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Endspielmagie - Studien für die Praxis (Folge 03)

Jindrich Sulc (1911 - 1998) Jindrich Sulc (1911 - 1998)

Von Dr. Oliver Höpfner, Bremen

In der dritten Folge der kleinen Kolumne „Endspielmagie - Studien für die Praxis“ möchte ich diesmal eine der Lieblings-Studien der russischen Trainer-Legende Mark Dworetski (1947 – 2016) vorstellen.

Wie schon in der ersten Kolumne ausgeführt, war auch Dworetski ein großer Freund praxisnaher Studien. In seiner Einführung in die Zauberwelt der Schachstudie in dem Buch "Studien für Praktiker" aus dem Jahre 2009 schrieb Dworetski in der Einleitung des Werkes (S. 9) zu seinem persönlichen Geschmack bei Studien folgendes:

Ein riesiges Vergnügen bereiten jedem Schachspieler kurze Studien mit spektakulären und unerwarteten Ideen.“

Dworetski bezeichnete solche Aufgaben als „Kleine Perlen“ und zeigte solche Studien deshalb in der Einleitung des oben erwähnten Studienbuches. Es sind Kompositionen, die den Leser für das Thema der Schachstudie begeistern sollten.

Eine dieser kleinen Perlen von Dworetski aus dem Buch ist die folgende elegante kleine Studie des tschechoslowakischen Studienkomponisten Jindrich Šulc (22.3.1911 – 3.12.1998).

Šulc, der Schach mit 10 Jahren lernte und einer der führenden Spieler seines Heimatvereins „Lokomotiva Pardubice“ war, komponierte im Laufe seines Lebens weit über 100 Schachstudien und Schachprobleme.

Die folgende Komposition von Šulc aus dem Jahre 1941 fand bei Dworetski sowohl Aufnahme in sein Buch "Studien für Praktiker" als auch in sein weltberühmtes Endspiel-Standardwerk „Die Endspieluniversität: Essentielles Endspielwissen für Amateur und Profi“ (Erstauflage aus dem Jahr 2002).

Sulc

Wie kann Weiß in der Diagrammstellung seinen a-Bauern zur Umwandlung und damit zum Sieg führen? Die Aufgabe ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint und man muss schon ein wenig Fantasie haben für die richtige Lösung des Problems. Es ist ein wahrhaftiger „Probierstein des Gehirns“, wie es Johann Wolfgang Goethe einmal in Bezug auf das Schachspiel formuliert hat.

Viel Spaß bei der Lösung der Aufgabe.

***
Nun wird es Zeit für die Auflösung - auch wenn im Kommentarbereich ansich ja schon alles hervorragend gelöst und aufgeschlüsselt wurde. Hier die Varianten!

 

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

Kommentare   

#1 MiBu 2021-03-09 08:51
Nun, das naheliegende Vorgehen wäre natürlich z.B. 1.Lc8 Ta1 2.Lb7 und dann mit dem König loslaufen. Das scheitert aber an 2.-Ta4 3.Kf8 Kf2 4.Ke8 Txa6. Bringt Weiß den Springer in Sicherheit, bevor er von Turm und König dominiert wird (also 2.Sf4), kann der sK Richtung b6 losrennen und Txa6 unterstützen, das reicht auch nicht.
Die tatsächliche Lösung ist kurz und knackig und hat ebenfalls mit Domination zu tun..
#2 MiBu 2021-03-17 17:08
Sehr schade, dass sich hiermit kaum jemand beschäftigen möchte. Die Lösung besteht in dem überraschenden 1.Sf4+!!. Der gleichzeitige Angriff auf dem Turm erzwingt natürlich 1.-Txf4, und dann folgt die Pointe 2.Ld7! (nur noch ein !, da man den Zug schon bei Sf4 sehen muss). Der Turm kann zwar regeltechnisch auf die maximal möglichen 14 Felder ziehen, aber keines ist geeignet, den Bauern an der Umwandlung zu hindern. Eine brillante Miniatur!
#3 MiBu 2021-03-17 17:10
PS: in einer praktischen Partie würde das wohl auch die Weltspitze übersehen, der Hinweis "Studie" macht natürlich aufmerksam, dann kann man es auch als Normalsterblicher finden.
#4 Olaf Steffens 2021-03-19 15:37
Hübsch, hübsch, Mibu, Dir entgeht hier nichts! Sf4+ ist sehr elegant, die Nerven müsste man erstmal haben, das zu spielen - und so sicher sein, dass Ld7 dann wirklichwirklich gewinnt. Sonst gäb's Ärger vom Mannschaftsführer!
#5 Thomas Richter 2021-03-20 09:33
Ärger vom Mannschaftsführer gibt es wohl nicht: wenn 1.Sf4+ doch nicht funktioniert, dann ist es eben Remis - wie nach allen anderen ersten weissen Zügen.
Ein Spieler der erweiterten Weltklasse, der sich viel mit Endspielstudien beschäftigt (z.B. Matthias Bluebaum), findet so etwas vielleicht auch in einer praktischen Partie.
Ich hatte mich auch mit der Studie beschäftigt und habe Sf4+ gefunden, bzw. mein Stockfish hat es gefunden. Da war ich auch mal Cheater, in eigenen Partien nicht - bin ja kein Jugendlicher und auch von denen machen es wohl nur wenige, unter Erwachsenen ist es sicher auch Ausnahme zur Regel.
#6 Olaf Steffens 2021-03-20 11:47
Und damit bestätigt sich die goldene Turnierregel:
Erstmal ein Schach geben, danach kann man weitersehen.

Und schon hat man den ersten Zug!
#7 Krennwurzn 2021-03-21 08:58
Die Lösung findet man bis 7-Steine
https://syzygy-tables.info/?fen=6K1/8/P7/8/8/7B/4k1N1/5r2_w_-_-_0_1
#8 Olaf Steffens 2021-04-27 22:01
Damen und Herren,

die Lösung zu Oliver Höpfners 3.Studienecke sind online!

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