Stellungen oder Partiefragmente automatisch von verschiedenen Engines analysieren lassen. Sie füllen einfach die Liste der Analyseaufträge, stellen die Engines ein und lassen die Maschine rechnen.

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Diese Funktion ist in erster Linie für Fernschachspieler und Eröffnungstheoretiker von besonderem Interesse! Man braucht nicht mehr die ganze Partie analysieren zu lassen sondern kann die künstliche Intelligenz ganz gezielt auf bestimmte ausgewählte Stellungen ansetzen. Dazu hat man die Auswahl ob dafür eine Engine reicht oder man vielleicht lieber zwei oder sogar noch mehr unterschiedliche Engines (und Meinungen) dazu konsultieren möchte. Eröffnungstheoretiker aber auch Autoren von Eröffnungsbüchern können damit wichtige Schlüsselstellungen „auseinandernehmen“, sprich, der absoluten Wahrheit über die jeweilige Stellung ein großes Stück näher kommen. Der durchschnittliche Vereinsspieler kann damit wichtige Stellungen aus seinem Eröffnungsrepertoire überprüfen und interessante Momente aus seinen letzten Partien näher beleuchten lassen. Eine für mich vorbildliche Symbiose aus Mensch und Maschine! Man lässt nicht nur dumpf die Maschine die ganze Nacht rechnen sondern verteilt intelligent Aufträge und deren Gewichtung. Damit dürften aller Voraussicht nach bessere Ergebnisse in kürzerer Zeit erzielt werden als vor ChessBase 13. Ich würde mir genauso wie die Krennwurzn hier vielleicht noch eine Anbindung zu Lets Check wünschen. Eine sehr sinnvolle und durchdachte Neuerung.

Weitere Neuerungen sind unter anderem:

-Eine verbesserte Repertoirefunktion trennt konsequent zwischen Weiß- und Schwarzrepertoire

- Erleichterte Analyse und Kommentierung durch neue Schalterleiste unterhalb der Notation.

-Direkte Einbettung von Spielerfotos und Flaggen in den Kopf der Notation.

-Effizientere Eingabe von Varianten während der Analyse, neue Varianten werden ohne Abfrage übernommen.

-Schließen von Brettern bei Liveübertragungen mit einem Klick

-die Möglichkeit den Entwicklern aus dem Programm heraus Nachrichten (Lob & Kritik) zu senden

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Soweit zu den Neuerungen des Programms. Ein anderer (für mich sehr wichtiger) Punkt ist das Handling des Programms. Wie klappt es mit der Aktivierung? Stürzt es ab wenn zu viele Sachen offen sind? Gibt es öfters Fehlermeldungen? Läuft es rund?

Die Aktivierung des Programms lief ohne Probleme ab (kann mich noch an andere Zeiten diesbezüglich erinnern). Abgestürzt ist es bei meinem privaten 7-Tage Stresstest kein einziges Mal und Fehlermeldungen habe ich trotz größter Böswilligkeit meinerseits auch nicht produzieren können. Es lief und es läuft immer noch sehr rund! Anscheinend hat da jemand seine Hausaufgaben mehr als gewissenhaft gemacht.

Fazit:

Das neue ChessBase 13 ist aus meiner persönlichen Sicht ein sehr gut abgestimmtes, harmonisch wirkendes Programm das eigentlich keine Wünsche mehr offen lässt. Auch die eingangs gestellte Frage, ob sich ein Update lohne, kann ich nur mit einem klaren Ja beantworten. Dafür gibt es einfach zu viele gute, sinnvolle Neuerungen die einem das Leben leichter machen. Auch für Neueinsteiger gibt es derzeit auf dem Markt nichts Vergleichbares. ChessBase meldet sich mit der Version 13 eindrucksvoll zurück als Branchenprimus!

 

Systemanforderungen

Mindestens: Pentium III 1 GHz, 1 GB RAM, Windows Vista, XP (Service Pack 3), DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9 und Internetverbindung (Aktivieren des Programms, Playchess.com, Let’s Check, Engine Cloud und Updates).
Empfohlen: PC Intel Core i7, 2.8 GHz, 8 GB RAM, Windows 7 (64 Bit) oder Windows 8 (64 Bit), DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit512 MB RAM oder mehr, 100% DirectX10 kompatible Soundkarte, Windows Media Player 11, DVD-ROM Laufwerk und Internetverbindung (Aktivieren des Programms, Playchess.com, Let’s Check, Engine Cloud und Updates).

Samstag, 22 November 2014 00:00

Simon in Wonderland

Most amazing moves

Von  Simon Williams

 

Most amazing Moves, die erstaunlichsten/verblüffendsten Züge! Wer würde die nicht gerne spielen in seinen eigenen Partien? Einmal mit einer genialen Kombination im Mittelpunkt stehen und den Augenblick des Triumphs genießen. Leider hat man nur sehr selten die Möglichkeit zu solch einem Zug oder einer Kombination. Sei es, dass der Gegner gekonnt alle diesbezüglichen Begehrlichkeiten Ihrerseits abblockt oder Sie den entscheidenden Zug vielleicht manchmal einfach nicht sehen. Natürlich kann man mit fleißigem Taktiktraining schon sehr viel erreichen aber eben nicht alles. Manchmal fehlt halt doch noch eine gewisse Portion Phantasie, Kreativität und Einfallsreichtum. Dieses Element, das für mich erstaunlicherweise sehr selten in der Schachliteratur vorkommt, hat keinen Namen und auch keine Bezeichnung. Es lässt sich nicht einordnen in irgendwelche Schubladen geschweige denn katalogisieren in verschiedene Bereiche. Dieses ganz spezielle Element entsteht dort, wo sich zwischen den 100 Billionen Synapsen die Grinsekatze und der verrückte Hutmacher zu einem Tässchen Tee mit dem Märzhasen treffen.

In diesem Sinne müssen sie in Ihren Partien manchmal wie Alice im Wunderland sein: neugierig, offen und aufgeschlossen für Neues, experimentier- und risikofreudig. Wer nur nach Schema F spielt und das Schachspiel als Abfolge von bestimmten Regeln sieht wird niemals die wahre Schönheit des Spiels erfassen, wird sich niemals über einen scheinbar verrückten Zug genauso freuen können wie ein Kind auf seine erste Schultüte, hört nie die Symphonie einer brillanten Kombination und schmeckt nie den süßen Wein des kreativen Geistes. Wenn man heutzutage Schachübertragungen im Internet verfolgt, könnte man leicht auf die Idee kommen, das Schachspiel ist durch die ständig präsenten Schachengines entmystifiziert, berechenbar und letztendlich tote Materie.

Dass dem nicht so ist, beweist eindrucksvoll die berühmte Behting-Studie:

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Heutigen Schachengines dürfte es immer noch schwer fallen, hier in annehmbarer Zeit auf dem Lösungszug zu kommen. Lösung am Ende des Artikels!

 

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Auch hier in dieser bekannten Stellung finden die Engines nicht den richtigen Zug (zumindest nicht in einer annehmbaren Zeit). Ist es nicht wunderbar, dass hier das menschliche Gehirn auf einen Zug wie 1.Sc6!! kam? Das dazu große Phantasie und Kreativität gefragt sind ist klar, doch wie kann man dies trainieren?

Noch ein schönes Beispiel:

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Weiß am Zug. Der Computer sieht hier nichts, in Wirklichkeit ist Schwarz nach dem phantastischen 1.e6!! in jeder Variante verloren (1.e6 gxh6 2.gxh6 Kf8 3.Tdf1)

Der englische GM Simon Williams hat mit der vorliegenden DVD viele verblüffende Beispiele zusammengetragen. In diesen Beispielen erzählt er erst Allgemeines zu der jeweiligen Stellung um dann an der entscheidenden Stelle nach dem richtigen Zug zu fragen. Im Videofeedback erläutert Williams falsche und konkretisiert richtige Züge. Dazu befinden sich auf der DVD 2 verschiedene Datenbanken. In der Hauptdatenbank befinden sich 37 Partien und auf einer Extradatenbank nochmals 50 Beispiele. Ich finde, GM Williams hat seinen Job sehr gut gemacht. Er erklärt sehr viel und führt den Lernenden gut an die jeweilige Stellung heran.

Lernt man daraus etwas oder bleibt zumindest was hängen?

Die wichtigste Frage überhaupt! Anhand der Beispiele wird dem eigenen Kreativitätszentrum im Gehirn einiges abverlangt! Ich für meinen Teil habe sicherlich einiges dazugelernt. Selbstverständlich ist man nach dem Studium der einzelnen Stellungen noch kein Taktikgott aber man hat zumindest einen Teil des schachlichen Denkens neu belebt und reaktiviert. Wenn man so will ein Schachkreativitätsupdate 2.0!

Für wen ist die DVD geeignet?

In erster Linie für alle die noch nicht aufgehört haben, Schach zu lernen und zu verstehen. Ansonsten ist die DVD sicher kein Muss, es ist aber schön, sie im Regal griffbereit zu haben wenn man mal wieder etwas eingerostet ist.

 

Auflösung der Studie:

Der Schlüsselzug lautet 1.Kc6!

 

Technische Daten:

• Trainings-Videos: 5 Stunden 30 Minuten
• Interaktives Training mit Videofeedback 
• Datenbank mit 50 ausgewählten Partien
• Mit CB 12 – Reader

Sprachen:

Englisch

ISBN:

978-3-86681-447-9

Lieferung:

Download, Post

Kostenlose Lieferung innerhalb Deutschlands

 

Systemvoraussetzungen

Mindestens: Pentium III 1 GHz, 1 GB RAM, Windows Vista, XP (Service Pack 3), DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9, Chessbase12/Fritz 13 oder mitgelieferter Reader und Internetverbindung zur Programmaktivierung. Empfohlen: PC Intel Core i7, 2.8 GHz, 4 GB RAM, Windows 7 oder Windows 8, DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit 512 MB RAM oder mehr, 100% DirectX10 kompatible Soundkarte, Windows Media Player 11, DVD-ROM Laufwerk und Internetverbindung zur Programmaktivierung.

Sonntag, 16 November 2014 00:00

Eine russische Weihnachtsgeschichte

Eine russische Weihnachtsgeschichte

 

(Veröffentlicht von Jules Welling in der Schachwoche Nr.50 1986)

 
Es war zu früher Morgenstunde im Hotel “Bosrand“ in Oosterwijk (Holland), wo die Teilnehmer des Interpolis-Turniers wohnten, bevor sie vor einigen Jahren ins “De Parel“ zogen.
“Wirf einmal ein Blick auf dieses Stellung“, sagte jemand zu mir. Leider weiß ich nicht mehr, wer mir die Position vor die Nase hielt, die Stellung und die damit verbundene Geschichte werde ich jedoch nie vergessen. Sie ist von seltener Schönheit, und deshalb kümmert es mich nicht, ob sie sich ganz genau so abgespielt hat, wie sie nachfolgend beschrieben wird:

Es handelt sich um die folgende Position:


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Die Person, welche sie mir zeigte, es muss ein sowjetischer Großmeister gewesen sein, aber ich weiß wirklich nicht mehr wer, sagte mir, dass es sich um die Schlussstellung einer Partie aus dem Turnier von St. Petersburg 1909 oder 1914 handeln würde. So genau wusste er es nicht, und auch die Namen der Spieler waren nicht in seinem Gedächtnis haften geblieben, was aber für die Geschichte ohne Belang ist.


„Aber lasst uns annehmen, dass Osip Bernstein die weißen Steine führte“ schlug er vor. In dieser Stellung gab der Weiße die Partie auf!
Und hier begann die Geschichte vom georgischen Bauern. Dieser konnte nämlich nicht glauben, dass Weiß in der Diagrammstellung verloren sein sollte. Er übertrug die Position auf sein Taschenschach, welches er auf dem Armaturenbrett  seines Traktors befestigte.

Das Rätsel wurde sein ständiger Begleiter, und immer wenn es möglich war, beschäftigte er sich damit. Die Jahre zogen ins Land, Zeitalter um Zeitalter.
Er ergraute und wurde alt, hatte aber immer noch nicht den Glauben verloren, dass die weiße Position zu retten sei. Mit der Zeit gewann er ein gutes Verständnis der Stellung und konnte immerhin schon ein Remis für Weiß nachweisen!
 Das Taschenschach wurde schließlich gänzlich unnötig,  so gut war er mit der Stellung vertraut.

Dann, eines Tages mitten in der Ernte auf dem Feld, hielt er seinen Traktor an. Er zählte mittlerweile  beinahe siebzig Lenze.
„Das ist es, “ dachte er sich. „Weiß kann doch gewinnen!“ 

Am Abend lud er den lokalen Schulmeister bei sich ein, weil er nämlich seine plötzliche Erleuchtung der wichtigsten Schach-Zeitschrift der UdSSR “64“mitteilen wollte. Zusammen mit dem Lehrer setzte er einen netten Brief auf und adressierte ihn an die Redaktion, welche zur damaligen Zeit von Exweltmeister Trigan Petrosjan geleitet wurde.
Doch dieser war ständig auf Achse, war zu sehr mit seinen Turnieren beschäftigt, als das er dem Anliegen eines georgischen Bauern Zeit widmen konnte. Schlimmer noch; der Brief wurde nicht einmal geöffnet.

Dann (am 13.August 1984) starb Tigran Petrosjan und Antoli Karpow  wurde sein  Nachfolger auf den Chefstuhl von“64“. Als erstes gab er seinem Stab die Anweisung, die liegen gebliebene Post der letzten Jahre zu sichten. Es war Mischa Tal, welcher das Schreiben des georgischen Bauern öffnete, die Stellung auf das Brett übertrug und begann, sie zu analysieren:
           
Ein Schrei erschallte durch das Moskauer Büro, es war Tal:
„Haltet die Druckerpresse an, das ist unglaublich!“
Alles eilte zu seinem Brett und Tal zeigte die Idee des georgischen Bauern:

1.Sf6+, Kg7 

Der einzige Zug. Wenn sich der schwarze König auf die 8.Reihe begibt, ist er schnell verloren:
1.-, Kh8 2.d8=D, Kg7 3. Sh5+, Kg6 4. Df6+, Kh7 5.Dg7#  oder 3.-, Kh7 4.De7 mit schnellen Matt.
Falsch ist auch 1.-, Kg6 wegen 2.Lh5+, Kf6: 3.d8=D

2.Sh5+, Kg6

Wieder gibt es keine Wahl. Nach 2.-, Kh7 spielt Weiß 3. Lc2+ was den schwarzen König auf die 8.Reihe zwingt, wonach Weiß seinen Bauern mit Schach in die Dame führt und schnell mattsetzt.

3. Lc2, Kxh5

Wiederum erzwungen. „Aber nun fängt die Party erst richtig an!“ bemerkte Tal.

4.d8=D!!

Verblüffend. Weiß opfert seinen einzigen Stolz, den vorgerückten d-Bauern.

4.-, Sf7+ 5. Ke6! , Sxd8+  6.Kf5!

Damit schließt sich das Mattnetz um den schwarzen König; 7. Ld1 matt!

6.-, e2

Offensichtlich wieder der einzige Zug.

7. Le4!

Droht diesmal  8.Lf3 matt. Dagegen gibt es nur eine Verteidigung: Schwarz muss seinen e-Bauern erneut in einen Springer verwandeln.

7.-, e1=S  8.Ld5!!

Ein ruhiger, aber wichtiger Zug. Der Springer e1 darf sich nicht vom Flecken rühren, derjenige auf d8 auch nicht wegen Lf7 matt; und außerdem droht Lc4 nebst Le2 matt.

8. -, c2 9. Lc4
! c1=S

Wiederum Pflicht. Nun besitzt Schwarz vier(!!) Springer, aber der weiße Läufer kontrolliert alle Felder.

10. Lb5

Diesmal droht das Unheil von der anderen Seite, vom Feld e8 aus.

10.-, Sc7    Erneut der einzige Zug.

11. La4!

Die Schlussstellung ist ein Diagramm wert:

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Es droht nun Matt durch Ld1, und dagegen ist die schwarze Kavallerie machtlos!
11.-, Se2 12. Ld1, Sf3 13. Lxe2 bedeutet nur einen kleinen Aufschub. Schwarz besitzt ein Extratempo, kann jedoch nicht davon profitieren, weil jeder der vier Springer auf einem falschen Feld steht.


Der redaktionelle Sachbearbeiter von“64“ meinte „Wirklich von einmaliger Schönheit!“
Ein Reporter wurde nach Georgien geschickt, um ein Interview mit dem Entdecker dieser Glanzzüge zu führen. Als der Mann aus Moskau schließlich das Dorf erreichte, traf ihn der Schock seines Lebens:
Zwei Tage zuvor war der georgische Bauer verstorben....


Ich hätte viele Möglichkeiten gehabt, diese phantastische Geschichte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, wollte mir aber die schöne Illusion erhalten.
Anatoli Karpov war damals Teilnehmer am Interpolis-Turnier und Michael Tal eingeladener Gast. Die Turnierbücher von St. Petersburg  1909 und 1914 befinden sich in meinen Regalen, es wäre leicht, sie zu durchstöbern. Aber ich werde davon absehen. Manchmal ist es besser, eine Geschichte so zu belassen, wie sie einem dargeboten wurde, statt sich auf die Suche nach der historischen „Wahrheit“ zu machen.

 

Über den Autor: Jules Welling (Jahrgang 1949), war in den 1980-er Jahren ein bekannter niederländischer Schachjournalist der über zahlreiche Turniere und Wettkämpfe berichtete. Über seine Erfahrungen mit den Großmeistern des Schachs hat er 1994 in der Edition Marco ein äußerst lesenswertes Büchlein verfasst („Aus erster Hand“). Heute widmet sich Jules Welling wieder seiner großen Leidenschaft, dem Gedichte schreiben. Die vorliegende Geschichte erschien erstmals in der Schachwoche Nr. 50/1986. Für die Schach-Welt hat mir Jules Welling die Erlaubnis erteilt, die Geschichte hier zu veröffentlichen.





Sonntag, 09 November 2014 00:00

Moderne Klassiker

Moderne Klassiker Band 1 und 2

von  Dr. Helmut Pfleger, Vlastimil Hort

 Das Dreamteam des deutschen Schachfernsehens ist zurück!

Dr. Helmut Pfleger und Vlastimil Hort, die beiden kongenialen TV-Koryphäen, die jahrelang in den dritten Programmen über Schach der Großmeister gemütlich plauderten und in so manch Anekdoten schwelgten, kehren für die beiden DVDs Moderne Klassiker Band 1 und 2 aus ihrem TV-Ruhestand zurück und analysieren noch einmal bedeutende Partien der Schachgeschichte.

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Es war einmal anno 1984…der erste Auftritt des Duos Pfleger/Hort im TV!

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Dr. Pfleger und Hort fachsimpeln über die gerade laufende Partie in der Glaskabine hinter ihnen.

Im Jahr 2005 kam dann mit der Pensionierung von Dr. Claus Spahn auch das Aus für die Schachsendung. Leider wurde die beliebte Sendung nicht weitergeführt und bis auf den heutigen Tag findet sich weder Platz noch Zeit für eine regelmäßige Schachsendung im deutschen Fernsehen. Mit Neid blickt man z.B. auf die Niederlande, wo regelmäßige Sendungen übers Schach laufen und das zur besten Sendezeit. Wie dem auch sei, die Schachgöttin Caissa hatte mit uns ein einsehen und führte das Duo Pfleger/Hort wieder gemeinsam vor eine Kamera. Diesmal war es aber nicht in den heimischen Gefilden des NDR sondern im Chessbase Studio in Hamburg wo noch einmal eine goldene Ära des TV-Schachs erweckt wurde.

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Die Gesamtlaufzeit beider DVDs erstreckt sich auf sagenhafte 14 Stunden und ich muss sagen, es wurde nie auch nur ansatzweise langweilig! Es macht einfach Spaß den beiden Experten zuzuhören! Selbstverständlich sind es nicht nur die fundierten Kenntnisse ehemaliger Spitzenspieler (Hort war lange Zeit in der absoluten Weltspitze und scheiterte 1977 nur denkbar knapp im WM-Viertelfinale an Boris Spasski, Dr. Pfleger war lange Jahre Mitglied im deutschen Olympiateam und konnte bei der Schacholympiade 1964 in Tel Aviv-Jaffa 12,5 Punkte aus 15 Partien erzielen und somit das beste Einzelergebnis an Brett 4 erreichen) sondern auch die Geschichten aus der Welt des Schachs, die den Zuschauer sofort in ihren Bann ziehen. Diese Erzählungen stehen in keinem Informator, in keiner Datenbank, sie müssen eigentlich fast immer der mündlichen Überlieferung überlassen werden. Man blickt dadurch hinter die Kulissen, in eine längst vergangene Zeit wo scheinbar noch alles im Reinen war.

Über Vlastimil Hort brauche ich glaube ich nicht viel erzählen, „ein großer Geschichtenerzähler, der spitzbübisch verschmitzt auf seine Pointen zusteuert oder reihenweise tschechische Witze aus dem Ärmel schüttelt. Er ist ein großer Jammerer, der so wehleidig über sein herannahendes Greisenalter, seine nachlassende Spielstärke, seine zunehmenden Wehwehchen und überhaupt über all die üblen Tricks des Schicksals, über Gott und die Welt klagen kann, dass man ihn schon fast bemitleidet“. (Turnier der Schachgroßmeister 1983, Pfleger/Kurz). Dr. Helmut Pfleger, das Bamberger Urgestein, Anchorman des deutschen TV-Schachs und Märchenonkel für Erwachsene ist ebenfalls ein Quell nie versiegender Anekdoten und Geschichten aus der Welt des Schachs. Mit einer, ihm eigenen, Engelsgeduld erklärte er jahrelang einfache Schachzusammenhänge im TV und war auch als Autor diverser Projekte (zahlreiche Bücher und Zeitungsartikel) äußerst produktiv und auch erfolgreich.

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Hort: "Waisst Duu, Chelmut, diesärr Zuug, ärrr ist nicht möglich."

Pfleger: "Was, wieso nicht?"

Hort: "Äs isst wägen Rägel. Waiß ist gar nicht am Zug!"

Natürlich wird man mit den beiden DVDs nicht nur prächtig unterhalten sondern man lernt auch daraus! Dafür sorgen neben den kommentierten Partien auch die zahlreichen Testaufgaben (Video). Abwechselnd stellen Ihnen Dr. Pfleger und Hort Aufgaben die es zu lösen gilt!

Zusammenfassung:

Nachträglich empfinde ich es als ein sehr großes Versäumnis seitens der Fernsehanstalten, dass sie die Schachsendungen eingestellt haben und ein noch größeres Versäumnis, Dr. Pfleger und Hort gehen zu lassen. Zu meiner großen Freude fanden sich die beiden noch einmal vor den Chessbasekameras zusammen und schwelgten in vergangenen Tagen! Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens was Glück war, an diesen Spruch musste ich denken als ich mir die DVDs angesehen habe. Erst wenn etwas vorbei ist, weiß man es oft erst richtig zu schätzen! Ich kann die beiden DVDs nur uneingeschränkt jedem empfehlen der das Schachspiel liebt und es schätzt. Großartige Unterhaltung mit zwei alten Bekannten!

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Sprachen:

Deutsch

ISBN:

978-3-86681-420-2

Lieferung:

Download, Post

Kostenlose Lieferung innerhalb Deutschlands

Band 1:

• Videospielzeit:6 Std. 48 Min. (Deutsch) 
• Interaktiver Abschlusstest mit Videofeedback
• Mit CB 12 – Reader

Band 2:

• Videospielzeit:7 Std. 29 Min. (Deutsch) 
• Interaktiver Abschlusstest mit Videofeedback
• Mit CB 12 – Reader

Systemvoraussetzungen

Mindestens: Pentium III 1 GHz, 1 GB RAM, Windows Vista, XP (Service Pack 3), DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9, Chessbase12/Fritz 13 oder mitgelieferter Reader und Internetverbindung zur Programmaktivierung. Empfohlen: PC Intel Core i7, 2.8 GHz, 4 GB RAM, Windows 7 oder Windows 8, DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit 512 MB RAM oder mehr, 100% DirectX10 kompatible Soundkarte, Windows Media Player 11, DVD-ROM Laufwerk und Internetverbindung zur Programmaktivierung.

Sonntag, 02 November 2014 00:00

Der hellste Stern am Schachhimmel

Master Class Band 2: Mihail Tal

von  Dorian Rogozenco, Dr. Karsten Müller, Mihail Marin, Oliver Reeh

 

In Band 2 der Master Class Reihe geht es um den 8.Schachweltmeister von 1960-1961, Mihail Tal.

Geboren am 9. November 1936 in Riga, erlernte er im Alter von 7 Jahren das Schachspiel. Mit 13 Jahren bekam er den erfahrenen Trainer Alexander Koblenz zur Seite gestellt und von da an zeigte Tals Erfolgskurve nur noch in eine Richtung, nach oben. Rasch stieg er weiter voran und gewann 1958 das Interzonenturnier in Portoroz, 1959 das Kandidatenturnier in Bled-Zagreb-Belgrad und schließlich das Weltmeisterschaftsmatch 1960 gegen den großen Botvinnik. Seinen Titel verlor er zwar ein Jahr später wieder aber das tat seiner ungeheuren Beliebtheit in der Schachwelt keinen Abbruch. Durch sein kombinationsreiches, phantasievolles und kreatives Spiel eroberte er die Herzen von Millionen Schachliebhabern auf aller Welt.

Nachfolgend eine Partie aus dem Interzonenturnier 1979 in Riga wo Tal mit phantastischen 14 Punkten aus 17 Partien regelrecht wütete:

Kommentar: Chessbase

Polugaevsky,Lev (2625) - Tal,Mihail (2615) [A34]

Interzonal Tournament Riga (2), 1979

19 Jahre nach dem Gewinn des Weltmeistertitels schien Mikhail Tal die Schachwelt erneut zu erobern. Das Turnier der Weltelite in Toronto - doppelrundig und damit den Zufallsfaktor eindämmend - gewann er ohne Niederlage punktgleich mit Karpov. Beim Interzonenturnier in Riga setzte er noch eins drauf: 14 aus 17 und 2,5 Punkte Vorsprung auf den Zweiten, Lev Polugaevsky. 1.Sf3 c5 2.c4 Sf6 3.Sc3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.e4 Sb4 6.Lc4 Heute wird mehr 6.Lb5+ gespielt. 6...Le6 7.Lxe6 Sd3+ Der Springer verlässt dieses Feld zwar kurzzeitig, aber selbst in der Schlussstellung steht er zusammen mit dem Lc1 und dem Sd2 wie jetzt. Die Zweiteilung des Brettes ist natürlich für das Zusammenwirken der weißen Figuren Gift. 8.Kf1 fxe6 9.Sg5 Db6 Das war damals neu und Polugaevsky findet nicht die richtige Erwiderung. 10.De2?! [10.Df3] 10...c4 11.b3 h6 12.Sf3 [12.Dh5+ … ¤h3] 12...Sc6 13.bxc4 0-0-0 µ (Tal) 14.g3 [Weiß kann 14.Se1 spielen, aber Schwarz hat ja noch einen Springer für das Feld d3.] 14...g5! 15.Kg2 Dc5 16.Tb1 Lg7 17.Sb5 Dxc4 18.De3 Thf8 19.Tf1 [Es ist keine Zeit für 19.Sxa7+ Sxa7 20.Dxa7 Dxe4-+] 19...g4 20.Sh4

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Schwarz am Zug.

20. …Sxf2

[Einfacher war 20...Txf2+ 21.Txf2 Sxf2 22.Kxf2 Tf8+ 23.Sf5 exf5-+]

Anmerkung von mir:

Die Schach-Engine plädiert hier ganz Tal-untypisch für 20. …Dxa2.

21.Sg6 Td3! 22.Sa3 [22.De1 Tdf3 23.Sxf8 Sd3 24.Dd1 Txf1 25.Dxf1 Dxe4+ 26.Kg1 Ld4+ 27.Sxd4 Sxd4-+] 22...Da4 23.De1 [23.De2 Sd4 24.De1 Tdf3-+] 23...Tdf3 24.Sxf8 Sd3 25.Dd1 Dxe4 26.Txf3 gxf3+ 27.Kf1 Df5 28.Kg1 Ld4+ Quelle: i28/98 0-1

Auf der DVD aus dem Hause Chessbase wird noch einmal der Weg Tals in allen Stationen nachgezeichnet. Wie behandelte er die Eröffnungen? Wie Dorian Rogozenco anmerkt, hat Tal nicht an seinen Eröffnungen gearbeitet, um dem Gegner bereits in der Anfangsphase der Partie überlegen zu sein. Es ging dem achten Weltmeister vor allem darum, die richtigen Stellungen aufs Brett zu bekommen, damit er seine wunderbaren Kombinationen und intuitiven Opfer anbringen konnte. In 3 Videos erläutert Bundestrainer Dorian Rogozenco die Eröffnungsstrategie Tals und untersucht dessen Eröffnungsrepertoire auch im Hinblick auf seine WM-Kämpfe mit Botvinnik und seine spätere Arbeit mit Anatoli Karpov.

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GM Dorian „Bundestrainer“ Rogozenco bringt dem Zuschauer Tals Eröffnungen näher.

Im zweiten Kapitel plaudert GM Mihail Marin in 5 Videos aus dem Nähkästchen. Für Mihail Marin ist der Name Tal ganz anders verknüpft - scharf, brillant, taktisch, überraschend, die Regeln verletzend. Aber das ist natürlich nicht die ganze Wahrheit. Tal war auch ein strategischer Spieler und Belege dafür lassen sich en masse finden. Mihail Marin stellt fünf Partien Tals vor und analysiert sie unter dem Gesichtspunkt Strategie, nebenbei erzählt er noch so manche Anekdote und erinnert sich an seine Begegnung mit Mihail Tal.

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GM Mihail Marin erinnert sich an seine Begegnung mit Mihail Tal.

Im dritten Kapitel stellt IM Oliver Reeh 20 Taktikstellungen aus Tal-Partien zur Diskussion und ladet den Zuschauer ein, daran zu tüfteln und sie zu lösen. Reeh gibt in den Videos eine kurze Einleitung zur jeweiligen Stellung und bespricht anschließend auch die Lösung.

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Taktik-Guru IM Oliver Reeh stellt Sie auf die Probe!

Kapitel 4 untersucht Tals Endspiele in 12 Videos sehr ausführlich. GM Karsten Müller hat das vorhandene Material in drei Kategorien eingeteilt: Magische Momente, Turmendspiele und berühmte Tal-Endspiele.

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GM Karsten Müller bespricht Tals Endspielkunst.

Außerdem enthält die DVD eine Datenbank mit sämtlichen Tal-Partien (2905, viele davon kommentiert) und eine Trainingsdatenbank mit 245 Tal-Stellungen. Abschließend gibt es noch Tals Partien als Eröffnungsbaum.

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Zusammenfassung:

Die DVD bietet dem Zuschauer und Lernenden eine ganze Fülle an wertvollem Material für das eigene Training. Angefangen von den Gedanken über Tals Eröffnungsspiel und den strategischen Besonderheiten in seinen Partien, über sein ausgezeichnetes Gespür für Initiative und Angriff bis hin zu seiner subtilen Endspielkunst bringt diese Trainings-DVD dem Zuschauer auch den Menschen Mihail Tal ein ganzes Stück näher. So bleibt nicht nur ein ausgezeichneter Trainingskurs in Sachen Tal sondern auch ein wertvoller Einblick in das Denken und Schaffen eines Schachgenies.

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Sprachen:

Deutsch, Englisch

ISBN:

978-3-86681-372-4

EAN:

4027975007960

Lieferung:

Download, Post

 

• Videospielzeit: 4 Std. 22 min (Deutsch)
• Interaktiver Taktiktest mit Videofeedback
• Alle Tal-Partien, Tabellen, Hintergrundwissen, Kurzbiographie
• „Tal-Powerbook“: Das Eröffnungsrepertoire des Weltmeisters als Variantenbaum
• Taktik-Training mit 245 Aufgaben aus Tal Partien
• Mit ChessBase 12 Reader

Systemvoraussetzungen

Mindestens: Pentium III 1 GHz, 1 GB RAM, Windows Vista, XP (Service Pack 3), DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9, Chessbase12/Fritz 13 oder mitgelieferter Reader und Internetverbindung zur Programmaktivierung. Empfohlen: PC Intel Core i7, 2.8 GHz, 4 GB RAM, Windows 7 oder Windows 8, DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit 512 MB RAM oder mehr, 100% DirectX10 kompatible Soundkarte, Windows Media Player 11, DVD-ROM Laufwerk und Internetverbindung zur Programmaktivierung.

Sonntag, 26 Oktober 2014 00:00

Von der Kunst des Angreifens

Stefan Kindermann: Die Kunst des Königsangriffs

Königsangriff-schon der Gedanke daran lässt das Herz jedes Schachspielers höher schlagen!

Diesen einleitenden Worten zu dieser DVD möchte ich nicht widersprechen. Wer bleibt schon ruhig bei der Aussicht auf ein spektakuläres Opfer mitten rein in die gegnerische Königsstellung, wessen Puls blieb konstant bei 70 als er neulich im Mannschaftskampf mit einem überraschenden Bauernopfer wichtige Linien rings um den König freilegte? Hat man sich nicht schon öfters gefragt, weshalb Spieler wie Tal oder Kasparov ihre Angriffe so erfolgreich durchführen konnten während man selbst oft genug dabei auf die Nase gefallen ist? Spielen dabei taktische Fähigkeiten eine größere Rolle als das Wissen um positionelle Faktoren oder geht es dabei letztendlich nur um die besser ausgebildete und geschulte Intuition?

Fragen über Fragen und keine zufriedenstellende Antworten. Zu diesem Thema mag es genügend Literatur geben, doch selten wird dabei tatsächlich auch auf essentielle Fragen eingegangen. Auch gibt es genügend Material wie man sein taktisches Auge schulen kann, keine Frage, aber, und diese Frage haben sich bestimmt schon viele gestellt: Wann ist ein Angriff gerechtfertigt, wann letztendlich erfolgreich? Bis zu einem bestimmten Level mag so manches beherzte Figurenopfer sicher erfolgreich sein, damit ist aber spätestens gegen erfahrene, routinierte Turnierhasen Schicht im Schacht.

Genau an dieser Stelle tritt nun GM Stefan Kindermann auf den Plan und entwirft auf seiner Trainings-DVD einen sehr durchdacht wirkenden Königsplan. Dieser Königsplan als auch das gesamte Trainingskonzept beruht auf dem System der Münchner Schachakademie (http://www.mucschach.de/). Dort trainieren erfahrene Profis (Kindermann, Hertneck, Dengler) alle Altersgruppen zielorientiert nach einem speziell ausgearbeiteten Trainingssystem.

Doch zurück zu unserer DVD:

GM Stefan Kindermann stellt als Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Königsangriff einen 7-Punkte Plan auf. Dieser Plan mag vielleicht anfangs etwas abstrakt wirken doch bei genauerem Hinsehen wird einem sehr schnell klar, dass es Sinn ergibt. An dieser Stelle will ich aber nicht zu viel verraten um Ihnen nicht die Spannung zu nehmen.

Für den Anfang hier ein Beispielvideo aus der DVD:

https://www.youtube.com/watch?v=SuhgjgyKeuU

Was tun, wenn man besser steht und alles nach Angriff schreit?

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Weiß am Zug.

Lösung folgt am Ende des Artikels.

Noch ein schönes Beispiel für einen Angriff nach dem Motto „Everyone wants to join the party“!

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Weiß am Zug.

Lösung auch hier am Ende des Artikels.

 

Kritik & Zusammenfassung:

Durch die vielen sehr guten Beispiele und die lehrreichen Partien lernt man als Zuschauer anhand der mitgelieferten 7 Grundregeln des Angriffs (auch als PDF-Dokument auf der DVD) eine ganze Menge cooler Sachen, als da wären: Gute Angriffe sind kein Zufallsprodukt, wie bereite ich einen erfolgreichen Angriff effektiv vor und das Wichtigste: wie haue ich meinen nächsten Gegner mit einem Figurenopfer aus den Latschen? GM Kindermann erklärt ruhig und sachlich seine Gedankengänge zu jeder Partie. Ich empfand seine Art der Kommentierung sehr angenehm (nicht jedem liegt die schachliche Arbeit VOR der Kamera!) und unaufgeregt. Ich fand auch, dass man nach dem Studium dieser DVD sehr wohl etwas gelernt hat und nicht Gefahr läuft, sich nur berieseln zu lassen. Abschließend gibt es am Ende des Trainings noch einen Test mit Videofeedback des Autors.

Zusammenfassend kann ich diese DVD jedem empfehlen, der seine Kunst der Angriffsführung deutlich verbessern will.

Erhältlich bei Chessbase und jedem gut sortiertem Fachhändler.

Lösungen:

1.Beispiel:

1.Sxg7! Kxg7 2.Ld4 Kg8 3.Dh4 Se6 4.Txf7!

2.Beispiel:

1.b3! (der stille Killer!) Dc3 2.Df2! (Df3 genauso) droht Läufer c4 nebst Sxh6 und Df7

 

Technische Daten:

• Videospielzeit: 5 Std. (Deutsch) 
• Interaktiver Abschlusstest mit Videofeedback
• Exklusive Datenbank mit 50 Musterpartien 
• Mit CB 12 – Reader

Systemvoraussetzungen

Mindestens: Pentium III 1 GHz, 1 GB RAM, Windows Vista, XP (Service Pack 3), DirectX9 Grafikkarte mit 256 MB RAM, DVD-ROM Laufwerk, Windows Media Player 9, Chessbase12/Fritz 13 oder mitgelieferter Reader und Internetverbindung zur Programmaktivierung. Empfohlen: PC Intel Core i7, 2.8 GHz, 4 GB RAM, Windows 7 oder Windows 8, DirectX10 Grafikkarte (oder kompatibel) mit 512 MB RAM oder mehr, 100% DirectX10 kompatible Soundkarte, Windows Media Player 11, DVD-ROM Laufwerk und Internetverbindung zur Programmaktivierung.

Samstag, 13 September 2014 00:00

Sinn und Unsinn im Schachtraining

Kennen Sie das? Sie haben schon einige gute Bücher zum Thema Schachtraining gelesen und doch stagnieren Sie auf der ELO-Leiter? Sie trainieren und trainieren und doch treten Sie auf der Stelle? Gründe, warum das so ist, kann es viele geben. Kann aber auch sein, dass Sie bisher vielleicht einfach mit den falschen Büchern trainiert haben.

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Willy Hendriks
Erst ziehen, dann denken
Sinn und Unsinn im Schachtraining
256 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014, original erschienen 2012.

IM Willy Hendriks stellt in seinem neuen Buch Erst ziehen, dann denken eine provokante These auf. Er behauptet, die althergebrachten Methoden des Schachtrainings wie das Studium charakteristischer Positionen oder das Festhalten an bestimmten Faustregeln sind nicht dazu geeignet, große Fortschritte zu erreichen.

Bei diesen Aussagen hätte sich Steinitz im Grabe herumgedreht, falls es derartig postkinetische Kräfte gäbe, die solche Phänomene des Okkulten auszulösen imstande wären.

Nach Meinung des Autors brauchen Schachspieler nicht erst einen Plan bevor sie Kandidatenzüge ausfindig machen, Versuch und Irrtum ist ein sehr häufiger und in der Tat höchst effektiver Weg um den besten Zug zu finden. Hendriks verwendet neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zur Funktionsweise unseres Gehirns und wirft dabei eine ganze reihe interessanter Fragen auf:

Kann jeder (ob man nun talentiert ist oder nicht) ein Großmeister werden?

Warum klingen manche Ratschläge von Schachtrainern wie das neueste Horoskop?

Kann man besser werden durch das Ankreuzen einer To-Do-Liste?

Ist es möglich, Meisterebene zu erreichen ohne jemals einen Plan zu erstellen?

Der Autors präsentiert dazu eine ganze Fülle von großartigen Schulungsunterlagen und Trainingsbeispielen die dazu gedacht sind, seine Aussagen zu unterstreichen.

Man kann über das Buch diskutieren, darüber streiten oder darüber den Kopf schütteln aber eines nicht: es verteufeln. Hendriks legt zugegebener Maßen sehr provokante Thesen auf den Tisch und so mancher mag sich fragen, was er eigentlich die letzten Jahre falsch gemacht hat. Vielleicht gar nichts! Aber vielleicht fehlte einfach noch das letzte "UmdieEckedenken“, der letzte fehlende Lichtstrahl und der Mut, auch mal Regeln zu brechen, Konventionen beiseite zu schieben und eine neue Sichtweise zu gewinnen.

Ich habe mich beim Lesen prächtig amüsiert, Hendriks schreibt locker und humorvoll. Nie wird es langweilig oder eintönig, immer wieder überrascht er mit neuen verrückten Ideen die uns aus unserem Dornröschenschlaf erwachen lassen. Durch seine Sichtweise erweitern wir unseren schachlichen Horizont ganz erheblich und es gibt bestimmt nicht viele Schachbücher die das bewerkstelligen können. Für mich ein wirklich großartiges Buch mit vielen frischen Ideen und exzellenten Beispielen.

Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, fühlen Sie sich wie Neo aus dem Film Matrix, als er erfährt, dass sein bisheriges Leben eine Illusion war und das jetzt sein echtes Leben beginnt.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach Niggemann zur Verfügung gestellt.

Martin Rieger

 

 

Sonntag, 29 Juni 2014 00:00

GM Boris Avrukh light

GM Boris Avrukh machte in der Vergangenheit Furore auf dem Schachbüchermarkt mit seinen beiden epochalen 1.d4 Bänden. Nun hat das aktuell einen anderen Großmeister auf den Plan gerufen um auf Avrukhs Spuren zu wandeln. Herausgekommen ist aber nur ein Avrukh-light.

Damian Lemos
The Fianchetto System
..against King´s Indian and Grünfeld
176 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014.

In diesem Buch schlägt der Autor, GM Damian Lemos, für den Weißspieler ein Repertoire gegen Königs- und Grünfeldindisch vor.

Die Basis dafür ist der weiße Fianchettoläufer, also ein Aufbau mit g3 nebst Lg2. Dass dieses System sehr solide und gesund ist, hat vor einiger Zeit auch GM Avrukh mit seinen epochalen Repertoirebänden 1.d4, Teil 1 und 2, erkannt. GM Lemos springt auf den gleichen Zug auf und bietet dem Leser sozusagen ein Avrukh-light gegen Königs- und Grünfeldindisch. Das ist auf keinen Fall negativ gemeint da es einfach sehr viele Leute gibt, die gar nicht die Zeit und auch die Muße haben, 600 Seiten oder mehr zu verinnerlichen. Bei diesem Buch geht es auch gar nicht darum, jede Variante ausführlich auseinander zu nehmen sondern mehr darum, praktisches Anschauungsmaterial in Form gut kommentierter Meisterpartien dem Leser vorzulegen. Die im Buch vertretenen 49 Partien decken alle schwarzen Erwiderungen ab und liefern neben typischen Motiven und Strategien auch die wichtigsten taktischen Feinheiten.

Das anfänglich gute Gefühl trübte sich aber dann im weiteren Verlauf meiner Untersuchung zu diesem Buch doch etwas ein.

In dem wichtigen Abspiel

1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sf3 d6 4.g3 Lg7 5.Lg2 0-0 6.0-0 c6 7.Sc3 Da5 8.e4 e5 9.h3 Sbd7 10.Te1 exd4 11.Sxd4 Se5 12.Lf1 Te8 13.Le3 c5 14.Sb3 Db4 empfiehlt der Autor hier 15.Ld2

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(an dieser Stelle empfiehlt zum Beispiel Avrukh das bessere 14.a3 in seinen Repertoirebüchern) Db6 16.f4 Sc6 17.Lg2 Le6 18.Sd5 Lxd5 19.cxd5 Sb4 20.Lc3 c4+ 21.Ld4 Db5 22.Sc1 Sd3 23.Sxd3 cxd3

und jetzt folgt der Autor unglücklicherweise den unterirdischen Chessbaseanalysen von GM Stohl, die, und das ist jetzt keine Übertreibung, unter aller … sind.

24.Db3? [24.Te3= müsste Ausgleich ergeben. ] 24...Dxb3 25.axb3 d2 26.Te2 Sxe4 27.Lxg7 Sf6?

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[nach dem viel besseren 27...Tac8! ( hier gibt GM Stohl 28.Lc3! Sc3 29. Td2 Sb5 30.Lf1 und Weiß steht etwas besser an. Nach 29. …Te2 aber kämpft Weiß schlicht ums nackte überleben.)

kann folgen

28.Td1 Kxg7 29.Lxe4 Txe4 30.Tdxd2 Tc1+ 31.Kf2 Tb4 32.Td3 h5 33.h4 Kf6 34.Kf3 Tc5 35.Kf2 Kf5 36.Kf3 f6 37.Kf2 Te4 38.Ted2 Tc1 39.Tc3 Th1 40.Kg2 Tee1 41.Kf3 Thf1+ 42.Tf2 Txf2+ 43.Kxf2 Tb1 44.Tc2 Ke4 45.b4 a6 46.Kg2 Kxd5-+ und das gewinnt Schwarz]

28.Txd2 Kxg7= ergibt wieder Ausgleich.

Analysen zum Nachspielen:

Diese Analysen sind mir persönlich ein großes Rätsel das ich bis jetzt noch nicht zu lösen imstande war.

Augenscheinlich folgte Lemos den Analysen von Stohl, aber da, wo Stohl wirkliche Verbesserungen für Weiß vorschlug (die auch ausnahmsweise funktionierten!) wich er plötzlich ab und lotst den Leser in klare Verluststellungen (das hat bis auf Avrukh, der mit seinem 15.a3 sofort diesen Varianten auswich, weder Stohl noch Lemos bemerkt).

Um diesen Fehler aufzudecken brauchte ich mit Hilfe einer Engine + 3-4 Büchern ca. 20 Minuten. Stichproben bei anderen Abspielen auf Fehler konnte ich auf die Schnelle nicht finden, will es aber anhand des oben gezeigten Beispiels und der daraus resultierenden Arbeitsweise des Autors nicht gänzlich ausschließen.

Ich weiß nicht wo das Problem liegt seine Analysen mit Hilfe einer Engine nochmals gegen zu prüfen. Wenn der Arbeitgeber das Geld aufs Konto überweist schaut man ja auch nach ob alles seine Richtigkeit hat, warum nicht hier? Weils der Leser oder der Rezensent nicht merkt? Weil man unter Zeitdruck stand? Weil man es schlicht übersehen/vergessen hat?

Bei letzterem würde ich ein Auge zudrücken, bei den anderen Gründen hätte ich dafür kein Verständnis.

 

Bewertung

1 von 5 Sternen

SterneBewertung 640x353

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen. (http://www.schachversand.de/)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vor was haben die meisten Schachspieler mehr Angst als in einer Turnierpartie mit einem gemischten Figurensatz spielen zu müssen?

Ist mir übrigens erst kürzlich passiert.

Echt ärgerlich.

Ich glaube es waren 4 verschiedene Figurensätze bunt zusammengewürfelt worden, wohl traurige Überbleibsel vom letzten Blitzturnier. Auf alle Fälle war es eine Beleidigung fürs Auge was da auf dem Schachbrett geboten wurde, kleine Bauern, große Bauern, Läufer die der Dame zum verwechseln ähnelten, Springer mit verschiedenen Köpfen usw. Ein Wunder das damit überhaupt Partien gespielt und auch beendet wurden ohne das man sich ins Gehege gekommen wäre ob nun der König oder der Läufer gezogen hat! Eine Beleidigung fürs Auge waren auch meine Partien, rein schachlich mein ich jetzt.

Hier ein kurzes Beispiel:

Maurer,Heinrich - Rieger,Martin [C12]

OSEM 2014 Sinzing

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 Lb4 5.e5 h6 6.Ld2 Lxc3 7.Lxc3 Se4 8.Ld3 Sxc3 9.bxc3 c5 10.Sf3 Da5 11.Dd2 c4!N

Das ist anscheinend eine Neuerung.

Auf alle Fälle gibt John Watson in seinem „Play the French“ hier nur 11. …Sc6 an. Der Textzug gewinnt aber ganz einfach einen Bauern!

12.Le2 Sd7 13.0-0 Sb6 14.Tfb1 Da3 15.Dc1 Dxc1+ 16.Txc1 Sa4 17.Sd2 Sxc3 18.Lf3 Ld7 19.Sb1 Sxb1 20.Taxb1 b5 21.c3 0-0 22.Ld1 Tfb8 23.a3

dia 2

 

Die Stellung ist natürlich gewonnen für Schwarz. In meiner grenzenlosen Naivität dachte ich, ich hätte nun alle Zeit der Welt um meinen Gegner langsam zu erdrücken. Leider erwies sich das als Trugschluss! Nach meinem hirnrissigen

23. … Tb6

konnte mein Gegner zu meinem Bedauern eine gute Auffangstellung einnehmen und nach weiteren gut 40 Zügen musste ich mich ins Remis fügen. Einfach hätte 23. …a5 nebst b4 gewonnen.

Warum bringe ich dieses armselige Beispiel niederer (End)Spielkunst? Es zeigt eigentlich ganz gut, das es rein gar nichts bringt, wenn man die Eröffnung gut bis sehr gut meistert nur um dann im Endspiel grobe Böcke zu schießen.

Ein anderes Beispiel:

Dia1

 

Was würden Sie in einer ernsten Turnierpartie mit Schwarz am Zug spielen? Wie würden Sie die Lage einschätzen?

Die Auflösung kommt etwas später.

Davor möchte ich Ihnen natürlich sagen, warum ich diese Beispiele bringe und worum es hier eigentlich geht. Die Rede ist von „Grandmaster Preparation- Endgame Play“ aus dem Hause Quality-Chess von GM Jacob Aagaard.

Jacob Aagaard Endgame Play Grandmaster Preparation

376 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2013.

Endgame play

In diesem neuen Werk aus der Feder des Vielschreibers Aagaard versucht der Autor, das Endspieltraining auf eine neue Ebene zu transferieren. Wie GM Karsten Müller im Vorwort ironischerweise betont, reicht es nicht aus, nur Übungen aus Büchern zu lösen oder Schachvideos anzusehen (im Chessbase-Verlag erschienen von ihm bisher übrigens 14 DVD zum Thema Endspiel!) um sein Endspiel spürbar zu verbessern. Es muss auch in der Praxis geübt werden unter Turnierbedingungen. Diesen löblichen Ansatz versucht Aagaard auch in seinem neuen Buch, möglichst reale Stellungen mit den häufigsten Materialverteilungen werden vorgestellt, genauer erläutert und mit einigen Partiefragmenten glossiert. Anschließend folgt eine ganze Reihe von Übungsaufgaben unterschiedlicher Schwierigkeit.

Die obige Stellung ist so eine Übungsaufgabe. Falls Sie sich bis jetzt die Zähne daran ausgebissen haben, ich erlöse Sie:

Der etwas überraschende Lösungszug lautet 1. …Th8!!

Falls jetzt 2.g6 geht der Turm zurück auf das Feld f8 2. …Tf8!! Es kann folgen 3.Txf8 b1D 4.Te8+ Kd7! Der Schlüsselzug! Nach 4. …Kxe8 spucken die Tablebases ein Matt in 50 aus.

5.Td8+ Kc7!! 6.h8D Dxg6 7.Kf4 Df7 8.Kg5 De7! mit Dauerschach.

Sie fanden das schwierig?

Ich auch.

Mir ist auch nicht klar, was man aus solch einem Beispiel lernen kann. Vor allem, da sich Aagaard in seiner Lösungsbesprechung nur auf das reine replizieren von offensichtlich tablebaseverseuchten Computervarianten beschränkt. Ehrlicherweise muss ich zugeben, ich wüsste auch nicht, wie man solch ein Beispiel anhand von einprägsamen Lehrsätzen, allgemeinen Grundsätzen und Faustregeln vermitteln könnte.

Im nächsten Beispiel verlangt Aagaard von seinen Lesern, das weiße Spiel (Ivanchuk-Anand, Linares 2009) zu verbessern.

dia3

Weiß ist am Zug.

Kleinigkeit oder?

Jedenfalls, Ivanchuk hat den Zug nicht gefunden und patzte mit 1.Kd5? Richtig gewesen wäre 1.Kd4!

Ich will Sie jetzt auch nicht mit zu vielen Varianten langweilen, deswegen lasse ich es auch. Sie müssen sich einfach damit begnügen, dass 1.Kd4! der richtige Zug ist, über das wieso und weshalb würde auch die Wiedergabe von Varianten versagen. Man muss es verstehen. Und das ist auch gleich meine Quintessenz des Ganzen: sehen, erleben, verstehen, lernen. Was mir persönlich an dem Buch fehlt: das Verstehen und das Lernen. Klar, ein gestandener Großmeister kann sicher gut mit dem Buch arbeiten wollte er noch an seinem Endspiel feilen. Aber leider sind nun mal 99% aller Schachspieler keine Großmeister, sie sind Hobbyspieler, Vereinsspieler, ambitionierte Turnier- oder Fernschachspieler.

Eines ist jedoch klar, Aagaard kann man nicht den Vorwurf machen, er habe es sich zu einfach gemacht mit der Auswahl von Stellungen. Es gibt sehr viele gute Beispiele im Buch die etwas vermitteln auch wenn mir auch hier eindeutig erklärende Textpassagen fehlen. Doch diese guten Beispiele sind mir einfach zu wenig für ein Buch, das den Anspruch erhebt, Endspieltraining auf eine neue Stufe zu stellen. Dafür hätte Aagaard sich noch mehr in seine Leser hineinversetzen müssen. Die Aufgaben sind in der Mehrzahl verdammt schwierig wenn nicht sogar fast unmöglich zu lösen. Das obige Beispiel mit der Stellung aus der Ivanchuk-Partie zeigt es ganz gut: Der normale Schächer soll eine Stellung korrekt weiterspielen, die ein Spieler, der seit gut 25 Jahren jenseits der 2700 Elo-Marke angesiedelt ist, verpatzt hat. Das halte ich für wahnwitzig bis bestenfalls verwegen. Das wäre genauso, als müssten sie zum ersten Mal in Ihrem Leben ein Flugzeug landen mit Hilfe einer Beschreibung. Der Absturz wäre vorprogrammiert. Genauso ist es mit dem Buch: Sie können sich schon hinsetzen und es aufmerksam studieren, die Übungsaufgaben lösen so gut es eben geht. Doch einen wirklichen Nutzen für die Praxis würde das nicht ergeben. Wie auch, wenn man nicht weiß, was man da tut, geschweige denn wieso und warum. Nochmal: man muss verstehen warum man das tut was man da tut. Außer natürlich man ist eine Computerengine und kann auf Tablebases zugreifen ;-)

Aagaard hat es meiner Ansicht nach klar versäumt, seine einzelnen Kapitel und die darin befindlichen Beispiele dem Leser verständlich und mit Hilfe von Regeln und Merksätzen näher zu erläutern. Kurz 2-3 Seiten eine Einleitung in den kommenden Stoff und dann einige sehr happige Übungsaufgaben, das kann nicht klappen.

Was bleibt also übrig von diesem Endspielbuch, das GM Karsten Müller im Vorwort in den höchsten Tönen lobt?

Nicht viel. Leider.

Eine Ansammlung sehr schwerer Aufgaben mit der der Leser alleine im Regen stehen gelassen wird. Keine Erklärungen, nichts mit denen sich der Lernende Eselsbrücken bauen könnte, keine eingängigen Faustregeln. Daran ändern auch die wohlwollenden Worte im Vorwort wenig.

Das Buch ist empfehlenswert, wenn sie ein Titelträger und ambitioniert sind, gewisse Endspielschwächen natürlich vorausgesetzt. Für alle anderen gibt es auf dem Schachbuchmarkt genügend andere, sehr gute und empfehlenswerte Endspielbücher (u.a. Understanding Chess Endgames von John Nunn, Die Endspiel Universität von Mark Dworetzki oder auch Fundamental Chess Endings von Karsten Müller und Frank Lamprecht).

Daneben gibt es auch noch eine äußerst bequeme Art, sich vor dem Endspiel zu drücken: Sie setzen ihren Gegner einfach davor schachmatt! 

Bewertung: 

1 von 5 Sternen

SterneBewertung 640x353Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann (http://www.schachversand.de/) überlassen.

 

Samstag, 17 Mai 2014 11:37

1.d4 siegt!

Jerzy Konikowski, Uwe Bekemann
1.d4 siegt!
384 Seiten, gebunden mit Leseband, 1. Auflage 2014.

Und wieder beglückt uns der Beyer-Verlag mit einem Schachbuch im Festeinband, eine Seltenheit in unserer heutigen Zeit!

Inhalt des Buches ist ein komplettes Weißrepertoire aufgrund des Zuges 1.d4.

Dazu haben die beiden Autoren Jerzy Konikowski und Uwe Bekemann den gegenwärtigen Stand der Theorie augenscheinlich sehr sorgfältig ausgewertet und ihre Erkenntnisse in das Buch miteinfließen lassen.

Hier ein Variantenüberblick des Buches:


Slawische Verteidigung
1.d4 d5 2.c4 c6 3.cxd5 cxd5 4.Sc3 Sf6 5.Lf4 Sc6 6.e3
Abspiel 1: 6...Lf5
Abspiel 2: 6...a6

Angenommenes Damengambit
1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e4 b5
Abspiel 1: 3...c5
Abspiel 2: 3...e5
Abspiel 3: 3...Sf6
Abspiel 4: 3...Sc6

Tschigorin-Verteidigung
1.d4 d5 2.c4 Sc6

Abgelehntes Damengambit
1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.cxd5 exd5 5.Lg5
Abspiel 1: 5.Lf4
5...Le7 6.e3 c6 7.Ld3 Sbd7 8.Sge2 0–0 9.Dc2 Te8 10.0–0–0 Sf8
Abspiel 2: 11.h3
Abspiel 3: 11.f3

Budapester Gambit
1.d4 Sf6 2.c4 e5 3.dxe5
Abspiel 1: 3...Se4
Abspiel 2: 3...Sg4

Nimzowitsch-Indisch
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.a3 Lxc3+ 5.bxc3
Abspiel 1: 5...c5
Abspiel 2: 5...d6
Abspiel 3: 5...d5
Abspiel 4: 5...0–0
Abspiel 5: 5...b6
Abspiel 6: 5...Se4

Wolga-Gambit
1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 b5 4.cxb5 a6 5.b6
Abspiel 1: 5...a5
Abspiel 2: 5...e6
Abspiel 3: 5...d6
Abspiel 4: 5...Dxb6
Abspiel 5: 5...Lb7

Modernes Benoni
1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 e6 4.Sc3 exd5 5.cxd5 d6 6.e4 g6 7.f3 Lg7 8.Le3 0–0 9.Dd2
Abspiel 1: 9...a6
Abspiel 2: 9...Te8
Abspiel 3: 9...h5

3.f3 gegen Grünfeld-Verteidigung
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.f3 d5 4.cxd5 Sxd5 5.e4 Sb6 6.Sc3 Lg7 7.Le3 0–0 8.Dd2 Sc6 9.0–0–0
Abspiel 1: 9...Dd6
Abspiel 2: 9...f5
Abspiel 3: 9...e5

Königsindische Verteidigung
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0–0 6.Le3
Abspiel 1: 6...Sc6
Abspiel 2: 6...c5
Abspiel 3: 6...e5
Abspiel 4: 6...c6
Abspiel 5: 6...b6
Abspiel 6: 6...a6
Abspiel 7: 6...Sbd7

Holländische Verteidigung
1.d4 f5 2.Sc3

Man merkt dem Buch deutlich an, dass einer der Autoren, Uwe Bekemann, im Fernschach beheimatet ist. Das meine ich durchaus positiv denn die Analysen im Buch scheinen allesamt durch die gängigen Rechenknechte gegengeprüft worden zu sein. Wie immer bei Eröffnungsbüchern recherchiere ich in meinen eigenen Quellen, überprüfe kritische Abspiele und vergleiche mit ähnlicher Literatur. Bei diesem Buch habe ich auf Anhieb keinen Fehler oder Vertuschung gefunden. Damit meine ich das bewusste Verschweigen von kritischen Abspielen oder einzelnen Zügen. Beide Autoren haben sauber gearbeitet, sehr gut recherchiert und nichts geschönt. Gegen Avrukhs Grünfeldindischbuch bringen sie eine wertvolle Verbesserung und bei Kornevs Practical Repertoire umgehen sie in der Tschigorin-Verteidigung der dort empfohlenen Variante 1. d4 d5 2. c4 Nc6 3. Nc3 dxc4 4. d5 Ne5 5. f4 Ng4 6. e4 e5 7. f5 h5 8. Nf3 Bc5 9. Bxc4 Nf2 10. Qb3 Nf6 11. Qb5 Nd7 12. Rf1 Ng4 13. Bg5 Be7 14. Bd2 O-O 15. Bb3 Nc5 16. Qe2 und jetzt der von mir (um im letzten NIC veröffentlichte) gefundene Zug 16. …b5!! mit schwarzem Vorteil, mittels 4.Sf3.

Es gibt noch mehr solcher Beispiele und sie alle zeigen, dass 1.d4 siegt! ein mehr als brauchbarer Ratgeber für Turnier- als auch für Fernschachspieler ist.

Sehr gut fand ich die theoretische Einführung zu Beginn als auch die Musterpartien am Schluss. Durch die vielen verbalen Hinweise und Bemerkungen verliert man sich nicht im vorhandenen Variantendschungel, jedes Kapitel wird mit einem geschichtlichen Abriss eingeleitet und im Variantenteil findet sich ebenfalls viel erklärender Text. Sehr vorbildlich!

Aus meiner persönlichen Sicht kann ich das Buch ruhigen Gewissens jedem Turnierspieler empfehlen.

 

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.

Mittwoch, 07 Mai 2014 12:57

Magnus Carlsen

Dagobert Kohlmeyer
Magnus Carlsen - kam, zog und siegte
240 Seiten, gebunden, 1. Auflage 2014.

Der neue Weltmeister Magnus Carlsen erfährt mit dem neuen Buch von Schachjournalist Dagobert Kohlmeyer eine mehr als gelungene Würdigung.

In stabilem Festeinband und mit zahlreichen Fotos auf ein qualitativ sehr hochwertiges Papier lässt der Autor noch einmal die Entwicklung des einstigen Wunderkindes zum Weltmeister Revue passieren.

Dazu bediente sich Kohlmeyer 50 ausgewählter Partien Carlsens, sie zeigen den raschen Fortschritt vom opferwütigen Kleinkind bis hin zum abgeklärten Endspielsadisten. Zahlreiche Hintergrundberichte diverser Turniere und einige sehr lesenswerte Gastbeiträge (Jussupov, Gelfand, Wasjiukow, Shipov) erklären das Wunder Carlsen auf ihre ganz eigene Art. Ganz aktuell sind auch die WM-Partien gegen Anand und das anschließende Turnier in Zürich enthalten.

Für mich ein Pflichtprogramm für jeden interessierten Schachspieler und nebenbei ein Blickfang im heimischen Bücherregal!

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.

Mittwoch, 30 April 2014 06:48

Schachinformator 119

Chess Informant Team (Hrsg.)
Informator 119
- viking edition -
Kartoniert, 1. Auflage 2014.

Erhältlich bei Schach Niggemann 

Der neu erschienene Schachinformator 119 bietet wieder brandaktuelles Material aus den Turniersälen dieser Welt. Dazu gesellen sich zahlreiche weitere Beiträge wie zum Beispiel eine eingehende Betrachtung des WM-Kampfes Carlsen-Anand von GM Suat Atalik (14 Seiten), das Auftreten Carlsen in seinem ersten Turnier als Weltmeister (Zürich), viele theoretische Artikel und ein Beitrag von Michail Marin über Turmendspiele.

Einen sehr guten Einblick kann man sich hier verschaffen

Die traditionelle Wahl der besten Partie und der wertvollsten Neuerung aus dem vorherigen Band gewannen diese beiden Begegnungen:

Beste Partie:

Wertvollste Neuerung:

Wie gehabt bietet der neue Schachinformator sehr viele wertvolle Analysen von den absoluten Topspielern. Dazu gibt es auch noch die Rubriken Kombinationen, Studien, Endspiele samt Aufgaben und Lösungen.

Für den ambitionierten Turnierspieler sicherlich unverzichtbar. Aber auch für die reinen Schachliebhaber bietet der Band genügend unterhaltsamen Lesestoff und anregende Partien.

Für mich eine klare Kaufempfehlung! 

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.

Montag, 28 April 2014 11:04

Sabotage the Gruenfeld

Larry Kaufman
Sabotage the Grünfeld
A Cutting-Edge Repertoire for White based on 3.f3
187 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014. 

Erhältlich bei Schach Niggemann 

Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um einen Repertoirevorschlag gegen Grünfeldindisch mittels 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.f3. Der Autor des Buches, GM Larry Kaufman, hat dazu 55 relevante Partien eingehend analysiert und aus diesem Grundstock sein Anti-Grünfeld Repertoire gestrickt. Im Schlussteil gibt es noch einen Test mit 25 Aufgaben samt Lösungsbesprechung zu wichtigen Stellungen dieser Eröffnung.

Als ich das Buch gesehen habe, dachte ich mir: Oh mein Gott, schon wieder so ein marktschreierisches Eröffnungsschnellschussbuch mit hanebüchenen Versprechungen die (natürlich) nicht eingehalten werden können. In Zeiten, in denen sogar einstmals gefeierte Verlage wie Quality-Chess anscheinend der Beliebigkeit anheim gefallen sind, hat das Mittelmaß bei Schachbüchern Hochkonjunktur. Umso erfreulicher ist es dann, wenn man sehr positiv überrascht wird!

Das war bei mir der Fall als ich das Buch durchgesehen und teilweise durchgearbeitet habe. Ich habe die Analysen mit den neuesten Theoriedatenbanken und Eröffnungswerken (bis Schachinformator 119) verglichen, habe eine ganze Horde von Engines (Houdini, Stockfish, Kommodo) darauf angesetzt und bin letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass Kaufman hier eine sehr ansprechende Arbeit abgeliefert hat.

Wie er im Vorwort auch freimütig einräumt, hat er bei seinen Analysen ebenfalls Houdini und Kommodo (zur Zeit die stärksten Engines) eingesetzt und beide mindestens 15 Minuten an jedem Zug rechnen lassen. Damit ist die Fehlerquote bei den Analysen gleich Null. Das soll nicht heißen es wäre in Stein gemeißelte Wahrheit aber grobe Übersehen sind ausgeschlossen und der Weg in die richtige Richtung wird zumindest eingeschlagen.

Anhand eines kleinen Beispiels möchte ich das zeigen: Gegen die Empfehlung von GM Avrukh (Grünfeldindisch, Grandmaster Repertoire) 1. d4 Nf6 2. c4 g6 3. f3 d5 4. cxd5 Nxd5 5. e4 Nb6 6. Nc3 Bg7 7. Be3 O-O 8. Qd2 Nc6 9. O-O-O f5 10. e5 Nb4 11. Nh3 Be6 12. Kb1 Qd7 13. Nf4 Rfd8 (das ist eine Empfehlung von Avrukh in seinem Buch) analysieren Kaufman, Kommodo und Houdini nicht das von Avrukh vorgeschlagene 14.h4 (diese Variante endet besser für Schwarz) sondern den logischeren und nachvollziehbareren Weg mittels

14. a3! a5 15.d5 N4xd5 16. Ncxd5 Nxd5 17. Bc4 c6 18. Bb6 Rdc8 19. Nxe6 Qxe6 20. f4 a4 21. h4 mit etwas besserem Spiel für Weiß.

Von den 5 stärksten Computerprogrammen bevorzugen genau 5 den gleichen Weg den Kaufman hier beschritten hat. Während man bei Avrukh oft das Gefühl hat, er analysiert für „seine Seite“ (wer macht das nicht?) sucht Kaufman ganz objektiv und nüchtern Wahrheiten auch wenn er dabei seine eigenen eingeschlagenen Pfade oft als unklar bezeichnen muss.

Das Buch hadert nicht mit seinem Schicksal, in einer Zeit zu erscheinen, in denen Schachbücher oft lieblos und billig produziert und dafür umso teurer verkauft zu werden. Es stellt sich der Herausforderung, es bietet sehr sorgfältige Analysen und wohltuend unaufgeregte Ansichten.

Damit hebt es sich von anderen, vergleichbaren Werken, deutlich ab.

Zusammenfassend kann ich also sagen:

Das Buch ist nichts anderes als ein absoluter Gräuel für jeden Grünfeld-Spieler. 

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.

Samstag, 12 April 2014 03:24

Move by Move

Junior Tay
The Benko Gambit
Move by Move
336 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014.

und

Cyrus Lakdawala
The Alekhine defence
Move by Move
464 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014.

Erhältlich bei Schach Niggemann

In diesen beiden Bänden werden, wie in dieser Reihe üblich, auch scheinbar simple Dinge genauer angesprochen, deswegen auch der Untertitel „move by move“. Dabei werden zahlreiche Meisterpartien in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Eröffnungsbehandlung betrachtet. Nebenbei werden immer wieder Übungsaufgaben als auch Fragen zum vorhandenen Thema in den Raum gestellt. Die Antworten und Lösungen folgen darauf sofort und damit erfährt der Leser zeitnah ein Feedback auf seine Ideen. Die Bücher eignen sich für meinen Geschmack hervorragend zum eigenen Training oder auch im Schachunterricht im Verein.

Durch das Frage- und Antwortspiel, die Übungsaufgaben und die detaillierte Kommentierung wird der Leser sehr gut in das jeweils vorhandene Thema miteinbezogen und kann daraus sehr viel lernen.

Uneingeschränkt zu empfehlen.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.

Dienstag, 08 April 2014 05:59

Neulich im Internet

Neulich im Internet

Was tun, wenn gerade kein Livestream aus Khanty-Mansiysk verfügbar ist, sich alle Blitzschächer heute anscheinend frei genommen haben und zu allem Überdruss die Blogger auf Schach-Welt noch in der Winterstarre sind?

Man schaut mal bei Ebay vorbei, bietet im Überschwang der Gefühle zu einem horrenden Gebot auf ein lange gesuchtes Schachbuch und keine 3 Sekunden nach Gebotsabgabe bereut man seinen Gefühlsausbruch. Kurz danach hangelt man sich zum x-ten Mal durch die GoogleNews, studiert, egal wie unsinnig das Vorhaben auch sein mag, die Wettervorhersage für die nächsten 16 Tage und liest nebenbei sein chinesisches Horoskop.

Irgendwann, ich weiß nicht mehr wie oder warum, kam ich auf eine niederländische Archiv-Seite. Dort gibt es eine sehr große Anzahl von Dokumenten, 14 Millionen Fotos, 300000 historische Karten und noch vielem mehr. Unter diesem ganzen Datenberg fand ich, und jetzt wird es für Schachinteressierte wieder einigermaßen spannend, viele Fotos von holländischen Schachveranstaltungen aus vergangenen Tagen (z.B. die KRO-Wettkämpfe mit Jan Timman, die Tilburger Superturniere, WM-Halbfinale 1986 zwischen Timman und Jussupov u.v.m.).

Hier die Adresse:

http://www.gahetna.nl/en/collectie/afbeeldingen/fotocollectie/zoeken/weergave/grid/tstart/0/q/zoekterm/Timman/f/Geografisch_trefwoord/Noord-Brabant

Man sollte hier sich ruhig die Zeit nehmen und ein wenig stöbern, es gibt sehr viel zu entdecken!

Eine ähnliche Seite ist übrigens http://www.skakmyndir.com/

Auch dort findet man viele Fotos aus vergangenen Schachtagen.

Der Streifzug durchs Netz endete damit, dass ich bei Ebay glücklicherweise überboten wurde, ein paar Patzpartien auf dem Schachserver verlor und so ganz nebenbei mein chinesisches Horoskop bestätigte das da lautete: Der Narr tut, was er nicht lassen kann;
der Weise läßt, was er nicht tun kann.

Montag, 07 April 2014 03:51

Die neuen Syzygy-Tablebases

Eigentlich gibt es ja schon genügend Tablebases, was braucht es da tatsächlich noch ein neues Format?

Bisher am bekanntesten dürften die Nalimov-Tablebases gewesen sein. Der Vorteil des neuen Formats liegt am geringeren Speicherbedarf (ca. 150 GB inklusive 6-Steiner, die Nalimov-Tablebases dagegen 1,2 TB).

Ein weiterer Vorteil ist, dass die 50-Züge Remisregel berücksichtigt wird und der Zugriff sehr schnell erfolgt. Einen Nachteil will ich aber hier nicht verschweigen, eine Mattdistanz wird nicht mehr angezeigt.

Wie komme ich zu diesen neuen Tablebases und wie kann ich sie in mein Schachprogramm einbinden?

Zuerst muss man via Torrent (Das ist eine effiziente Art des Filesharings. Näheres dazu hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/BitTorrent.

Sie benötigen dazu ein Torrent-Programm, download hier) folgende Dateien von der Adresse http://oics.olympuschess.com/tracker/index.php

herunterladen (eventuell sind noch Freigaben in der Windows-Firewall und ggf. Portfreigaben im Router einzurichten.):

Syzygy 3-4-5 Individual Files (938,39 MB)

Syzygy 6men DTZ (81,39 GB)

Syzygy 6men WDL (67,83 GB)

Warnung:

Bei den Dateigrößen der 6-Steiner kann der Download allerdings schon einige Tage dauern! Bei mir hat es ca. 2 volle Tage gedauert trotz schneller DSL-Leitung, Geduld ist also angesagt!

Die erste Datei behandelt alle 3, 4 und 5 Steiner. Wem das reicht, kann es bei dieser Datei belassen. Die beiden nachfolgenden Dateien (DTZ und WDL) braucht man zusammen für die 6-Steiner, eine alleine nützt nichts!

Danach braucht man natürlich auch noch ein Schachprogramm, das die Syzygy-Bases unterstützt.

Meines Wissens nach gibt es derzeit nur zwei Programme, die dies aktiv unterstützen:

Houdini 4, käuflich zu erwerben z.B. hier und die kostenlose neueste Spezialversion von Stockfish, zum downloaden hier. Natürlich braucht man für Stockfish noch zusätzlich eine Oberfläche, eine sogenannte GUI, z.B. irgendeine neuere Fritz oder Rybka/Houdini Version.

Danach kopiert man die drei heruntergeladenen Syzygy-Dateien in ein separates Verzeichnis. Bei mir war es die externe Festplatte die auf dem Verzeichnis E: lief.

anleitung3

Dann den Pfad, der bei der Engine-Oberfläche (zuerst Engine laden, dann Erweitert und schließlich Engineparameter) angegeben werden muss, wie folgt eingeben (am besten mit Strg C und Strg V)

E:\SYZYGY-BASES\dtz;E:\SYZYGY-BASES\syzygy;E:\SYZYGY-BASES\wdl

 

Wichtig:

Bei mir lagen die Daten auf Festplatte E: im Ordner SYZYGY-BASES und dann jeweils in den Unterverzeichnissen dtz, syzygy und wdl.

Haben Sie Ihre Dateien auf C: oder heißt Ihr Ordner anders, müssen Sie das auch so im Vergleich zu oben abändern.

Danach sollten sie im Enginefenster den Zugriff auf die Tablebases sehen, (die Engine greift bereits im Mittelspiel bei reduziertem Material darauf zu) wie unten rot umrandet:

 anleitung 33

 

Übrigens: 2012 meldete die Universität Moskau, dass die Datenbanken mit sieben Steinen vollständig erstellt sind. Sie umfassen ca. 140 Terabyte…

Sonntag, 06 April 2014 03:10

The Empire strikes back

Der Quality-Chess Verlag musste in letzter Zeit hier einiges an Prügel einstecken. Doch genauso wie das Imperium bei Krieg der Sterne nach dem zerstörten Todesstern fighteten sie sich zurück und legten das nachfolgend zu besprechende Buch vor.

 

 

Boris Awruch
The Classical Slav
Grandmaster Repertoire 17
429 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014.

 

Erhältlich bei Schach Niggemann (http://www.schachversand.de/)

 

Diesmal brauchte GM Avrukh genau 34 Kapitel und 429 Seiten um ein Schwarzrepertoire anhand von Slawisch vorzulegen. Dabei geht es aber nicht nur um die Hauptvarianten wie 1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sc3 Sf6 4.e3 sondern auch um frühe Abweichungen von Weiß. Avrukh hat mit seinem neuesten Buch gleichzeitig ein Repertoirewerk als auch einen guten Überblick über Slawisch vorgelegt. Das er dabei die neueste Theorie wie auch vergleichbare Literatur zu Rate gezogen hat ist eigentlich selbstverständlich. Wie bei den bereits zuvor erschienenen Bänden sind die Analysen augenscheinlich sehr sorgfältig angefertigt worden. Viele ungespielte Neuerungen und Ideen sind genauso im Buch vertreten wie über den Haufen geworfene Bewertungen. Dabei macht Avrukh vor sich selbst auch nicht halt! Eine seiner Hauptvarianten aus Band 1 (1.d4) verbessert er hier zugunsten von Schwarz und revidiert also seine Meinung. Soviel zum Thema „ein Repertoire für ein ganzes Leben“. Das hinterlässt bei mir einen etwas faden Beigeschmack. Besitzer und Käufer der ersten Bände werden mit der Aussage vertröstet, der Autor habe sich die Sache etwas genauer angesehen und „erkannt, dass Schwarz gute Ausgleichschancen besitzt“. Das ist auch in Ordnung aber die Schachverlage sollten Eröffnungsbücher nicht immer anpreisen als seien es, in Fels gehauene, absolute Wahrheiten.

Das Buch selbst ist natürlich völlig in Ordnung. Topanalysen und viele neue Ideen machen aus dem Werk einen Repertoireratgeber der Extraklasse. The Empire strikes back!

 

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.

 

Samstag, 05 April 2014 10:50

Spezialvariante für Profis

Imre Hera, Ufuk Tuncer
A Cutting-Edge Gambit against the Queen´s Indian
176 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014.

Erhältlich bei Schach Niggemann

Eines muss man dem New in Chess Verlag schon lassen, mutig sind sie!

Bringen ein Buch heraus das über nur eine einzige Variante handelt. Ob dieses Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird…ich kann es momentan nicht beurteilen. Was ich aber sagen kann, die beiden Autoren GM Imre Hera und Ufuk Tuncer haben mit dem vorliegenden Werk eine richtige Fleißarbeit abgeliefert.

Aber der Reihe nach! Von was sprechen wir überhaupt? Es geht um die Variante 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 b6 4.g3 La6 5.Dc2 c5 6.d5.

In sage und schreibe 11 Kapiteln beleuchten die beiden Autoren diese Variante eingehend, dazu gesellen sich noch 12 sehr ausführlich analysierte Meisterpartien zum selben Thema. Die Analysen stecken voller neuer Ideen und ungespielter Neuerungen, viele alte Bewertungen müssen anhand dieses Buches neu geschrieben werden. Am Ende eines jeden Kapitels wird noch einmal das Wesentliche zusammengefasst und ein Resümee gezogen.

Ich persönlich kann über das Buch nichts Schlechtes sagen, die Analysen sind über jeden Zweifel erhaben (Hera ist Großmeister und Tuncer ein starker Praktiker, Computerexperte und Sekundant verschiedener Großmeister). Der Aufbau und auch die Gliederung der gesamten Variante ist vorbildhaft gelöst im Buch und auch sonst macht alles einen sehr runden Eindruck.

Ich hoffe, das Buch erfährt den Erfolg den es verdient, kann es mir aber anhand der Spezialisierung auf eine Variante schwer vorstellen.

Fazit:

Starkes Analysebuch über eine Spezialvariante mit vielen neuen Ideen!

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.

Sonntag, 23 Februar 2014 09:16

Veni vidi vici

Dieses Buch beschreibt noch einmal den Weg des jungen Norwegers Magnus Carlsen hin zum Weltmeistertitel. Den Anfang macht das Kandidatenturnier in London 2013. Dort trifft Carlsen auf Kramnik, Svidler, Gelfand, Radjabov, Aronjan, Grischuk und Ivanchuk. Eben dieser Ivanchuk soll letztendlich eine wichtige Rolle bei der Ermittelung des Herausforderers spielen! In einem unglaublich spannenden Finish reicht es zum Ende doch für Carlsens Turniergewinn, sehr zum Leidwesen von Exweltmeister Kramnik (der vielleicht das beste Schach in London zeigt).

Vassilios Kotronias

Carlsen´s Assault on the Throne
304 Seiten, gebunden, 1.
Auflage 2013.

Erhältlich bei Schach Niggemann

Dieser Teil wird im Buch mit 150 Seiten sehr ausführlich beschrieben und phantastisch bebildert von Anastasija Karlovich (Bilder in Farbe). Alleine dieser Abschnitt ist das Geld für das gesamte Buch wert! Hervorragende Analysen und umfangreiche Hintergrundberichte sorgen für ein exzellentes Lesevergnügen!

Den Hauptteil des Buches macht dann aber der eigentliche Titelkampf zwischen Vishy Anand und Magnus Carlsen aus. Die 10 Partien werden sehr ausführlich analysiert und kommentiert. Erfreulich auch, dass der genaue Zeitverbrauch pro Zug immer festgehalten wurde.

Auch hier gibt es zwischen den einzelnen Partien immer wieder umfangreiche Hintergrundberichte, Geschichten und Wissenswertes rund um das Match. Daneben sorgen, wie bereits erwähnt, die Farbfotos für ein sehr angenehmes Mitten-drinn-live-dabei-Feeling.

Über ein gutes Buch soll man nicht viel Worte verlieren, man soll es einfach lesen. Deswegen:

Carlsens´s Assault on the Throne ist ein exzellentes Turnierbuch über die Schach-WM 2013 das sich auf Augenhöhe mit Bronsteins „Zürich 1953“ oder Tal´s „Montreal 1979“ befindet!

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen. 

Donnerstag, 20 Februar 2014 10:29

The Diamond Dutch

Viktor Moskalenko
The Diamond Dutch
Strategic Ideas & Powerful Weapons
272 Seiten, kartoniert, 1. Auflage 2014.

Erhältlich bei Schach Niggemann

Das neueste Werk von GM Viktor Moskalenko (nach The Perfect Pirc-Modern, The Wonderful Winawer) widmet sich diesmal der Holländischen Verteidigung. Wer Moskalenko kennt, weiß, dass er nur über Sachen schreibt, die er auch ganz genau kennt. In diesem Fall über eine Eröffnung, die er selbst gerne und regelmäßig selbst anwendet. Von den 55 Partien im Buch sind 24 vom Meister höchstpersönlich kredenzt worden! Aber worum geht es eigentlich?

Moskalenko untersucht die Holländische Verteidigung von beiden Seiten aus, bespricht positionelle Feinheiten, geht auf taktische Fallstricke ein und gibt eine Anleitung, wie man mit beiden Farben diese Eröffnung besser handhabt. Dazu unterteilte er das Material in drei große Kapitel: Anti-Holländische Systeme (Staunton-Gambit, 2.Lg5 usw.), Stonewall/klassischer Holländer und Leningrader System.

Nachfolgend eine Partie aus dem Buch:

Petrosian,Arshak B (2480) - Moskalenko,Viktor (2440) [A90]

Lvov, 1988

1.d4 e6 2.c4 f5 3.Sf3 Sf6 4.g3 c6 5.Lg2 d5 6.0-0 Ld6 7.Se5 0-0 8.Lf4 Sg4 9.Sxg4 Lxf4 10.gxf4 fxg4 11.e3 Dh4 12.f3 g3 13.hxg3 Dxg3 14.Sd2 Sd7 15.Tc1 Sf6 16.De1 Dg6 17.c5 Ld7 18.Df2 Sh5 19.Kh2 Dh6 20.Dh4

e5

Schwarz am Zug

20. …e5!! 21.dxe5 d4 22.Sc4 dxe3 23.Sxe3 Dxf4+ 24.Dxf4 Sxf4 25.Tcd1 Le6 26.Kg3 Tae8 27.Tfe1 Lxa2 28.Td4 Sh5+ 29.Kf2 Txe5 30.Ta1 Ld5 31.Sxd5 cxd5 32.Txa7 Sf4 33.Lf1 Se6 34.Td1 Sxc5 35.b4 Se4+ 36.Ke3 Sg5+ 37.Kd4 Sxf3+ 38.Kc5 d4+ 39.Kd6 Tf6+ 40.Kc7 b5 41.Ta5 Te7+ 42.Kd8 Kf8 43.Lxb5 Se5 44.Kc8 Sc6 45.Lxc6 Txc6+ 46.Kd8 Td6+ 47.Kc8 Ke8 0-1

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, bei Moskalenko weiß man einfach, dass er Ahnung vom Schach und vom Bücher schreiben hat. Seine Erklärungen sind schlüssig und nachvollziehbar, seine Tipps und Ratschläge zeugen von großem Sachverstand und als Leser hat man immer das gute Gefühl, etwas dazu zu lernen. Das Buch kann uneingeschränkt empfohlen werden!

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Schach Niggemann überlassen.