Ukrainische Schönheiten

Heute möchte ich mal eine Art Homestory von mir bringen, indem ich erzähle, was bei mir schachlich so anliegt.

In den letzten zwei Jahren hat bei mir das "normale" Schachspiel, was mein persönliches Interesse anbetrifft, wieder mit dem Problemschach gleichgezogen. Grund dafür ist einerseits, dass ich inzwischen im Problemschach vieles gesehen habe und sich dann doch bisweilen einige Motive etwas arg oft wiederholen. Dazu trägt auch bei, dass nur wenige Stücke im von mir bevorzugten Stil komponiert werden. Andererseits bietet Partieschach momentan auch einiges an. Im Profibereich waren Giris Siege im Schnellschach gegen Kramnik und Adams mit der SOS-Eröffnung 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Sc3 Sc6 4.h3 Lb4 5.Ld3 ein absoluter Leckerbissen und dann durfte ich gestern noch dabei sein, als mein Mannschaftskamerad in der folgenden Stellung das unglaubliche 21.-Txf2 entkorkte. Man beachte, dass dann 4 schwarze Figuren auf der 2. Reihe stehen. Leider hätte es das etwas profanere 21.-Lxe4 auch getan.

Usachiy Hachtmann

Im Problemschach herrscht hingegen etwas Flaute, zumindest was mein kompositorisches Schaffen anbetrifft. Stattdessen bin ich auf anderen Gebieten für die Schachkomposition im Einsatz. So findet die Deutsche Einzelmeisterschaft im Problemlösen 2015 in einer benachbarten hübschen Stadt an der Leine statt, organisiert durch mich. Derzeit wird diese Veranstaltung sogar auf der Seite des Schachbunds erwähnt und es wird mit Freiplätzen gelockt. Gerade die regelmäßigen Löser hier sind natürlich herzlich eingeladen, der niedersächsischen Landeshauptstadt zu diesem Zweck Mitte April einen Besuch abzustatten. Insgeheim träume ich noch davon, den Deutschen Meister im Partieschach dazu bewegen zu können, teilzunehmen, aber die Chancen sind natürlich gering. Zum einen haben nur wenige Großmeister darauf wirklich Lust, zum anderen würde das wohl auch nicht ganz billig für mich. 

Darüber hinaus hatte ich gerade meinen ersten Einsatz als Preisrichter. Es waren die Selbstmatts auszusuchen, die es in das Album der ukrainischen Problemschachfreunde schaffen sollten. Die Alben sollen eine Sammlung der schönsten Stücke eines Dreijahreszeitraums darstellen.

In der Ukraine gibt es recht viele Komponisten, so dass es für mich über 300 (!) Kompositionen zu sichten und zu bewerten gab. Am Ende schafften es über 100 Stücke, im Album berücksichtigt zu werden, was aber vor allem daran lag, dass der andere Preisrichter wirklich extrem großzügig war. Die Regeln lauten bei so etwas, dass jedes Stück mit 0 (Stück ist irregulär oder komplett vorweggenommen) bis zu 4 (eines der besten Stücke aller Zeiten) Punkten bedacht wurde und wenn die Summe aus den Urteilen der beiden Richter größer oder gleich 5 ist, wird es berücksichtigt. Es waren einige gute Stücke dabei - ukrainische Schönheiten, wie sie ja einst schon von den Beatles (Back in the USSR) besungen worden sind.

Vorstellen möchte ich das Stück, das mit 7,5 Punkten einsam an der Spitze des Feldes lag.

Koziura Fomichev Kopyl s8

Dies ist eine Koproduktion der Herren Koziura, Kopyl und Fomichev. Es erhielt vom anderen Preisrichter 4 Punkte, ich zog einen halben Punkt ab, weil ich es eigentlich nicht mag, wenn der Schwarze nur seiner Zugpflicht genügt und sonst nicht viel zu sagen hat. Trotz dieses Mangels handelt es sich um eine absolut geniale Komposition mit zwei echoartigen Abspielen, die wirklich verblüffend sind (das ist auch schon eine kleine Hilfestellung).

Die Aufgabe lautet Selbstmatt in acht Zügen. Weiß zieht also an und forciert das eigene Matt im achten Zug. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie schwierig es hier ist, die Lösung zu finden. Man sollte zunächst versuchen, die Mattbilder zu erahnen, dann könnte es eventuell schaffbar sein, ansonsten können hier auch gerne Halbwahrheiten und Mutmaßungen gepostet werden und im Zweifel greife ich auch nochmal helfend ein.

Kommentare   

#1 joerg005 2014-12-11 16:40
Bin pikiert und streike weiterhin.
Kommt mir bei diesem Chaos-problem absolut zupass.
edit: Na gut, gibt einfach zuviele Anfangsideen wie e3, e4, h4, Tc7+, Td8+ oder irgendwas anderes, um den Tc8 schlagen zu lassen.
#2 Losso 2014-12-12 20:37
Nun ja, ich sprach von zwei echoartigen Abspielen. Das bedeutet, dass Schwarz nach dem ersten weißen Zug exakt zwei Züge zur Auswahl hat, danach durchgängig nur einen Zug. Patt setzen sollte man Schwarz allerdings nicht.
Die Mattbilder zeigen eine interessante Achsensymmetrie. Wenn Du die Mattbilder erahnst, ist das die halbe Miete.
#3 joerg005 2014-12-13 02:23
Das Echo hört ich wohl.
Nur war mir nicht klar, dass dies ab dem ersten Zug zu erfolgen hat. Also z.B. 1.b8S+ und erst dann das Echo, nicht den Anforderungen genügt.
Habe trotzdem nicht die geringste Idee, wie das gelingen soll.
#4 joerg005 2014-12-13 06:39
Zum nicht Pattsetzen, war gewaltig schachblind und sah den weissen b-Bauern andersrum ziehend, also den Tc8 ungedeckt.
Habe trotzdem weiterhin nicht die geringste Idee, wie das gelingen soll.
#5 easyrider 2014-12-13 10:06
Finde keine Zugang hierzu, hat auch nicht so viel mit Normalschach zu tun. Habe vielmehr daran zu knabbern, dass ein gewisser Herr Kramnik während des Turniers in London behauptet hat, Königsindisch sei "unsound" ... Was soll ich jetzt machen? Spiele ich seit Jahrzehnten. Kann nicht mehr schlafen. :eek:
#6 joerg005 2014-12-13 10:15
" Unsound "? Meint er vielleicht Vibrationsalarm, von wegen 'musse aufpassen'? :eek:
#7 Losso 2014-12-13 21:02
Also für alle Spieler unterhalb 2600 ELO dürfte selbst eine veröffentlichte Widerlegung von Königsindisch (geht dann ja mutmaßlich über viele Seiten) praktisch völlig belanglos sein.
Jetzt ein großer Tipp: das Selbstmatt zeigt zwei Varianten, in der einen wird der weiße König auf a2, in der anderen auf h2 matt.

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