Springerbömbchen

Vier Beispiele aus meiner jüngeren Praxis, wie ein einfaches Springeropfer in einem gut gedeckten Punkt plötzlich die ganze Verteidigung wie ein Kartenhaus zusammenstürzen lässt:

Ilja Schneider  - Alexander Onischuk, ECC Ohrid 2009

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Der US-Großmeister, der mich bis zu diesem Moment bereits überspielt hatte, hatte hier die freie Auswahl zwischen allem Möglichem (etwa 26...Df6!), aber nur nicht 26...Dc7?? 27.Dxc7 Txc7 28.Sxc5! (Das Thema des Beitrags) 28...Txc5 29.Txd4.


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Und Weiß gewann die Figur zurück und später auch das Endspiel.

Vor einigen Tagen hatte ich fast den identischen Trick auf dem Brett, aber diesmal sollte es nicht sein:

Ilja Schneider - Eva Moser, Bundesliga Österreich (6) 2010/11

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Geplant war hier vorher 22.Txd8 Txd8 23.Te1 mit Gewinn des Bauern e5, da nach 23...f6 ja 24.Sxe5 fxe5 25.Txe5 folgen sollte, in Analogie zur Onischuk-Partie. Zum Glück entdeckte ich noch rechtzeitig 25...Sd5 26.Lb3 Lc6, wonach Weiß einfach eine Minusfigur verwalten muss und spielte 22.Tfd1, aber zum Sieg reichte auch das nicht aus. Die Partie endete nach langem Kampf remis.

Schade, denn 2 Tage vorher hat es ja auch noch geklappt:

Ilja Schneider - Julian Geske, Bundesliga Österreich (4) 2010/11

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Stellung nach 24. - Kf8

Ich hatte nichts aus der Eröffnung herausholen können, stellte nun aber die Falle 25.Td3!? Julian nutzte prompt die Chance, endlich seinen Läufer von c8 zu entwickeln - und das mit Tempo!- und sollte es sehr schnell bereuen.

25...Lf5? 26.Sxc5! Diesmal ist der Zug schon eher ein Knaller und kam hier für meinen Gegner buchstäblich aus heiterem Himmel. Nun musste er sich entscheiden, welches der 4! schlechten Endspiele er wählen sollte:

a) 26...Lxd3 27.Sd7+ Ke8 28.Sxb8 Lxc4 29.bxc4 a5 30.Sc6 ist verloren

b) 26...Lxc5 27.Td5 Lxf2+ 28.Kxf2 Le6 29.Tc5 Lxc4 30.Txc4 macht auf keinen Fall Spaß und ist vermutlich verloren.

c) 26...Lxc5 27.Td5 Te8!? 28.Txf5 Te1+ 29.Lf1 Ld4 macht noch weniger Spaß, aber könnte vielleicht haltbar sein, bedingt durch die Ungleichfarbigen. Er sollte genau so spielen.

d) war die Partie. 26...Lxc5 27.Td5 Lb1. Er scheint sich an meinem Damenflügel gütlich zu tun, aber nach 28.Txc5 Lxa2 29.Tc7 Lxb3 30.Txf7+ Ke8 31.Th7! Tb6 32.Lxb3 Txb3 33.g3 nebst Schlagen auf h6 lautete der Konsens aller Anwesenden, dass das Turmendspiel vermutlich einfach verloren war, wie es am Ende nach weiteren schwarzen Ungenauigkeiten auch geschah. Schade für Geske, denn im 25. Zug führte jede normale Fortsetzung wie etwa 25...Ke7 zu purem Ausgleich.

Noch mehr geärgert haben dürfte sich aber mein Gegner aus der folgenden Begegnung, denn ich hatte schon fast die Finger an meiner Dame...

Christoph Frick - Ilja Schneider, Böblingen (7) 2010

schnfrick

 
Frick hatte gerade listig 25.f4 gezogen und wollte mich dazu provozieren, meinen Plan 25...Dg8 auszuführen. In der Tat scheint der Damentausch ja erzwungen, aber danach sollte sich die bessere schwarze Leichtfigur und die bessere Bauernstruktur im Endspiel doch durchsetzen. Oder? Was sagt eigentlich der "schlechte" weiße Springer dazu?

Jedenfalls konnte ich mich gerade noch zusammenreißen, zog 25...b6! und gewann die Partie später nach einem kapitalen weißen Schnitzer.

Mögen die Springerbömbchen explodieren!

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