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Schachturniere in Österreich - St Veit an der Glan oder: Wo ist die Krennwurzn, wenn man sie mal braucht?

Der Ösi an sich ist ein lässiger Typ Der Ösi an sich ist ein lässiger Typ Dennis Calder

Zu Ehren des immer kreativen Schreibers (beachte: „Schreiberling“ ist ein bei einigen Lesern negativ besetzter Begriff, daher heute mal ein anderer Begriff) Olaf S. aus dem sehr niedrig gelegenen B. wurde der nachfolgende Beitrag im Frage- und Antwort-Stil verfasst:

 

Um welches Turnier geht es?

Das nach der Traditionsuhrenmarke benannte Jacques Lemans Open ging im südösterreichischen St. Veit an der Glan bei Klagenfurt in Kärnten vom 9.-16.7.2016 in seine 35. Jubiläumsausgabe (www.stveitopen.at). Es wurde quasi in 3 Gruppen gespielt: Offen, bis Rating 2000 und jünger als Jahrgang 2001 und gleichzeitig unter Rating 1600.

 

Was gab es für Preise?

Wenig überraschend war Jacques Lemans auch Hauptsponsor und spendierte zahlreiche Uhren für verschiedenste Gewinner. Es gab neben sehr ordentlichem Preisgeld für die ersten 8 Spieler des A-Turniers (1200 Euro + eine JL Uhr für ca. 500 Euro für den Gewinner des A-Turniers) auch 6 Sonderwertungen für Senioren, Damen und bestimmte Ratings. Auch im B-Turnier wurden üppig Preise ausgeschüttet, beim Jugend-Open gab es zahlreiche Sachpreise. Für ein Startgeld von 50 Euro geradezu exzellent. Dazu gab es noch eine Teamwertung für Vierer-Teams.

 

Sonst noch Goodies, Hauser?

Ja, Kienzle: Am ersten Samstag gab es anlässlich der einzigen Doppelrunde des Turniers am Nachmittag ein Gratis-Grillen für alle Spieler. Außerdem gabs vergünstigte Hotelpreise im Blumenhotel nebenan (Preis-Leistung war sehr gut, nur die Internetverbindung war noch verbesserungswürdig), Rabatte für die städtischen Hallen- und Freibäder und eine Verlosung von 10 nicht gerade billig zu nennenden Preisen unter denjenigen Teilnehmern, die eine Woche vor Beginn schon das Startgeld überwiesen hatten.

 

Wie war der Spielort?

Angenehm: Große Kongresshalle, gut (!) klimatisiert. Trotz über 230 Teilnehmern, darunter 12 % weiblich und zahlreichen kleinen Kindern (Jugend-Open) erstaunlich leise. Der Ösi weiß sich augenscheinlich bei Schachturnieren zu benehmen. Saubere Toiletten, so weit das bei Schachturnieren mit so vielen Spielern möglich ist, gute und günstige Verpflegung und Analysebretter direkt nebenan und ein Schachhändler, der neue und alte Lektüre im Angebot hatte. Platz am Brett und zwischen den Brettern gab es auch genug.

 

Hatten die Schiedsrichter Eier oder waren es Nieten?

Mir ist nur ein einziger Streitfall bekannt: Ein Spieler hat versehentlich einen illegalen Zug gemacht, als beide Seiten noch eine Menge Zeit hatten, der andere Spieler protestierte und meinte, er hätte analog Blitzregeln gewonnen. Der Schiri klärte gelassen auf, verwies auf die Zeitgutschrift und fertig war die Sache. Sehr souverän!

 

Wann wurde gespielt?

Immer abends um 19 Uhr, nur die zweite (Doppelrunde Samstag) und die letzte Runde wurden um 10 Uhr gespielt. Für mich war das zu spät am Abend und einer der Gründe, weshalb ich ab 22 Uhr anfing, meine guten Stellungen wegzuwerfen. Nachteulen dürften sich gefreut haben.

 

Wo war die Krennwurzn, als ich sie brauchte?

Nachdem ich die über 800 km Anreise hinter mich gebracht hatte, rechnete ich fest damit, dass die Krennwurzn auch mitspielen würde, immerhin war es ein großes Turnier und dann auch noch in Österreich. Zumindest ging ich davon aus, dass Krennwurzn mal vorbeischauen und sich persönlich offenbaren würde, wir schreiben ja hier schließlich kollegial zusammen.... Das absolut Mindeste hätte aber sein müssen, dass Krennwurzn den Turnierverlauf verfolgt, sieht, dass ich das lausigste Turnier seit vielen Jahren spiele, sich auf den Weg nach St. Veit macht und mit mir gemeinsam eine Sauftour des Vergessens startet, schließlich hat er Heimvorteil. Ich hätte auch die Zeche gezahlt. Aber nein, er blieb einfach weg. Eine Unverschämtheit und wenig gastfreundlich! Na ja, wahrscheinlich hab ich es so verdient....

 

Wo waren die stärksten Schach-Ösis?

Schachspieler Arnold Schwarzenegger kommt zwar aus dem nicht besonders weit entfernten Graz und spielt laut chess.com gegen Pirc den österreichischen Angriff, war aber ebenso wenig vor Ort wie Markus Ragger, der quasi nebenan aufgewachsen ist (sagte mir ein Österreicher). Auch der legendäre Aljechin-Versteher (über 80 % Quote, leider mit Weiß gegen Aljechin!!!) IM Ernst Weinzettl verzichtete auf einen Besuch und erschütterte damit meine Zuversicht, nach Jahrzehnten der vergeblichen Suche, endlich ein Autogramm von ihm auf einem Aljechin-Buch oder meinem Brett zusammen mit Gelfand, Romanishin und Korchnoi zu ergattern. Fehlanzeige! Der Boykott dieser österreichischen Schachgötter sollte den Veranstaltern zu denken geben und erinnert ebenso unweigerlich wie fatal an den Olympia-Boykott der nicht gedopten russischen Athleten bei den gestarteten Spielen in Rio. Trotzdem steht der Termin für das nächste Jahr bereits fest.

 

Sonst noch was?

Nö. Eigentlich war´s schön: Tolle Landschaft, super Weine und Bier-Europameister (die Hirter Brauerei ist ganz in der Nähe und macht völlig zu Recht prämiertes Bier), gutes Wetter, bis auf einen Sturm, der innerhalb einer halben Stunde ein ganzes Dach abdeckte und damit einige Autos der Teilnehmer demolierte, nette Leute. Ach ja: Wer die Kontaktdaten von IM Ernst Weinzettl kennt und mir zuleitet, muss im Erfolgsfall (siehe oben) mit einer Belohnung oder Lobpreisung rechnen!

Dennis Calder

Engagierter Schach-Spüler mit Hang zu salopper und ironischer Ausdrucksweise. Außerdem noch Fide-lizenzierter Trainer (Fide Instructor) und Buch-Rezensent.

Kommentare   

#1 Krennwurzn 2016-08-06 22:05
Alte Krennwurzn Regel: Außentemperatur höher als 20 Grad -> KEIN Turnierschach

Österreich ist zu schön, um im Sommer Schach zu spielen - gilt für Krennwurzn

Außerdem St. Veit an der Glan ist auch von mir ca 250 km entfernt und nicht mal gleich nebenan ;-)

Hirter Bier liebt die Krennwurzn
http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/601685/Hirter-BierWerbung_Jetzt-mit-nackten-Maennern
#2 Olaf Steffens 2016-08-07 09:20
Lieber Dennis,
ein schöner Bericht, vielen Dank!
Ich selber fahre leider schon einige Zeit nicht mehr zum Schach nach Österreich, aus Angst vor der Enttäuschung, die mythische Krennwurzn nicht zu treffen. Wie sich an Deiner Schilderung zeigt, ist diese Sorge auch nicht ganz aus der Luft gegriffen. Obwohl, was wären denn schon 250 km, wenn man mal ein (Hirter) Redaktionsbier zusammen trinken kann? :cry:
Das letzte Mal Schach in Austria war leider schon in 2004, auch damals schon ohne jegliche Krennwurzn. Hinzu kam noch, dass es in Oberwart nicht viel mehr Berge gibt als in der Bremer Schweiz, so dass es auch unter alpinen Gesichtspunkten nicht so richtig österreichisch war. Das Turnier allerdings war klasse, und alles andere auch!

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