Kann Alexei Shirov Gedanken lesen?

Shirow Simultan Hamburg 2005 Shirow Simultan Hamburg 2005

Ich möchte hier mal eine Frage einwerfen, die mich schon seit geraumer Zeit beschäftigt. Es ist nun nicht so, dass ich deswegen schlaflose Nächte hätte, aber ich finde einfach keine brauchbare Erklärung. Da mir Jörg Hickl hier unvorsichtigerweise ein Forum für meine Verschwörungstheorien eingeräumt hat, werde ich nun die Schachwelt-Leser damit belästigen.

Es war im Jahre 2005. Der Hamburger Schachklub feierte sein 175jähriges Vereinsjubiläum mit der Ausrichtung des Hamburger Schachfestivals. Zum Rahmenprogramm gehörte u.a. eine Simultanveranstaltung mit Alexei Shirow. Ich hatte das Glück, einen der begehrten  (ca. 30) Teilnehmerplätze zu ergattern. Noch niemals zuvor hatte ich bei einer Simultanveranstaltung gegen einen Großmeister spielen dürfen. Auch bei meinen bisherigen Open-Teilnahmen hatten sich die Herren GM vor einem direkten Aufeinandertreffen mit mir gedrückt. Stets verkrümelten  sie sich auf der gegenüberliegenden Seite des Spielsaals. Aber jetzt war meine große Stunde gekommen! Entsprechend hochmotiviert bereitete ich mich auf die Partie vor. Da Shirow zu dieser Zeit ausschließlich 1.e4 spielte, war dies eine überschaubare Aufgabe, zumal ich damals mit Schwarz Skandinavisch spielte und man Shirows Partien gegen 1...d5 an einem Finger abzählen konnte. Aber immerhin wurde dieser Partie in dem Standardwerk von Matthias Wahls sogar ein eigenes Kapitel gewidmet. Schließlich fand ich mit Hilfe meines digitalen Beraters eine geniale Neuerung, die das Brett nicht bloß in Flammen gesetzt hätte, sondern eine wahre Feuerwalze gegen den weißen Monarchen losgetreten hätte. Mit meinem Flammwerfer bewaffnet, setzte ich mich also an das Brett. Der Großmeister begann seinen Kreis zu ziehen und schlug wie erwartet stets mit dem Königsbauern auf. Schließlich stand er am Nebenbrett: 1.e4. Dann kam er zu mir, wir begrüßten uns per Handschlag, Shirow zögerte kurz und zog 1.d2-d4!! Ich dachte, ich habe mich verguckt. Aber da half kein Augenreiben oder Armkneifen. Der weiße Königsbauer stand immer noch brav vor seinem Boss. Inzwischen hatte Shirow die erste Runde beendet und an den restlichen Brettern wieder ausschließlich 1.e4 gezogen. Zu meiner Linken stand sogar wie zum Hohn ein Skandinavier auf dem Brett. Ich fragte mich natürlich nun, was hier gerade vor sich gegangen war? Wusste Shirow von meinem Vorhaben? Hatte er einen Spion in meinem Vorbereitungsteam? Wohl eher nicht, das hätte dann ja ich selbst sein müssen (setzt natürlich voraus, das ich keine gespaltene Persönlickeit besitze). Oder konnte Shirow meine Gedanken lesen? Warum schaffte er das dann aber nur bei mir und z.B. nicht bei Kramnik? Oder war es nur ein Fingerfehler? So eine Verwechslung könnte  schließlich auch dem besten Großmeister einmal passieren. Ich hatte tatsächlich kurz überlegt, ob ich in seiner Abwesenheit den „Irrtum“ korrigieren sollte. Da ich mich aber nicht getraut habe, wird dieses Geheimnis wohl nie gelüftet werden und somit  seinen Platz neben den anderen großen Rätseln der Menschheitsgeschichte (Wer ermordete J.F.K.? Gibt es außerirdisches Leben? Warum stehe ich im Supermarkt immer an der langsamsten Kasse?) einnehmen.

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Alexei Shirov                                                                         Foto: Frank Jarchov

Unsere Partie wurde übrigens eine einzige Farce und lohnt nicht der Wiedergabe (ansonsten wird mein Sendeplatz hier womöglich doch wieder gestrichen oder weit nach Mitternacht verlegt). Deshalb beschließe ich den Beitrag mit einer anderen Simultanpartie. Sie soll ebenfalls in Hamburg gespielt worden sein. Quizfrage: Wie hieß der damalige Simultanspieler? Kleiner Tipp: Die Partie stammt aus dem Jahre 1911. Vorschläge bitte als Kommentar.

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