April 2016
Wie wird es nun weitergehen?
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Bedauerlicherweise bietet das Überschriften-Feld unseres Blogs nur sehr wenig Platz, sonst hätten wir sehr gerne natürlich auch die komplette Überschrift "Bundesliga-Tippspiel vor der Auflösung?" hineingesetzt, und gleich schwungvoll mit einem lauten "Ja!" beantwortet. Wir bitten diese durch technische Umstände begründete Irritation zu entschuldigen.

Nun ist sie also vorüber, die Bundesliga-Saison 2015/2016, und was soll man sagen? Es war sehr aufregend! Mit der Solinger SG hat sich ein neues Team an die Spitze emporgeschwungen und der beeindruckenden zehnjährigen Regentschaft von Sven Noppes und seiner OSG Baden-Baden ein Ende gesetzt. Zehn Jahre in Folge Deutscher Meister, das wäre ich auch gerne, und umso mehr verdient die OSG einen großen Glückwunsch für viel Ausdauer und gute Teamarbeit - es steckt viel Detailarbeit und Energie dahinter, wenn man mit oder trotz eines hohen ELO-Schnitts beständig Jahr um Jahr den Titel zu holen vermag. Very impressive!

Solingen dagegen, oder Klingenstadt, wie Insider aus dem Westen auch sagen, hat bis zur letzten Runde im Kampf der Schach-Titanen die Nase vorne behalten und sich in der für Nervenspiele weit offenen Begegnung gegen Griesheim die zwei noch nötigen Mannschaftspunkte gesichert - aber nur mit einiger Aufregung! Deutscher Meister wird nur die SG Solingen, schreibt auch Ilja Schneider. Umso schöner, dass alles gut gegangen ist, und anders als im Fußball geht der Titel in diesem Jahr in den Pott. Der Liga wird das guttun!

Leider verabschieden sich auch nach der Saison 2015/2016 wieder einige Mannschaften aus der Liga - und das sind nicht in allen Fällen die Teams mit den wenigsten Punkten. Nach gut zehn Jahre beendet der SK Turm Emsdetten freiwillig seinen Aufenthalt im Oberhaus - der Mannschaftsführer, Teamchef und Chef-Koordinator Reinhard Lüke zieht den Verein schweren Herzens zurück, aufgrund von finanziellen und organisatorischen Gegebenheiten.

Ebenfalls für eine vorzeitige Abreise entschieden sich die Schachfreunde des Erfurter SK - auf den informativen Seiten des Schachtickers legen Thomas Caspar und Christian Troyke die Gründe für den Rückzug ausführlich dar, dies alles ist sehr lesens- und bedenkenswert. Vor sieben Tagen spielten sie noch hier im Bremer Weserstadion gegen Emsdetten - nun sind beide Vereine nicht mehr in the house.

Und noch jemand mehr wird der Liga keine Impulse mehr geben können - wie Raymund Stolze berichtet, nimmt nach zwei fulminanten Spielzeiten und trotz eines spannenden Jugendkonzepts auch Hansa Dortmund seinen Hut und zieht sich in eine untere Spielklasse zurück. (UPDATE: Die Meldung ist mittlerweile wieder von der Seite genommen worden, Stand 01.Mai)

Damit wird es dünn in der Bundesliga, oder doch nicht ganz, denn die drei freiwerdenden Plätze gehen an die eigentlichen Absteiger, FC Bayern München, Griesheim und Erfurt - aber haben die Erfurter nicht gerade erst zurückgezogen? Ich komme nicht mehr ganz mit.

peter enders frank hoppe
Peter Enders - mit dem Erfurter SK nun erstmal wieder
zurück in der 2.Bundesliga                  (Foto: Frank Hoppe, moinmoin!)

Was soll man nun tun? Schon mehren sich die Stimmen, dass der Schachbundesliga e.V. alles nicht ganz so richtig gemacht hat in den letzten Jahren - die Liga zu unattraktiv, die Zuschauerzahlen und das Marketing ausbaufähig, zu wenige Heimkämpfe, und überhaupt.
Ich weiß nicht, ob das alles so trägt als Kritik - und es ist unklar, ob es mit einer anderen Konzeption wirklich besser laufen würde. Aber - es lohnt darüber nachzudenken.
Der Bundesliga e.V. wandte sich 2013 an die Schachgemeinde und erhob Daten für eine Verbesserung des Spielbetriebs. Grundlegend hat sich aber daraufhin nichts getan. Vielleicht ist Schach nicht ganz der richtige Sport, bislang jedenfalls, um selbstfinanziert das Konzept einer großen Liga mitzutragen und mitvermarkten zu können?
Seit Saisonbeginn kann man den Ligabetrieb auf einer von FM Marc Lang hochklassig aufbereiteten Homepage nachvollziehen. Auch die Darbietung der vielen hochklassigen Partien im Netz ist eindrucksvoll, es ist andererseits aber unklar, wer von dieser für Zuschauer kostenfreien Übertragung eigentlich wirklich etwas hat - ein Punkt, den auch die Erfurter in ihrer oben genannten Rückschau anführen. Ein finanzieller Rücklauf zum Wohle der ausrichtenden Vereine hat sich daraus offenbar noch nicht entwickelt, doch es mag sein, dass man dies alles etwas langfristiger anlegen muss. Oder sogar sehr langfristig.

Sollte die deutsche Meisterschaft wie in Frankreich in einem einwöchigen Mannschaftsturnier ausgetragen werden? Oder würde es helfen, die Bedenkzeit der Partien zu verringern, so dass man als ZuschauerIn vor Ort direkter die Entwicklungen an den Brettern miterleben kann?
Der Bundesliga e.V. als solcher ist eine ehrenvolle Runde, die mit Vertretern der teilnehmenden Vereine besetzt ist und sich zweimal im Jahr zu Versammlungen trifft. Ein Großteil der in diesem Verein engagierten Vertreter leistet diese ehrenamtliche Arbeit neben ihrem Beruf, und oft auch neben der umfangreichen Arbeit, die das Management des eigenen Bundesliga-Vereins ohnehin bereits erfordert. Man kann daher - so wenig erfreulich das auch ist - nicht zu hohe Ansprüche stellen an die vom Bundesliga e.V.zum Wohle der Liga und des Schachs leistbaren Arbeitseinsatzes. Anders sähe es aus, wenn es hier ein finanzielles Fundament vorhanden wäre, durch dass diese Arbeit teilweise auch vergütet werden könnte. Noch ist so etwas aber nicht in Sicht.

(Frage an die Leser: Ilja Schneider, der berühmte Berliner Schachmeister und Blogger, hat im Zeit-Blog vor zwei (?) Jahren einige Vorschläge zur Reform der Bundesliga vorgetragen. Ich fand diesen Artikel nicht mehr - kann jemand helfen und den Link im Kommentarbereich senden? Danke!)

anand
Ist das nichts? Der Weltmeister tritt an in der Bundesliga!

Umumba siegt im Tippspiel

Kommen wir nun aber, wie oben bereits versprochen, zur Auflösung unseres spannenden Schachwelt-Bundesliga-Tippspiels "Baden-Baden: Elf Titel sollt Ihr sein" zur Saison 2015/2016.

Wir haben zwei wundervolle Gewinner, die beide mit Werder Bremen den Verein richtig vorhergesagt haben, der der OSG Baden-Baden am meisten Brettpunkte abnehmen würde (um genau zu sein: 5 an der Zahl!). Sowohl Holger Hebbinghaus als auch Umumba sagten dies voraus, so dass die bei Punktgleichheit angegebene Tiebreak-Regel zur Anwendung kommen musste: derjenige gewinnt, der näher an Baden-Baden wohnt!
Nach akribischer Recherche und einiger Tourenplanung im Netz ist dies mit einem deutlichen Abstand von rund 40 Kilometern unser geschätzter Leser Umumba. Wir gratulieren!!

Gesamtklassement:

Platz 1: Ein Interview mit dem Sieger hier auf Schachwelt.de!

 Dieser Preis geht also an Umumba - wir melden uns!

Platz 2: Eine Tafel Original Bremer Stadtmusikanten- Schokolade!

Dieser Preis geht - wie sollte es anders sein - einmal mehr an den Visionär Holger Hebbinghaus.

Platz 3: Ruhm und Ehre für MiBu (tippte auf Klingenstadt - sie spielten 4 : 4 gegen Baden-Baden)

Platz 4: Ruhm und Ehre für Thomas Richter (Griesheim, 3 Brettpunkte)

Platz 5: Ruhm und Ehre für Olaf Steffens (Hansa Dortmund, 1,5 Brettpunkte)

(Rum und Ehre hätten wohl für mehr Freude gesorgt, doch (das Budget, das Budget) haben wir nur Ruhm und Ehre zu vergeben. Dies aber in vollem Umfang und nicht zu knapp!)

Danke fürs Mitspielen! Die Preise gehen in Kürze auf den Weg!

PS Noch etwas Musik zum Abschied - wir verlinken mit It´s a catalogue der wunderbaren Berliner Gruppe Get well soon. Auch hier geht es um Spurensuche, ähnlich wie bei der Bundesliga. Wer die Siebziger mag, findet hier so einiges.

Get Well Soon - It's A Catalogue - Official Video from GET WELL SOON on Vimeo.

Rustam Kasimdzhanov - The path to tactical strength
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Der Weltklassespieler und frühere Fide-Weltmeister GM Rustam Kasimdzhanov hat diese DVD bereits 2006 für Chessbase aufgenommen. Das Prinzip der Taktikberechnung an sich ist aber bekanntlich zeitlos und daher kommt es nicht auf das Alter der DVD an.

In 22 Videolektionen über 4,25 Stunden bringt der Autor dem Zuschauer die „russische“ Art, Taktikaufgaben zu lösen, bei. Natürlich ist nicht „russisch“, sondern „großmeisterlich systematisch“ gemeint. Der Begriff soll nur als Synonym für diejenige Systematik dienen, die beim Schachstudium einst von Botvinnik propagiert wurde und die die russische Schachschule so berühmt gemacht hat.

Übliche Taktikbücher oder Taktikvideos liefern die bekannten taktischen Motive wie Gabel, Spieß, Ablenkung, Hinlenkung usw. Aber fast niemand liefert eine Anleitung, „wie“ man denken muss, um die richtigen Motive zu finden, wenn man sie nicht automatisch oder zufällig sieht. Mit „wie“ meine ich, welche Fragen man sich stellen und beantworten muss, um zur Lösung zu finden. Selbst in hochgelobten Büchern wie „Schachtaktik richtig berechnen“ von Valeri Beim habe ich nur bedingt eine geeignete Antwort gefunden (, was aber auch an mir liegen kann). Außerdem gibt es nicht viele Bücher zum Thema. Dafür braucht man folglich Trainer, und zwar sehr gute, alle anderen nähern sich des Pudels Kern nur ungefähr. Und „Kasim“ gelingt es, diese Trainingslektion zu vermitteln. Zwar nicht mit Glanz und Gloria, aber sehr gut. In dieser Anschaulichkeit und Übersichtlichkeit habe ich das bisher nur von erstklassigen Profi-Trainern kennengelernt. Als Basis dafür setzt er eine gewisse positionelle Stärke voraus, weshalb diese DVD erst ab einer etwas gehobeneren Spielstärke von ca. 1500 DWZ wirklich lohnenswert ist.

Fazit:

Kasim liefert in leicht verständlichem Englisch mit einer nervös hoch klingenden Stimme sehr anschaulich eine Anleitung, wie man an taktische Aufgaben herangeht. Pflicht"lektüre", wenn man nicht schon einen guten Trainer hat.

Sterne4

Dennis Calder

Fide Instructor April 2016

Gewinnerwartung
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Eine mäßig sortierte erste Bestandsaufnahme

Die deutsche Wertungszahl, kurz DWZ („DeeWeeZett“) genannt, ist für viele Vereinsschachspieler der Ausdruck ihres Ehrgeizes und auch ihres Frusts. Wie kommt´s? Fast jeder will eine höhere Zahl, aber kaum ein Spieler kennt die Fakten, die dazu gehören:

Die Wertungsordnung des deutschen Schachbundes regelt, wie man zu einer DWZ kommt und wie sie sich verändert. Details findet man hier: http://www.schachbund.de/wertungsordnung.html

Die Kurzfassung: Man braucht eine Gewinnerwartung, ein Ergebnis und einen Faktor

  1. Die Gewinnerwartung teilt die relative Gewinnwahrscheinlichkeit gegen einen bestimmten Gegner mit und wird mit einer Zahl zwischen Null (0 %) und Eins (100 %) eingepflegt. Der Schachbund bietet eine schöne Tabelle (siehe Titelbild oder unter http://www.schachbund.de/anhang-21.html)
  2. Beim Schach haben sich über die Jahrhunderte durch das konsequente Weglassen von Toren nur drei Ergebnisse durchgesetzt: Sieg, Remis und Niederlage, die in die Berechnung mit Eins, 0,5 und Null einfließen,
  3. Der Faktor wiederum liegt je nach Alter und der Zahl der bereits erfolgten Auswertungen typischerweise zwischen 20 und 28. Bei Jugendspielern oder DWZ-Anfängern bis zu 5 Auswertungen ist er noch deutlich höher. Er wird folglich mit zunehmendem Alter und zunehmenden Auswertungen immer kleiner.

Daraus folgt die Faust-Formel: (Ergebnis - Gewinnerwartung) * Faktor = DWZ-Veränderung in Punkten

Weil die präzise Berechnung, insbesondere die Berechnung des Faktors, die sich an die Berechnung der internationalen Wertungszahl „Elo“ anlehnt, nur etwas für Mathe-Freaks ist, gibt es zahlreiche Links, wo die näherungsweise Berechnung (ohne Gewähr) für den interessierten Spieler erledigt wird, z. B. hier: http://www.isewase.de/dwz/

Ist das alles gut, wie es ist? Bei der DWZ weiß man das nicht so genau, weil es hier, im Gegensatz zur Elo, keinen Verrückten schachinteressierten Mathematiker / Statistiker gibt, der sich mit der Prüfung der Berechnungsformel auseinandersetzt. Das macht z. B. Jeff Sonas (https://en.wikipedia.org/wiki/Jeff_Sonas). Ein Praxisbeispiel seiner Elo-Forschung liefert er für Chessbase: http://en.chessbase.com/post/rating-inflation-its-causes-and-poible-cures

Er hat festgestellt, dass die verwendete, dem Durchschnittsspieler zugeordnete Gewinnverteilungskurve bei der Elo nicht genau der tatsächlichen Gewinnverteilung entspricht. Dadurch wird die Realität leicht verfälscht. Außerdem hält er den Faktor bei der Elo für zu niedrig. Bis vor Kurzem lag er für Normalsterbliche bei 15, aktuell bei 20. Wenn man einmal ein Elo-Rating von 2400 erreicht hat, bleibt man bis zum Lebensende beim Faktor 10.

Zurück zur nationalen Bewertung: Entgegen der landläufigen Vorurteile gibt es keine Inflation bei der DWZ. Während im Jahr 2005 die Durchschnitts-DWZ bei ca. 1556,5 lag, so liegt sie am 23.03.2016 bei 1506,4. Die Gesamtzahl der in Deutschland mit DWZ gemeldeten Spieler blieb unverändert bei über 70000. Die Zahl der Spieler ohne DWZ wiederum ist seit 2005 deutlich gesunken, von 21474 auf 16822. Das liegt vermutlich an der gestiegenen Zahl der Turniere pro Jahr, aber wer kann das schon mit Gewissheit sagen? Hier die genaue Aufteilung vom März 2016. Berücksichtigt sind alle in- und ausländischen Spieler, die Mitglied in einem DSB-Verein sind, einschl. passiv gemeldete Spieler.

Hier die weiteren Einzelheiten:

Oberste Zeile: DWZ-Bandbreite, mittlere Zeile: Zahl der Spieler in dieser Bandbreite, unterste Zeile: Prozentzahl an der Gesamtzahl der Spieler

1-699 700-799 800-899 900-999 1000-1099 1100-1199 1200-1299 1300-1399
78 3056 2617 2787 3148 3674 4746 5939
0,1% 4,3% 3,7% 3,9% 4,4% 5,2% 6,7% 8,4%

 

1400-1499 1500-1599 1600-1699 1700-1799 1800-1899 1900-1999 2000-2099 2100-2199
6973 7505 7469 6778 5637 4308 2820 1579
9,8% 10,6% 10,5% 9,6% 8,0% 6,1% 4,0% 2,2%

 

2200-2299 2300-2399 2400-2499 2500-2599 2600-2699 2700-2799 2800-2899
831 433 248 153 71 12 3
1,2% 0,6% 0,3% 0,2% 0,10% 0,017% 0,004%

 

Die 1056 Titelträger - gezählt wurden die mit in der Fide unter „GER“ geführten Spieler - sind wie folgt aufgeteilt:

80 GM, 214 IM, 609 FM, 51 CM, 14 WGM, 28 WIM, 58 WFM und 2 WCM. Die Fide hat nur geringfügig (sic) andere Zahlen.

Quelle ist der DSB-Referent für (DWZ-)Systemkontrolle, Berthold Plischke, dem hiermit für die Zusammenstellung gedankt sei.

So, jetzt kann jede(r) für sich selbst herausfinden, ob er / sie gut, mittelmäßig oder schlecht ist und was für ihn / sie überhaupt gut, mittelmäßig oder schlecht bedeutet.

Korrekturen, Ergänzungen oder weitere Fragen zum Thema werden gerne gelesen.

Schachtaktik Jahrbuch – die Serie von Euro Schach Dresden
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Jedes Jahr bringt der JugendSchachVerlag von Euro Schach Dresden (euroschach.de) ein Schachtaktik Jahrbuch heraus. Neulich wurden mir ein paar dieser Jahrbücher zum Rezensieren zur Verfügung gestellt.

„Reine Taktikbücher? Braucht man die heutzutage noch? Es gibt doch überall im Internet Taktikaufgaben für lau!“ fragte ich mich spontan. Und die Taktikjahrbücher sind auch keine Lehrbücher, die Gabel, Spieß, Ablenkung, Hinlenkung usw. erklären, sondern bieten typischerweise „nur“ jeweils über 400 Stellungen und Lösungen für im vergangenen Jahr gespielte Partien. Wer nur irgendwelche Taktikaufgaben haben will und Internetzugang hat, der braucht diese Bücher nicht. Wie kommen dann die Schachfreunde von Euro Schach Dresden trotz nachgewiesenen Schachverstands dazu, trotzdem die Bücher rauszubringen?

Na ja, die gut 400 Übungen je Buch sind eben doch noch nicht alles:

Ein charmantes Gimmick zum Einstieg ist der Blick in die Vergangenheit zu Beginn des Buches: Es gibt ein paar Seiten mit Übungen von vor genau 100 Jahren gespielten Partien, die entweder besonders schön oder besonders ausgefallen sind.

Dann werden Taktikaufgaben von Bundesliga, Meisterschaften (Deutschland und international, Olympiade, WM usw.), Jugend- und Seniorenschach abgehandelt. Es sind Stellungen – gelegentlich auch Varianten – aus Partien des Vorjahres und nicht von irgendwann früher, die dem übenden Schachspieler immer wieder mal begegnet sind. Die Ratings der Spieler (von Amateur bis Weltklassespieler) stehen direkt daneben. Man kann sich (und andere) folglich mit aktuell aktiven Spielern vergleichen, was im Internet nicht geboten wird. Außerdem bekommt man die ganze Qualitäts-Palette, vom billigen 2-Züger bis zur langen Kombination, ohne vorher zu wissen, was auf den Übenden zukommt. Damit sind die Jahrbücher für Trainer durchaus eine gute Hilfe, um die Fähigkeiten der Schüler zu ermitteln.

Enthalten sind außerdem die Lösungen mit Subvarianten, was im Internet nicht üblich ist, aber durchaus vorkommt. Auf Wunsch vieler Trainer sind auch sogenannte Kurzlösungen enthalten, die den ersten Zug zu den einzelnen Aufgaben anzeigen. So spart sich der Trainer Sucherei.

Neben den Aufgaben, Lösungen und Ratings gibt es immer wieder kurze Texte über das jeweilige Turnier-Jahr. Dort werden die Turnierergebnisse, die Turnierverläufe und besondere Vorfälle dargestellt. Man bekommt damit auch eine Zusammenfassung des Turnierjahres, was manche völlig überflüssig finden werden, andere wiederum dürften es ganz schön finden, nebenbei etwas über die große weite Schachwelt mitzubekommen.

Die Gliederung ist für mich generell etwas zu undurchsichtig. Die Lösungen und Kurzlösungen finden sich nicht immer auf den Folgeseiten, was ich gut gefunden hätte, sondern sind im Buch verteilt (Kurzlösungen) und an den Kapitelenden (Lösungen). Die Euroschacher machen das jedoch mit Absicht, um die Versuchung zu reduzieren, dass man sich schnell die Lösungen anschaut. Ich finde es lästig, aber das Blättern dauert ja keine Ewigkeit, weil im Inhaltsverzeichnis auf die Seite verwiesen wird.

Fazit?

Taktikaufgaben gibt es gratis wie Sand am Meer im Internet. Wer aber dort üben möchte, wo Internet gerade nicht zur Verfügung steht (WC, Zug, Vereinsabende, usw.) der kann die Taktikjahrbücher gut nutzen. Aber auch Trainer (und ernsthaft Selbsttrainierende) profitieren: Insbesondere der Vergleich mit Spielern verschiedener Ratings ist ein schöner Gradmesser für die jeweiligen Fähigkeiten: Bin ich taktisch so gut wie mein Rating oder schon so gut wie ein Meister oder fehlt mir noch ein gutes Stück Arbeit? Eine Frage, die man ohne diese Bücher nur sehr schwer fundiert beantworten kann, aber immer beantworten können müsste. Und es macht wirklich etwas aus, ob man Taktikaufgaben des letzten Jahres löst oder der letzten x Jahrzehnte. Irgendwie sind die Stellungen um die Standard-Taktiken dann doch anders.

Dennis Calder

Fide Instructor

April 2016

Sterne4

König Fußball entschied das April-Turnier
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Da müssen wohl fast schon die Fußballgötter ein Einsehen haben, damit auch mal ein Werderaner den hauseigenen Monatsblitz gewinnen kann : in Abwesenheit des Delmenhorsters Dauersiegers David Höffer, der durch ein (im Fernsehen übertragenes) Fußballspiel verhindert war, ergriff mit Detlef Schötzig der Mannschaftsführer von Werder III die Gunst der Stunde und rauschte im April-Turnier mit sagenhaften 8,5 Punkten aus 9 Partien durch das Teilnehmerfeld auf den souveränen ersten Tabellenplatz.

Mit gebührendem Abstand platzierte sich gleich dahinter Prof. Reiner Franke (7 Punkte), gefolgt von Fred Just und Olaf Steffens, die es auf solide, wenngleich wenig spektakuläre 6 von 9 möglichen Punkten brachten. Den Ehrenpreis der Jury für den fünftletzten Rang eroberte der junge David Wachinger, während sich Turnierleiter und schnelle Blitzhand Stefan Preuschat einmal mehr den Rating-Preis <2000 DWZ sichern konnte.

Mit der großen Monatsblitz-Schlussrunde am Donnerstag, 12.Mai, endet die diesjährige Blitzsaison im SVW. Bereits jetzt steht der unverwüstliche David Höffer als deutlicher Gewinner der Grand-Prix-Jahreswertung fest – wir gratulieren! Er gewann drei der sechs Turniere, bei denen er dabei war, und erspielte sich zweite Plätze in den anderen drei Veranstaltungen, jeweils hinter Matthias Krallmann (Werder), Spartak Grigorian (Werder) und Markus Lammers (Zugzwang München).

Sollte es am 12.Mai nicht ein weiteres spannendes Fußballspiel im Fernsehen geben, besteht die Chance, den alten und neuen Champion noch einmal in Echtzeit am Brett zu fordern – um eine aussichtsreiche Stellung zu bekommen, besser zu stehen, zu hoffen, und dann am Ende doch wieder gegen ihn zu verlieren. Alles schon erlebt!
Aber so ist Blitzschach, und die Blitzer im SV Werder werden auch im Mai zumindest wieder einen Anlauf auf den Monatstitel machen. Gäste sind wie immer herzlich willkommen.