Kann ein Fisch ein Früchtchen sein?
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Mittwoch, 02 März 2011 12:24

Kann ein Fisch ein Früchtchen sein?

In diesen Tagen scheint die Frage „wer von wem abgeschrieben hat“ sehr aktuell zu sein. Ein deutscher Minister musste wegen Abschreibens zurücktreten, aber auch in der Welt des Computerschachs halten sich hartnäckige Gerüchte, dass nicht alle Engines aus der Feder des jeweiligen Autors stammen.

  

Früher war – natürlich möchte man fast sagen – alles viel einfacher: es gab das von Dr. Hyatt programmierte Crafty dessen Code sich jeder frei anschauen kann und auch verwenden durfte und darf, wenn er sich an die Lizenzvorgaben hält.

 

Die restlichen Engineprogrammierer waren alle kommerziell unterwegs und verkauften ihre Produkte entweder selbst und/oder über Hersteller von Schachcomputer bzw. später als PC-Software. Die Szene war sehr übersichtlich und so manche Eifersüchteleien und Spionagevorwürfe waren nur Insidern bekannt.

 

Dann kam aber 2004 das Programm Fruit von Fabien Letouzey auf den Markt und schnell spielte es stärker als die arrivierte Konkurrenz und schockte damit die Schachwelt. Doch Mitte 2007 hat der Autor das kommerzielle Projekt eingestellt und die Software unter GPL Lizenz inkl. Sourcecode veröffentlicht.

 

Ein wesentlicher Teil dieser Vorgaben nach der GPL Lizenz ist, dass aus freier Software nur freie Software entstehen darf – es ist also ein Verstoß gegen die GPL Lizenz aus freier Software oder Teilen davon kommerzielle Software zu erstellen.

 

Fruit wurde von der breiten Schachöffentlichkeit gar nicht wahrgenommen und wäre wohl nur eine Fußnote der Geschichte geworden, wenn nicht just zu jener Zeit der Aufstieg von Rybka des Programmierers und IMs Vasik Rajlich begonnen hätte. Da die Spielstärke Rybka's derart über den arrivierten Programmen lag, konnte auch die beste Marketingmaschine nicht verhindern, dass bald schon jedermann wusste, welches Programm der Maßstab in der Schachwelt ist – denn seit 2007 hat Rybka die World Computer Chess Championship (WCCC) immer gewonnen.

 

Und schon fast solange halten sich die Gerüchte, dass Teile von Rybka nicht vom Autor selbst stammen. Erst als der Rybkaautor sich beklagte, dass sein erfolgreiches Programm selbst geklont würde, meldete sich Fabien Letouzey zu Wort und sagte, dass er bei dem Klone Strelka - dessen Sourcecode veröffentlicht wurde - Ähnlichkeiten zu Fruit erkennen würde. Die Klonediskussion erhitzte die Gemüter und die Tastaturen der Forenschreibern glühten, aber im Wesentlichen passierte nicht viel.

 

Doch nun haben sich zwölf Schachprogammierer (Fabien Letouzey, Zach Wegner, Mark Uniacke, Stefan Meyer-Kahlen, Ed Schröder, Don Dailey, Christophe Theron, Richard Pijl, Amir Ban, Anthony Cozzie, Tord Romstad, Ralf Schäfer, Gerd Isenberg, Johannes Zwanzger) in einem offenem Brief an die ICGA (International Computer Games Association) gewandt und fordern diese auf, die Angelegenheit zu prüfen. Und nun interessieren sich nicht nur mehr die Schachmedien für die Causa sondern auch heise online berichtet darüber - kommt da etwa nach Jahren ähnlich wie bei Googleberg etwas Unaufhaltsames ins Rollen?

 

Und da sind wir bei der Anfangsfrage angelangt: Darf man die Arbeit von anderen im digitalem Zeitalter einfach kopieren und als die eigene ausgeben?

 

Oder einfacher: Kann ein Fisch ein Früchtchen sein?

 

Nachtrag 4.3: Auch der Spiegel Online berichtet unter: Programmierer vermuten Intelligenzklau

Präsidentschaftskandidat Hans-Jürgen Weyer im Interview
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Vor einigen Wochen wurde deutlich, dass Professor von Weizsäcker für eine weitere Amtsperiode als Präsident des Deutschen Schachbundes nicht mehr zur Verfügung steht. Als Nachfolger wird der derzeit einige Kandidat, Dr. Hans-Jürgen Weyer, gehandelt. Am 02.02. stand er Deep Chess für ein Interview zur Verfügung.
Von großem Interesse war dabei seine Stellungnahme zum Thema Nationalmannschaft, das in der zweiten Jahreshälfte 2010 zu erheblichen Spannungen zwischen Spitzenspielern und DSB geführt hatte. Weyer stellt für den nächsten Termin Ense Februar in Aussicht, unseren Spielern erheblich entgegenzukommen, explizit auch bei den Honoraren.
Ein schöner Zug, doch musste wirklich erst soviel Porzellan zerschlagen werden, bevor es zu einer Einigung kommen kann? Allerdings begeistert mich die Aussicht auf eine dem deutschen Schach würdige Vertretung auf internationaler Ebene und die damit verbundene Perspektive.

Herr Dr. Weyer,  wir nehmen das Interview als Maßstab für die kommende Amtsperiode. Unsere Stimme haben Sie!

Hier das komplette Interview, bereitgestellt von Deep Chess (http://www.deep-chess.de/?p=1145)
Zitat: (Deep Chess)"
Der DSB- Vizepräsident und mögliche Nachfolger von Robert von Weizsäcker, Dr. Hans-Jürgen Weyer, stellt sich diversen Fragen des DC!!!-Media Teams. Erfahren sie etwas über die neue Struktur des DSBs, über den Verhandlungsstand in Sachen Nationalteam sowie zum Thema “Schach als Breitensport”. Eine klare Antwort gibt es auch zur Förderung von Schachprofis sowie zur Förderungen von Jugendlichen und Talenten.
Die Aufnahme wurde am 02.02.2011 in Düsseldorf aufgezeichnet. Das Video wurde in HD-Technik angefertigt."
Betrugserkennung Wurznpraxis
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Donnerstag, 03 Februar 2011 11:59

Betrugserkennung Wurznpraxis

Ursprünglich wollte ich versuchen die Probleme der Betrugserkennung mit statistischen Methoden anhand eigener Partien ein wenig zu erklären. Allerdings wurde mir schnell klar, dass dies eine sehr sadistische Methode ist Zeit und Energie zu verschwenden. Es fehlt mir neben schachlichem Können auch die Fähigkeit derart komplexe Zusammenhänge allgemein verständlich zu formulieren.

Der Nachweis, dass beispielsweise ein Zug in einer Partie garantiert geschummelt ist, ist natürlich unmöglich: jeder reguläre Zug darf gespielt werden – auch wenn man nicht weiß, dass dieser Zug äußerst stark ist bzw. warum. Welche sonstigen Probleme sich ergeben, versuche ich anhand der folgenden Turnierpartie nur anzureißen – wie schon gesagt eine wirklich tiefgreifende Beschäftigung ist das nicht – aber die wenige Vorarbeit, die ich gemacht habe, möchte ich Ihnen doch nicht vorenthalten.

Tauchen Sie ein in die Variantenküche einer Krennwurzn und lassen Sie den Gedanken eines möglichen Betrügers und seines Jägers freien Lauf:

NN (1700) - Krennwurzn (1800)

pos0

 

30...Lh6! auf diese Idee kommt der Computer gar nicht - es gibt andere bessere Alternativen - ein idealer Zug, um die Betrugserkennungssoftware zu irritieren.

 

[30...Sd4 sieht der Computer als stärksten Zug - ein "intelligenter" Betrüger sollte diesen Zug wohl meiden - Computerhauptvarianten sollte man nur dann spielen, wenn sie "forciert" sind – vor allem „stille Züge“ sollte man meiden. 31.La1 (31.Lxd4 exd4 32.Tee1 Le5 mit solidem unauffälligem Vorteil) 31...Se2 32.c5 dxc5 33.bxc5 Lh6 (Pos1)

pos1

 

ist die Computerhauptvariante - obwohl jetzt kommt mir diese auch sehr logisch und klar vor - am Brett war das absolut nicht der Fall.] 31.Lxf3? diesen Zug habe ich erwartet, obwohl er schlecht ist.

[31.Tee1 Weiß steht weiterhin schlecht - 31.Txf3 dieser Zug erfordert die meiste Rechenarbeit 31...Tf7!! (Pos2)

pos2 

 

ein typischer Computerzug - solche stillen Züge sollte man als Betrüger meiden. Mir fiel das aus zweierlei Gründen leicht: ich hatte keine Rechnerhilfe und diesen Zug erst gar nicht gesehen!

(31...Lxd2 32.Txf8+ Txf8 33.Dxd2 Le2 Vorteil Schwarz ( Pos 3)

pos3 

 

war meine erste Vorausberechnung und die Stellung war mir wie üblich nicht wirklich klar.

 

31...Tg8–+ ( Pos 4) 32.Tf5 Lxd1) ]

pos4

 

so hätte ich das Problem gelöst und nicht mit Tf7 - das ist viel menschlicher: die Fesselung bleibt aufrecht und die Türme verbunden. Allerdings hatte ich diese Idee erst nachdem mir die Lxd2 Variante nicht mehr klar erschien - aber das ist bei mir immer so - ich sehe mehr Probleme als vorhanden und vorhandene Probleme oft gar nicht.

31...Txf3!! (Pos 5)

pos5

 

einfach zu finden, da Lxf3 nicht funktioniert - das hatte ich bei Lh6 schon gesehen. [31...Lxf3?? 32.Txf3 und Weiß hat Vorteil]

32.Sxf3 (Pos 6)

pos6

 

[32.Txf3 funktioniert nicht - fast jeder Zug widerlegt ihn - unproblematisch für Mensch und Betrüger 32...Sg5 (32...Lxd2 33.Tf5 Lxd1) ]

32...Lxe3 die Gier ist menschlich - aber auch der Computer hängt am Material [32...Sg5 erscheint mir im Nachhinein einfacher und so sollte wohl ein intelligenter Betrüger spielen.] 33.Sxe5 ein netter Schwindelversuch [33.fxe3 Sg5! (Pos 7)

pos7

 

die Aufrechterhaltung einer Fesselung sollte unverdächtig sein. (33...Tf8 die Gewinnalternative ist sehr schwierig und sollte von Betrügern gemieden werden. 34.Sxe5 dxe5 35.Lxe5+ Kg8 36.Txf8+ Sxf8 37.Da1 Ld1 38.Lh8 De2+ 39.Kxh3 Df1+ 40.Kh2 Se6 41.Df6) ] 33...Lxd1 die Dame nehmen kann nicht falsch sein und verdächtig auch nicht! [33...dxe5 ist auch möglich] 34.Sg4+ [34.Sd7+ Ld4; 34.Sf7+ Kg8 35.f3; 34.Sg6+ Kg8] 34...Ld4 nun ist auch auf Wurzenniveau alles geklärt und auch die Betrugserkennungssoftware gönnt sich in solchen Stellungen wohl ein Mittagsschläfchen! 0–1

Partie als PGN

Ja, das ist alles sehr kompliziert und obwohl man keine Angst haben sollte als Betrüger überführt zu werden, wenn man einmal eine tolle Partie (Kombination) spielt, so ist es genauso möglich die Häufigkeit (Wahrscheinlichkeit) einer solchen für jeden Spieler zu ermitteln, wenn man genügend Referenzpartien hat. Wie die Software auf Betrüger reagiert, die über hervorragendes Schachverständnis und auch Einblick in die Funktionsweise statistischer Überwachung haben – darüber kann man nur spekulieren.

Mir fällt dazu nur mehr ein: „Gute Mädchen kommen in den Himmel und böse kommen überall hin!“

 


 

Artikelserie:

  1. Betrugserkennung
  2. Betrugserkennung Wurznpraxis
  3. Betrugserkennung ökomomischer Blick
  4. Betrugserkennung Mythbusting
  5. Nutzen der Betrugserkennung
Empor Berlin - früher und heute
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Montag, 31 Januar 2011 21:55

Empor Berlin - früher und heute

Der Sportverein Empor Berlin ist einer der wenigen Vereine im Osten Berlins, der die politische Wende 1990 relativ unbeschadet überstanden hat. Insbesondere die Schachabteilung hat durch ihre Erfolge einen großen Anteil daran. Jahrelang gehörte die Schachabteilung zu den besten in der DDR. Allerdings nur 1990 konnte der DDR-Meistertitel gewonnen werden.