Juli 2014
Die Zukunft kommt nach Tromsö!
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Es ist schon etwas länger her, da erfand man im alten Griechenland die Olympischen Spiele für alle damals schon entdeckten Sportarten. Bei hohen Temperaturen wurde gerungen, gelaufen, Diskus geworfen, all so etwas, manchmal sogar nackt, und nach vier Jahren Pause traf man sich dann wieder für die nächsten schönen Wettbewerbe unter freiem Himmel, die man des Abends dann bei Wein, Oliven und Sirtaki ausklingen lassen konnte.

Eine harmonische Veranstaltung war es allemal, doch umso irritierender erschien es schon in der Antike, dass sich eine kleine Gruppe sogenannter Sportler nicht dem allgemeinen Konsens beugen wollte. Die Schachspieler waren es, einmal mehr, die sofort mit ihren eigenen olympischen Regeln aufzuwarten suchten. Nicht nur dass sie sich weigerten, nackt ihre Partien zu bestreiten, auch sah man sie nur selten beim abendlichen Sirtaki-Tanzen am Strand, denn die Schachsportler gingen meist früh in ihre Hütten zurück, um sich (worauf auch immer) vorzubereiten.
Besonders eigentümlich jedoch die Angewohnheit, dass der Antike Welt-Schachverband AWS darauf bestand, nicht die bewährte olympische Taktung von vier Jahren einzuhalten. Entgegen der althergebrachten Tradition lud der AWS hartnäckig alle zwei Jahre zur Olympiade, sehr zum Missvergnügen der übrigen Verbände, deren Athleten immer nur nach einer zähen vierjährigen Wartezeit zu diesem höchsten aller Sportfeste aufbrechen durften. Die Schachspieler aus nah und fern waren natürlich auch im Zweijahres-Abstand gerne dabei, allen voran die Finnen, die lieber einmal zuviel als einmal zu wenig ans warme Mittelmeer reisten. (Ähnlich wie heute waren sie aber auch schon in der Antike bei diesem Wettbewerb eher chancenlos.)

schach-baden-rad
Olympisches Schachbuchlesen auf dem Rad - diese Sportart erfordert gute Nerven und ein gutes Buch

Wie schon von Homer in seinen Gedichten kritisch angemerkt, verweigerte der Antike Weltschachverband eine Begründung für den merkwürdigen Zwei-Jahres- Rhythmus – und tut es noch heute. Historiker vermuten in diesem Umstand sogar einen gewichtigen Grund für die jahrhundertealte Abseitsstellung der Schachspieler in der internationalen Sportfamilie. Als der AWS im Jahre 175 vor Christi sogar mit strategischen Planungen für eine monatlich auszurichtende Olympiade begann, lief das Fass über – nicht nur den Finnen wurde das dann doch zu viel mit der ganzen Reiserei quer durch Europa, auch die eher langmütigen Griechen zeigten sich aufgewühlt und schlossen den Schachsport kurzerhand aus dem olympischen Katalog aus.

Der AWS und die FIDE als ihr Rechtsnachfolger richten seitdem eine eigene Schacholympiade an anderen Orten aus (vorzugsweise im schönen Asien), doch traurig ist man in Schachkreisen nach wie vor über diese gefühlte Isolation – denn die anderen Sportlerinnen und Sportler aus allen Disziplinen treffen sich und sind alle vier Jahre fröhlich beisammen. Nur die Schachsportler, sie sitzen alleine bei ihrer Olympiade im trüben Tromsö. Gens ohne sumus - schade! -
An diesem Freitag ist Reisetag, und am Samstag geht es los mit einer weiteren Olympiade nur für das königliche Spiel – diesmal zieht es die internationale Familie an den Polarkreis, ins (wer weiß es noch nicht?) norwegische Tromsö. Andere Familienmitglieder können die Gelegenheit nutzen, mit GM Jörg Hickl die Olympiade im Altmühltal zu verfolgen - und das klingt als Alternative ja eigentlich auch ganz gut.
Auch wenn wir selber mit unserem Redaktionsteam leider nicht als Teilnehmer zugelassen wurden - der Schach-Welt-Blog wünscht den Spielerinnen und Spielern des Deutschen Schachbundes sowie allen Betreuern vor Ort eine tolle (zweijährige) Olympiade! Und grüßt uns den Weltmeister Carlsen! 

Schach-Schachbund-WM-2013-1-Fahne
                         Hopp auf, gelle!

Noch ein kleines olympisches Rätsel zum Schluss:

Welche(r) deutsche Spieler(in) war bei den letzten drei Olympiaden als Aktive(r) dabei,
kam dabei aber noch nicht für die deutsche Mannschaft zum Einsatz?

 

 

 

25. Juli 2014

Verbandswechsel

Einige Schachspieler spielen ein Leben lang dieselben Eröffnungen, für denselben Verein und dasselbe Land. Andere sind da flexibler, wobei es für Vereins- oder Verbandswechsel diverse Gründe geben mag: schachliche, private, berufliche, finanzielle (nur für Schachprofis ist hier beruflich und finanziell mehr oder weniger dasselbe) - manchmal trennt man sich in Freundschaft vom alten Verein oder alten Verband, manchmal auch nicht. Wie ist das eigentlich, wenn man sich von einer Eröffnung verabschiedet?

Dieses Jahr ist die internationale Wechselbörse, so mein Eindruck, besonders aktiv. Aus dieser Liste nenne ich nur einige Namen in alphabetischer Reihenfolge, wobei es (nicht nur aus deutscher Sicht) erst mitten im Alphabet interessant wird. Gamil Aghamaliyev ist ein mit Elo 2492 mässig starker und auch mässig aktiver Grossmeister, der früher für Aserbaidschan spielte und nun für die Türkei - nur in dieser Liste ist er die Nummer eins. GM Fidel Castro Corrales Jimenez war Kubaner und ist jetzt US-Amerikaner. Er studiert an der Webster University in St. Louis zusammen mit ein paar anderen Grossmeistern, u.a. Le Quang Liem, Georg Meier und ... den Namen verrate ich erst später. Ausserdem hat er, wie Susan Polgar der Schachwelt mitteilte, im Februar geheiratet, offenbar eine Amerikanerin. Kuba und die USA haben keine freundschaftlichen Beziehungen; dennoch ging dieser Wechsel problemlos über die Bühne (notification date 19.März, transfer date 20.März). Armenien hat nun einen Hovhannisyan weniger - das können sie verkraften, sie haben noch genug und setzen bei der Olympiade ohnehin auf -ian. Gemeldet sind Aronian, Movsesian, Akopian und Sargissian (Ersatzmann Kotanjian wird vermutlich, nicht nur wegen dem Buchstaben j, allenfalls sporadisch spielen). IM Mher Hovhannisyan ist seit 5. Mai Belgier - allerdings verzichtet Belgien bei der Olympiade auf ihn, Malakhatko, Chuchelov und Dgebuadze.

Ich komme zu L, M und N - wer Schach auf diesem Blog oder auch anderswo regelmässig im Internet verfolgt, weiss vermutlich schon Bescheid. Kateryna Lagnos Wechsel aus der Ukraine nach Russland dauerte gut vier Monate (notification date 7.März, transfer date 11.Juli). Zu den Gründen komme ich noch - wer die Nachrichten irgendwo und sei es nur sporadisch verfolgt, weiss, dass Ukraine und Russland keine freundschaftlichen Beziehungen haben (ich verzichte bewusst auf Details). Nach neuestem Stand der Lage darf Lagno offenbar bereits bei der nächsten Olympiade für Russland spielen. Schneller ging es bei Anna Muzychuk, die aus dem slowenischen Schach-Exil in die Ukraine zurückkehrt (3.Mai und 5.Mai). Schneller ging es auch bei Liviu-Dieter Nisipeanu, der ist seit 2.April offiziell Schachdeutscher, nachdem dies am 27.März beantragt wurde.

Das Alphabet ist noch nicht zu Ende. Ich will nun nicht enthüllen, dass Thomas Richter ab sofort die Niederlande vertritt - dem ist nicht so, ich bin ohnehin kein Kandidat für die Nationalmannschaft! Interessant wäre es nur, wenn Texel zur Olympiade ein eigenes Team schicken dürfte - dafür kämen sechs Spieler mit nationaler Elo über 1800 in Frage: drei geborene Tesselaars, ein vom Festland angespülter Niederländer, ein Deutscher und ein irakischer Asylant. Aber im Gegensatz zu Aruba, das ein vergleichbar starkes oder schwaches Team nach Tromsö schickt, sind wir nicht dabei, schade eigentlich. Ein Buchstabe weiter im Alphabet: Wesley So will (Schach-)Amerikaner werden - wie er mir auf Nachfrage in Wijk aan Zee verriet ("but it's going to be a long process"). Weitere Infos tauchten erst einige Monate später auf Susan Polgars Blog auf, So studiert übrigens an der Webster University in St. Louis.

 

Verbandswechsel, wie geht das eigentlich? FIDE hat dafür Regeln, die ich nicht komplett kapiere. Sinn und Zweck der Sache ist wohl auch, wiederholte oder willkürliche Verbandswechsel zu verhindern oder zu erschweren - der Ukrainer Spanier Türke Ipatov schaffte es trotzdem. Geld spielt eine Rolle: FIDE kassiert immer eine 'notification fee' von 250 Euro. Wenn es schnell gehen soll und der Spieler noch keine zwei Jahre im neuen Land lebt (bzw. sein altes Land in den letzten zwei Jahren bei FIDE-Wettbewerben, individuell oder als Teil einer Mannschaft, vertreten hat), gibt es auch eine 'transfer fee' - für Grossmeister 5000 Euro. Muss der alte Verband den Verlust eines Spielers oder einer Spielerin ohne weiteres akzeptieren? Nein, er hat drei Monate Zeit um zu protestieren und kann auf einer 'compensation fee' bestehen - gestaffelt nach Elo, bis zu 50,000 Euro. Ob der alte Verband trotz Ablösesumme einen Wechsel verzögern oder blockieren kann, ist mir nicht ganz klar - Ukraine hat es im Fall Lagno jedenfalls versucht.

Nochmal der Reihe nach zu L, M, N und S. Bei Lagnos Motiven tappe ich im Dunkeln. Laut Wikipedia wohnt sie in Donetsk - kann durchaus sein, dass sie 'Probleme' mit der neuen Regierung in Kiew hat, das wäre für mich nachvollziehbar (subjektiv gesehen, nochmals: von mir in diesem Rahmen keine Stellungnahme zum Russland-Ukraine Konflikt). Ebenso kann ich nachvollziehen, dass Karjakin stolzer Krim-Russe ist - ob er das ständig öffentlich erwähnen muss, ist eine andere Sache. Laut anderen Quellen war Lagnos Verbandswechsel bereits seit etwa einem Jahr geplant, da sie bereits in Russland wohnt und vor allem mit russischen Trainern zusammenarbeitet - sie betonte, dass Politik beim Verbandswechsel keine Rolle spielt. Das wäre dann vor dem aktuellen Konflikt, müsste sie angesichts der neuen politischen Lage einen Rückzieher machen? Ohnehin ist es aus meiner Sicht Lagnos eigene Entscheidung. Die ukrainische Reaktion: Lagno wurde für das ukrainische Damenteam nominiert (offenbar ohne sie zu fragen, und zwar offenbar im Mai denn auch Anna Muzychuk wurde nominiert), und kurz vor Ende der Dreimonats-Frist protestierten sie offiziell. Ihr Argument ist anscheinend - siehe offener Brief an FIDE, ECU und den Rest der Schachwelt - dass Lagno sich zwar in Russland aufhält ("stay") aber nicht dort wohnt ("residence"). Sie hat sich offenbar weder in der Ukraine abgemeldet noch in Russland angemeldet. Verhandlungen zwischen dem russischen und ukrainischen Verband gab es vermutlich nicht - aber Russland war wohl bereit, die Ablösesumme (hier 20,000 Euro) zu bezahlen, wartete auf eine Rechnung aus der Ukraine, stattdessen bekam dann FIDE ein Protestschreiben. Weitere Konsequenzen dieses Falls lasse ich mal aussen vor.

Bei Anna Muzychuk gab es offenbar keine Probleme. Da könnte man eher nachforschen/hinterfragen, warum sie einige Jahre Slowenin war - aber ihr Fall war bei weitem nicht der einzige derartige Fall. Bei Nisipeanu gab es auch keine Probleme - Rumänien hatte ihn wohl ohnehin abgeschrieben, da er seit Jahren Krach mit dem dortigen Schachverband hatte. DSB-Präsident Herbert Bastian hat vor kurzem (17.7.) in einem Chessbase-Interview verraten, dass es Verhandlungen mit dem rumänischen Verband gab und dass eine Ablösesumme bezahlt wurde: "Es gibt einen Rahmen für Ablösesummen von der FIDE, aber die Höhe kann zwischen den einzelnen Verbänden ausgehandelt werden. Wir sind zu einer für beide Seiten verträglichen Lösung gekommen." Richtwert für Nisipeanu (Grossmeister mit Elo 2600-2699) waren 30,000 Euro - wieviel Rumänien bekam, bleibt offenbar geheim.

Bei Wesley So ist die Ablösesumme das Problem - niemand (weder die USCF noch Rex Sinquefield noch Wesley So selbst) will/kann offenbar die bei ihm (Elo 2700+) fälligen 50,000 Euro bezahlen, aber die Philippinen bestehen darauf. Demnach muss er wohl zwei Jahre warten und in dieser Zeit auch auf die Teilnahme am nächsten Kandidatenzyklus verzichten. Ich habe da gemischte Gefühle: einerseits hat jeder das Recht, in den USA zu studieren und dann auch dort zu bleiben. Andererseits ist es zumindest ein bisschen Geschmackssache, dass die USA (bzw. Webster University) starke Schachspieler aus aller Herren Länder gezielt anwerben. Generell zu Verbandswechseln: jeder Fall liegt anders, und - wenn die beteiligten Verbände sich nicht einigen können oder wollen - gibt es mitunter Härtefälle. Sinnvoll wäre jedoch aus meiner Sicht, eine Wechselsperre nur für Mannschaftskämpfe anzuwenden.

 

Zum Schluss: Was ist dieses Jahr eigentlich los? Die ganzen letzten Jahre gab es nur sporadisch prominente und noch sporadischer umstrittene Verbandswechsel. Klar, es gab auch keinen (akuten) Konflikt zwischen führenden Schachnationen - abgesehen von Armenien und Aserbaidschan, aber Verbandswechsel ARM-AZE oder umgekehrt sind nicht allzu wahrscheinlich. Blättern wir mal in älteren Listen: 2013 kehrte Boris Spassky nach Jahrzehnten zurück von Frankreich nach Russland - schachlich gesehen, als Person hatte er (unter dramatischen und etwas unklaren Umständen) Frankreich bereits im August 2012 verlassen. 2012 wechselte Ipatov von Spanien in die Türkei - abwarten, ob er noch ein Weltklassespieler wird, ich habe da gewisse Zweifel. 2011 erreichte der Shirov-Dampfer wieder den lettischen Heimathafen (und Istratescu wechselte von Rumänien nach Frankreich - er ist nun, aber nicht zum damaligen Zeitpunkt etwa vergleichbar mit Nisipeanu). 2010 ist etwa mit 2014 vergleichbar: Movsesian zurück nach Armenien, Sokolov zurück-zurück in die Niederlande (der bosnische Verband konnte seine finanziellen Versprechen offenbar nicht einhalten), Ramirez aus Costa Rica in die USA. 2009 war auch ein Transferjahr, in alphabetischer Reihenfolge: FM Giri wurde Niederländer (wurde das damals registriert?), der Ukrainer Ipatov wurde Spanier (dito), Karjakin wurde Russe (sorgte schon damals für Schlagzeilen, wie wäre es heutzutage?), der Niederländer Sokolov wurde Bosnier (zumindest hierzulande Schlagzeilen). 2008 war, was prominente (=mir bekannte) Namen betrifft, gar nichts los, 2007 wurde Fridman Deutscher, und dabei belasse ich es.

Sauber austempiert
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22. Juli 2014

Sauber austempiert

Die folgende Aufgabe aus dem Jahr 1931 hat eine bewegte Vorgeschichte. Ursprünglich stammte sie von Troitzky, einem sehr produktiven Studienkomponisten, der überwiegend in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aktiv war. Sie blieb vom Preisrichter unbeachtet. Mehr noch, Jahrzehnte später, Troitzky war längst nicht mehr am Leben, fand einer seiner Nachfahren im Geiste, Nikolai Kralin, heraus, dass die Lösung, die Troitzky angab, gar nicht funktionierte.

Da nahm sich der Amerikaner Pal Benkö, der wohl auch Schachspielern ein Begriff sein dürfte, das Stück zur Brust, wies zunächst nach, dass es eine eindeutige Lösung gab, nur eben nicht diejenige von Troitzky und versah das Stück mit einer bereichernden Einleitung. Diese Fassung, die ihr hier dann auch zu sehen bekommt, veröffentlichte er dann 2007, 76 Jahre nachdem das Stück erstmalig erschienen war.

Troitzky Benko

Schwarz ist materiell gut dabei, aber kann sich kaum rühren. Zugwang liegt in der Luft. Wenn ein Läufer von Schwarz ziehen muss, ohne dass er tricksen kann, ist die Dame futsch. Die Gewinnführung von Weiß erweist sich allerdings als Wanderung durch ein Minenfeld.

Viel Vergnügen!

Europameisterin Valentina Gunina
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... um Matt zu setzen. Nach einigen Berichten über Skandale mal wieder schachliche Kost, richtig mit Stellungen und Diagrammen. Auslöser war eine Triplizität der Ereignisse in Runde 9 der Damen-Europameisterschaft. Allerdings darf die überlegene Siegerin im Bericht nicht fehlen - da trifft es sich gut, dass sie tags zuvor eine Partie spielte die auch zum Thema passt. Jeweils zeige ich (fast) kommentarlos die Schlusstellung - manchmal ist klar, wer am Zug aufgegeben hat, manchmal käme ein verheerendes Schachgebot erst einen Zug danach.

Gunina-Javakishvili (Runde 8, Brett 1)

Gunina-Javakhisvili

Schwarz kann sich nur noch aussuchen, wie sie mattgesetzt wird. Nach dieser Runde hatte Gunina einen vollen Punkt Vorsprung auf das Feld, drei Runden später am Ende des Turniers war es noch ein halber Punkt. Gunina geht übrigens davon aus, dass sie bei der Olympiade spielen wird. Ihre georgische Gegnerin fiel zurück an Brett 2, tags darauf geschah dieses:

Javakishvili - Tatiana Kosintseva

Javakhisvili-Kosintseva

Schon wieder ein Springerschach auf einem verbotenen Feld, diesmal kann Weiss sich das Mattbild aussuchen (oder darauf verzichten und sofort aufgeben). Tatiana (die am Ende Silber gewann) ist, wie ihre Schwester Nadezhda, bei der Olympiade ohnehin nicht dabei - sie haben Krach mit dem russischen Damencoach Sergey Rublevsky.

Khurtsidze-Nikolova (Runde 9 Brett 5)

Khurtsidze-Nikolova

Schwarz hat immerhin drei Bauern für die Figur, aber dennoch ein kleines unlösbares Problem.

Sczepkowska-Horovska - Skripchenko (Runde 9 Brett 9)

Szczepkowska-Skripchenko

Hier hat Schwarz zwei Mehrbauern und keine Figur weniger. Allerdings hapert es an Bauernstruktur, Aktivität der Figuren und Königssicherheit, und dann steht ein Turm dummerweise auf c8.

Und weil's thematisch passt, noch eine Schlusstellung aus Biel:

Giri-Wojtaszek

Giri-Wojtaszek

Zuvor hatte Wojtaszek vielleicht noch Remishoffnungen, wobei die Stellung laut 7 men tablebases offenbar doch verloren war (kann ich nicht überprüfen, sie sind noch nicht frei verfügbar). Nun zappelt er aber im Mattnetz - Weiss braucht den d-Bauern nur, weil der Gegner sich sonst mit einem Qualitätsopfer retten könnte.

 

Kasparow 1993
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Endlich schafft es Schach wieder ins Fernsehen und dann auch noch bei der ARD:

Geschichte im Ersten: Krieg auf dem Schachbrett

Das Duell Karpow gegen Kasparow

Ein Blick auf eine Epoche, in der Zweikämpfe noch eine Bedeutung hatten.

"Sie waren wie Tiere. Sie starrten sich an und haben einander beschnuppert", erinnert sich ein Beobachter an den Beginn der Schach-WM in Moskau am 10. September 1984. Punkt 14.00 Uhr besteigen die zwei Männer die Bühne wie einen Boxring. Niemand ahnt aber, dass dieses Match zwischen den beiden Sowjetbürgern Anatoli Karpow und Garri Kasparow der Auftakt sein wird, zu dem spektakulärsten Duell zweier Schachgenies. 

Die Beschreibung unter http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/mdr/geschichte-im-ersten-krieg-auf-dem-schachbrett100.html klingt spannend, die Sendezeit weniger:

heute, 23.30 Uhr, aber da gibt es noch die Wiederholung:

Di, 22.07.14 | 03:25 Uhr | Das Erste

Egal, ich bin dabei!!

Update, 00:20 Uhr

Eine ordentlich gemachte Reportage lässt in 45 Minuten die vielleicht bedeutendste Dekade der Schachgeschichte Revue passieren. Sie lebt davon, auf die beiden wichtigsten Zeitzeugen zurückgreifen zu können – Garri Kasparow und Anatoli Karpow, beide etwas fülliger und ruhiger, aber eigentlich noch immer so, wie ich sie zu meiner aktiven Zeit erlebte. Mit rund 25 Jahren Abstand geben Sie Einblick in die damalige Zeit. Dabei wirken Sie eher als gute alte Freunde, von der damals vorherrschenden Feindschaft ist kaum noch etwas zu spüren. So schafft es der Film auch nicht gänzlich die damalige knisternde Atmosphäre zu transportieren und hat den Charakter eines Dokumentarfilms.

Trotzdem ganz klar einer der wenigen sehenswerten Schachfilme und auch für Nichtschachspieler bestens geeignet (die Schachpartien werden nicht erörtert).

Sterne4

 

Berühmte Schachturniere, aus der Nähe gespielt. Teil 9: Biel
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Eines Tages vor langer, langer Zeit, habe ich mir vorgenommen, alle Turniere zu spielen, die für mich entweder Tradition haben oder aus anderen Gründen für mich etwas Besonderes sind. Falls ich jemals genug Geld für die Reisen zusammenbekommen sollte…

2001 war es dann so weit. Nach mittlerweile acht besonderen Turnieren in verschiedenen Ländern ist aktuell Biel in der Schweiz dran.

Was fällt nach 3 Runden auf?

Das Bieler Schachfestival läuft in seiner 47. Auflage. Das nenne ich Tradition.

Daniel King kommentiert die GM-Partien und beeindruckt durch eine phänomenale Fönfrisur. Da wird jeder Otto-Normal-Frisurträger neidisch.

Mit 2,5 aus 3 Punkten liege ich in „meinem“ Turnier bisher gut im Rennen (dynamischer Stellungsvorteil).

Das Turnier ist trotz vielsprachiger Teilnehmer das leiseste, das ich bisher gespielt habe (noch ein dynamischer Vorteil, aber für Biel). Und das, obwohl über 230 Spieler im gut klimatisierten Saal rumsitzen… Ein echter Kontrast zu vielen anderen großen Turnieren, z. B. Wijk aan Zee.

Von wegen vielsprachig: In Biel kommt man mit Deutsch gut zurecht (hmm, ein dynamischer oder doch eher ein struktureller Stellungsvorteil von Biel?). Französisch reicht auch völlig, aber die Zahl der nur französisch sprechenden Leser dieses Beitrags dürfte überschaubar sein.

Die Schweiz im Allgemeinen und Biel im Besonderen sind ausgesucht schön. Bestes Wetter (zugegeben eine vermutlich nur kurzfristige dynamische Stärke des Schweizer Systems), schöne Stadtviertel, tolle Wanderwege und noch bessere Aussicht von oben auf die meisten Berge, die man sonst höchstens aus Bergsteiger- oder James Bond-Filmen kennt (strukturelle Bieler Stärken).

Zum Bild:

Die Schweizer können nicht nur Berge bauen: In der Mitte des Bildes sieht man in über 150 km Entfernung einen übergroßen Luxusfüllfederhalter der Marke Mont Blanc (Copyright Dennis Calder).

Ansonsten zahlt man für einen Dönerteller 16,50 Schweizer Franken, was bei Berücksichtigung der unverschämten Bankautomatengebühren abenteuerliche ca. 14 Euro sind (eine erhebliche strukturelle Schwäche). Man kommt aber auch günstiger an Essen in Restaurants oder besser gesagt: Man bekommt deutlich besseres Essen für verhältnismäßig wenig Aufpreis und am günstigsten ist das Essen immer noch im grenznahen deutschen Supermarkt (ein strukturelles Stellungsungleichgewicht).

Das Kongresshaus beinhaltet auch ein Schwimmbad mit Wasserrutsche, was in Anbetracht des Namens Kongresshalle irgendwie irritierend ist.

Die Partieergebnisse werden weder über den Durchschlag oder das Original des Partieformulars noch über einen separaten Ergebniszettel mitgeteilt. Es gibt nur die unbewachte Paarungsliste, in die man das Ergebnis einträgt. In Deutschland würde spätestens nach der Hälfte des Turniers ein Fälschungsversuch auftauchen, möchte ich wetten. Nicht so hier, im Land der aufrechten Eidgenossen!

Und abschließend eine Respektsbekundung für die Schiedsrichter und die Turnierleitung: Wenn hier das Partieergebnis nicht eingetragen wird, wird die Partie für beide genullt! Ich liebe es, wenn Schiedsrichter konsequent sind. Dann gibt es auch seltener Ärger als bei unsicheren Schiedsrichtern…

Zwischenfazit: Biel hat sich mehrere strukturelle und dynamische Stellungsvorteile erarbeitet/erspielt. Die einzige strukturelle Schwäche wirkt dagegen noch relativ harmlos. Und wie wir ja wissen, braucht es für einen Sieg meist zwei Schwächen beim Gegner.

Nach dem Turnier werde ich berichten, wie Biel gegen mich gespielt hat. Noch ist auch ein geteilter Sieg von Biel und mir möglich. Es bleibt spannend.

Norweger aufgepasst!
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19. Juli 2014

No woman, no cry

Seit wir denken können, kämpft die große Mutter FIDE für mehr Gerechtigkeit im Weltschach. Obwohl das dienstliche Wirken ihres Vorsitzenden aufgrund nächtlicher Weltraumspaziergänge mitunter leidet, halten ihre führenden Vertreter das Heft in der Hand und absorbieren erfolgreich jegliche schachpolitische Opposition. Auch harsche Bemerkungen von SF Garry Kasparov konnten daran bislang nichts ändern - und wie mein verehrter Chef Jörg Hickl jüngst andeutete, scheint auch für die anstehende FIDE-Wahl schon wieder alles in guten Bahnen zu laufen. Da gratulieren wir doch schon einmal! Die FIDE hat es drauf, und Ordnung muss sein.

In den letzten schönen Jahren hat unser Weltschachverband nicht nur neue Regeln und die Karenzzeit bei Partiebeginn abgeschafft, auch lustige Zwangsbeiträge für alle möglichen Turniere und Lizenzen wurden eingeführt. Im Namen des Fortschritts war das scheinbar so unerlässlich wie das Verlegen zahlreicher offizieller Meisterschaften in die romantischen Landschaften Sibiriens.

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Zahlreiche starke Turniere haben uns die Fauna Sibiriens nahegebracht.

Lobenswerterweise und so wie wir es ohnehin erwartet haben, hält sich auch der Norwegische Schachverband an die Regularien des Weltschachs. Norwegen ist im August Ausrichter der Schach-Olympiade in Tromsö, und groß war das Erstaunen zwischen Oslo, Bergen und Hammerfest, als man merkte, dass zum Meldeschluss am 01.Juni für das Turnier noch keine Mannschafts-Aufstellung des russischen Damenteams eingetroffen war. Nun könnte man meinen, na gut, das ist ja nicht weiter schlimm und vielleicht hatten die russischen Damen ja auch einfach keine Lust auf die helle norwegische Mitternachtssonne - doch das wäre überraschend, denn die Russinen sind ehrenvolle Titelverteidiger, amtierende Olympiasieger, eines der besten Teams der Welt - nur hatten sie eben nicht wie gefordert rechtzeitig eine Aufstellung geschickt.
Offenbar war das internen Abläufen geschuldet, bedingt durch den bis Anfang Juni noch nicht ganz absolvierten Wechsel der ukrainischen Spitzenspielerin Kataryna Lahno zur russischen Föderation. Kaum war dieser Transfer im Juli perfekt, depeschierte der russische Verband seine durch Lahno nunmehr rasant verstärkte Team-Aufstellung an die Ausrichter - doch wie gesagt, zu spät, zu spät, vier Wochen zu spät! Die russischen Offiziellen sahen darin zwar kaum ein Problem, die Norweger indes mochten da nicht so recht mitwirken und verwehrten den russischen Damen den olympischen Startplatz:

"Of course, we can understand the embarrassment it can create when a significant and powerful federation like RCF (Russian Chess Federation - M.K.) does not submit a team within the deadline. Still, we as Organizers have a duty to treat all federations alike." (Quelle: www.chess.com)

 ("Natürlich verstehen wir, dass es unangenehm ist, wenn ein bedeutender und mächtiger Schachverband wie der Russische kein Team innerhalb der Frist anmeldet. Jedoch haben wir als Organisatoren die Verpflichtung, alle Verbände gleich zu behalten.")

War das nun ein Skandal, oder einfach nur eine schnöde, aber korrekte Regelauslegung der Ausrichter? Auf den ersten Blick erscheinen die norwegischen Motive ehrenvoll. Allerdings, im FIDE-Handbuch für Schach-Olympiaden (ja, so etwas gibt es) findet sich im Abschnitt 3.7.1 lediglich die Vorgabe, dass zwei Monate vor Turnierbeginn die SpielerInnen für jedes Team gemeldet werden müssen. Für Verspätungen sind offenbar dezente Strafgelder vorgesehen - und dass ein bereits gemeldetes Team disqualifiziert werden darf, nur weil es die Spielernamen nicht rechtzeitig schickt, erscheint vor diesem Hintergrund zumindest fragwürdig.

Nach der Bekanntgabe der russischen Nicht-Berücksichtigung für das Turnier dauerte es daher nicht lange, und schon schrieb Weltraumspaziergänger Kirsan Ilyumshinov einen Brief an die bockenden Auenländer Norweger mit der Maßgabe, man möge die russischen Damen doch bitte trotz ihres Anmelde-Fauxpas mitspielen lassen.
Ilyumshinov argumentiert, dass die FIDE selbst (!) die Teilnahme der Russinnen schon vor Wochen avisiert hatte, und dass die norwegischen Veranstalter daraufhin eine Rechnung über die Anmeldegebühr nach Russland gesendet hätten, die auch umgehend beglichen wurde. Der Weltverband sieht die Anmeldung dadurch vollständig erfüllt, pocht auf seine Richtlinienkompetenz und will das russische Damen-Team im Teilnehmerfeld sehen. Von einem verspäteten Zusenden des Team-Aufstellung, um den es hier ja eigentlich geht, ist in dem Brief allerdings nicht die Rede.
So ist sie, die FIDE - niemand wird vor der Tür stehengelassen, alle dürfen mitspielen, und überhaupt - man wählt die sportliche Lösung. Haben am Ende die Norweger die Regeln mit böser Absicht überzogen ausgelegt? Der Weltverband wähnt hinter der gesamten Geschichte offenbar eine schachpolitisch motivierte Aktion, sozusagen eine Art passiv-agressives Störfeuer vor den kommenden Wahlen, bei der auch Garry Kasparov für das Präsidentenamt kandidiert.
Ist das nun Gemauschel und Bevorzugung eines großen Landes, oder wurde hier ganz zu Recht die russische Anmeldung noch gelten gelassen? Auch andere Länder, die für Norwegen nicht rechtzeitig und formvollendet meldeten, haben von der FIDE noch eine Wildcard bekommen - ebenso wie Russland erhielten auch Afghanistan, Gabon und Pakistan durch Ilyumshinovs Brief noch eine Ausnahme-Startgenehmigung. Und vielleicht darf ja sogar Kataryna Lahno nun in Tromsö mit ans Brett gehen, auch wenn ihre Meldung vielleicht einen Hauch zu spät erfolgt ist.
Nur wenn wir regulären Schachspieler es nicht rechtzeitig zum Partiebeginn in den Turniersaal schaffen, gibt es nach wie vor keine Karenz. Doch vielleicht hilft ja auch dann ab jetzt ein kurzer Brief von der FIDE.

bundesarchiv bild 102-14194 emanuel lasker
   Noch wissen wir nicht, was Lasker dazu gesagt hätte

Nach WikiLeaks nun auch SchachLeaks?  Korruption bei FIDE-Wahlen?
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Immer wieder sehen sich Sportverbände Vorwürfen zu Unregelmäßigkeiten ausgesetzt. Zuletzt traf es die FIFA bei der gerade zu Ende gegangenen Fußballweltmeisterschaft.

Doch auch der Weltschachverband FIDE kommt nicht ungeschoren davon. Stein des Anstoßes sind wieder einmal die alle vier Jahre während der Schacholympiade anstehenden Präsidentschaftswahlen. Hier tritt diesmal unter anderem Ex-Weltmeister Garri Kasparow als Herausforderer des seit ewigen Zeiten regierenden Kirsan Iljumshinows an.

Lange im Vorfeld buhlen die Parteien um die Stimmen der Föderationen. Jede Stimme zählt dabei gleich – Zwergstaaten haben das gleiche Gewicht wie z. B. der Deutsche Schachbund mit seinen 90.000 Mitgliedern.

Bei meiner Teilnahme an der  Schacholympiade 1986 in Dubai verwunderte es mich, dass das Team der US Virgin Islands mit 1. Klasse-Flugtickets ausgestattet wurde. Die deutsche Nationalmannschaft musste aus Kostengründen mit einem mehrstündigen Zwischenstopp in Jordanien vorlieb nehmen. Eine Nation, die es kaum schafft 4 Spieler bereitzustellen, verfügt jedoch über volles Stimmrecht. 
Damals ging es um die Wiederwahl Florencio Campomanes, doch Schachpolitik interessierte mich als jungen Spieler herzlich wenig.

Die neuerlichen Vorwürfe tauchten auf einer anonymen Website unter The Ugly truth about FIDE elections auf. Für die nächsten Tage wurden Namen und  Beweise angekündigt. Die Blogbetreiber geben sich als Zusammenschluss aktiver Schachprofis aus. Es gelang uns nicht, einen Kontakt herzustellen, wir bleiben deshalb zunächst abwartend.

Gleich DREI auf einen Streich
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„Gleich“ – Uijegerl bei dem Wort IST – bei aufkommenden Gedanken an das Institut für Sinnlose Turniere - sogar der Krennwurzn gleich wieder schwindelig. Zimmerunsitte und gleich viele immer gleiche Artikel werden gleich wieder im Gedächtnis wach. Uijegerl geht das schon wieder los? Nein – nicht gleich so schlimm, obwohl das Thema doch schon gleich eine kleine Artikelserie darstellt:

 

Aber bitte nicht gleich alle auf einmal lesen, das könnte Sie aus dem Gleichgewicht bringen – aber kommen wir endlich gleich zur Sache: im schönen Österreich fanden in der ersten Ferienwoche vom 5. bis 13. Juli gleich drei Schachopen statt und um die 400 Schachspieler nahmen das Angebot an und spielten mit. Das ist die gute Nachricht, die schlechte ist, dass sich die 400 auf drei Standorte verteilt haben. Gleich erste Adresse war natürlich das von der Krennwurzn gleich oft kritisierte „International Styrian-Open“ im schönen namensgebenden Bad Gleichenberg.

International Styrian-Open 

Da man nach der ersten Auflage im Vorjahr mit um die 150 Teilnehmer davon 53 im A-Turnier den gleich üppigen Preisgeldfonds von 25.000 Euro auf 18.000 Euro absenkte, aber den gleich viel kritisierten Passus bezüglich Organisationsgebühr trotz massivster rechtlicher Bedenken nicht gestrichen hat, kamen diesmal gleich mal nur 125 Teilnehmer in die schöne Südoststeiermark und im A-Turnier spielten davon 47 und von diesen waren gleich nur 17 Österreicher mit von der Partie. Und gleich auch in den Preisgeldrängen waren die Österreicher gleich unterdurchschnittlich vertreten:

2014gleich gleichenberg

Gleich mit von der Partie waren die beiden „Schachprinzen“ Matthias Blübaum (Elo 2510) und Dennis Wagner (Elo 2485) in den ersten Tagen ihres Schachjahres – einer sehr guten Idee. Dennis Wagner musste gleich mal keine Niederlage einstecken, obwohl er die letzten sechs Runden immer gegen GMs antreten musste und eine Eloperformance von 2531 und damit den 5. Gesamtrang umringt von GM erzielen konnte. Seine Chance auf eine mögliche GM Norm wurde ihm gleich in den ersten Runden von den gleich nicht so elostarken Österreichern und natürlich dem Auftaktremis gegen Florian Mesaros (2158) genommen. Sein Kollege Matthias Blübaum musste zwar in der 4. Runde eine Niederlage hinnehmen, spielte aber ein sehr gutes Turnier mit einer Eloleistung von 2582 und erreichte den 3. Gesamtrang und schrammte wirklich knapp an der GM-Norm vorbei, wobei dies gleich unter die Kategorie Auslosungspech in den ersten Runden gefallen sein konnte.

Die Frage warum gleich so wenige Österreicher in Bad Gleichenberg mitgespielt haben, kann man mit einem Blick nach Wien gleich ein wenig erklären – vielleicht, außer Sie sind der verschwörungstheoretischen Meinung, dass die gleich allmächtige Krennwurzn mit seinem Geschreibsel gleich einen übergleichen Einfluss haben könnte.

Husek Vienna Open 

Dieses Turnier wurde heuer erstmals ausgetragen und gleich auf die Frage warum denn zum gleichen Termin wie gleich zwei weitere Turniere in unmittelbarer Nähe gleich auch – da muss die Krennwurzn sie gleich auf die Experten des IST verweisen, denn gleich und gleich später fällt mir darauf keine Antwort ein, die gleich auch noch einen Sinn ergeben könnte. Von den 115 Teilnehmern im Hauptturnier stellten gleich die Österreich mit 90 das größte Kontingent und das führte dazu, dass obwohl der Preisgeldfonds nicht so prall wie in Bad Gleichenberg gefüllt war, dass in den Preisgeldrängen doch gleich die Hälfte Österreicher waren.

2014gleich husek

Gewonnen hat der Setzlistenerste Rainer Buhmann nach "Viertwertung" vor vier weiteren Spielern mit 7 Punkten schreibt der Veranstalter. Da das Turnier in einer Gruppe gespielt wurde, waren von Anfang an die Chancen auf Titelnormen gleich eher gering. Im Rahmenprogramm fand auch ein Kinderturnier mit 16 Teilnehmer statt.

33. St. Veiter Jacques Lemans Open 

Hatten die Kärntner vielleicht gleich nach dem Rückzug von Oberwart 2012 als Turnierveranstalter gehofft, dass gleich die Openkonkurrenz sich terminlich gleich besser verteilt, so hatten sie diese Rechnung gleich ohne das IST gemacht und nach Bad Gleichenberg im Vorjahr hat auch noch Wien ein Open zum gleichen Termin ins Rennen geschickt – ob gleich die Pläne des IST (Institut für Sinnlose Turniere) für 2015 gleich alle österreichischen Turnier und Meisterschaften gleichzeitig in dieser Woche auszutragen wirklich umgesetzt wird, kann man gleich jetzt seriöserweise nicht gleich sagen, aber so 4-5 Open gleichzeitig könnten es schon werden.

Mit fast 160 Teilnehmer, davon aber fast 100 im B-Turnier konnten sich die Kärntner gleich mal die Krone der meisten Teilnehmer aufsetzen – Tradition und eine schöne Erholungslandschaft im Umfeld bringen eben auch viele Stammgäste in diese Region Österreichs. Im A-Turnier waren von den 46 Teilnehmern 31 Österreicher und 9 Slowenen vertreten

2014gleich stveit

und doch ging der Turniersieg überlegen mit einem Punkt Vorsprung an den kroatischen GM Marin Bosiocic vor dem schottischen GM Matthew Turner, der sich nach Feinwertung vor dem besten Österreicher IM Helmut Kummer den zweiten Platz sicherte.

Sensationsmann des Turniers war der 16-jährige Hohenemser Emilian Hofer (2035) der mit sechs Siegen bei drei Niederlagen den fünften Platz belegte und dabei die erfahrenen
IM´s Leon Mazi und Georg Danner besiegen konnte. Eine beinahe noch größere größere Sensation gelingt seinem ebenfalls 16-jährigen Vereinskollegen Vincent Nussbaumer (1821) im B-Bewerb, der erst in der Schlussrunde ein Remis abgibt und mit 8,5 Punkten überlegen den Sieg vor dem Klagenfurter Gerhard Raschun mit 7 Punkten holt.

Gleich könnte man auf den Gedanken kommen, die Österreicher spielen gleich gerne dort wo sie auch Chancen auf Preisgeldränge haben und da sind gleich sehr hohe Preisgeldfonds nicht gleich das optimale, da – das ist zwar gleich ungerecht – die Spitze in anderen Ländern etwas stärker ist und die sich gleich die Preise gleich sichern und die Österreicher fürchten müssen gleich leer auszugehen.

Kommen wir gleich zum Anfang zurück und sprechen wir gleich das letzte Mal über den Passus, der gleich das Blut der Krennwurzn so in Wallung versetzen konnte. 

2014Gleich1

Nach Ansicht von gleich zwei Behörden (Bundesministerium für Konsumentenschutz und Europarechtsabteilung der Steiermärkischen Landesregierung) verstößt dieser Passus gegen den § 23 des Dienstleistungsgesetz (DLG) und damit europäischen Normen.

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Nun haben die gleich komplizierte und gleich unlösbare Situation, dass daran nichts zu rütteln ist, wenn auch ein Teil der steierischen Schachfreunde das gleich anders sehen. Gleichzeitig ist es gar nicht leicht dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen, denn die Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark könnte zwar eine Strafe gegen die Veranstalter aussprechen, kann aber auch für künftige Ausschreibungen den Passus nicht verbieten, da hierfür die rechtlichen Grundlagen fehlen. So bliebe nach Rücksprache mit Konsumentenschutzrechtsexperten gleich nur mehr zwei Wege um den Passus zu bekämpfen: erstens eine Klage wenn man ihn tatsächlich bezahlen musste oder zweitens eine Beschwerde an die Volksanwaltschaft, weil die zuständige Bezirkshauptmannschaft nicht durch hohe Verwaltungsstrafen hart genug gegen den Veranstalter vorgeht. Beides ist für die Krennwurzn nicht denkbar und so gebe ich den Don Quijotischen Kampf gegen die Windmühlen der Bürokratie und gleich auch der Starrsinnigkeit, mit der der Veranstalter sein eigenes Turnier in wohl schädigendes Fahrwasser bringt, auf!

Gute und schlechte Eröffnungsbücher
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Seit einiger Zeit rezensiere ich Bücher für den Niggemann Schachversand. Schachfreund Rieger macht das auch. Er schreibt meines Erachtens diplomatischer als ich und kommt von Zeit zu Zeit zu anderen Bewertungen. Daher möchte ich hier gelegentlich überspitzter formulieren und dadurch einen anderen Blickwinkel anbieten.

Fast immer erhalte ich Eröffnungsbücher. Meine eigene Meinung dazu ist, dass Eröffnungsbücher meist zu schlecht sind, um eine Kaufempfehlung auszusprechen. Daher formuliere ich in den Rezensionen besonders achtsam.

Kürzlich bekam ich zwei Bücher zum Rezensieren. Eins davon ist außergewöhnlich schlecht, das andere ist außergewöhnlich gut. Ein hervorragender Einstieg für diese Beitragsreihe…

Mit größtem Respekt habe ich noch anzumerken, dass Niggemann konsequent ist und auch meine niederschmetternde Bewertung eisenhart veröffentlicht hat. Hier die Rezensionen:

The King´s Indian Attack move by move – Neil McDonald

kiaSeit Jahren lästere ich mehr oder weniger offen über die Mittelmäßigkeit von Eröffnungsbüchern: Meistens gibt es keine Beschreibung, für welche Sorte Spieler die jeweilige Eröffnung ideal ist, keine übersichtliche Einleitung mit Beschreibung der Bauernstrukturen, keine oder viel zu wenig Erläuterung der typischen Pläne, kaum mal ein paar grundsätzliche hilfreiche Schachprinzipien. Stattdessen Analysen bis ins Endspiel hinein, obwohl die Endspiele nicht mehr typisch für die Eröffnung sind, wenig Informationsgehalt und langweilig geschrieben ist es oft auch noch. Englischsprachige Autoren haben bisher einen sehr geteilten Eindruck bei mir hinterlassen – Rowson, Nunn und Watson waren super, Collins war langweilig, aber gut, der Rest war schachlich mehr oder weniger mäßig. Vom Vielschreiber GM Neil McDonald kannte ich bisher nichts. Das scheint eine Bildungslücke gewesen zu sein.

Um es auf den Punkt zu bringen: Dieses Buch ist mit wirklich weitem Abstand das beste Eröffnungs(lehr)buch, das ich bisher in den Händen hielt. Warum?

-          McDonald gliedert geschickt eine schwierige, weil weit verzweigte Eröffnungstheorie.

-          Er liefert in jedem Kapitel die Erläuterungen zu frühen prinzipiellen Entscheidungen / unterschiedlichen Zügen. Er kommt dabei nah an die Übersichtlichkeit und Klarheit von Collins in dessen Tarrasch-Buch heran – mein Referenzwerk in Sachen Einleitung und Strukturdarstellung –, dafür hatte Collins auch die deutlich überschaubarere Theorie zu schultern.

-          In jeder Partie beschreibt McDonald ausführlich, welchen Plan man bei welchem gegnerischen Aufbau wählen sollte und vor allen Dingen auch genauso ausführlich, warum. Damit bekommt man hervorragendes Rüstzeug, die Stellungen zu verstehen und gute Pläne zu finden, anstatt Züge auswendig lernen zu müssen. Diese Beschreibungen führen nebenbei auch dazu, dass man sein prinzipielles Verständnis für Planfindung in Eröffnungen verbessert. Damit gelingt die bis heute nur sehr selten gelungene Kombination der Vermittlung von Eröffnungswissen und prinzipiellem Schachwissen.

-          Der Informationsgehalt ist umwerfend groß.

-          Alles ist verständlich geschrieben. McDonald schreibt in sachlichem Stil. Nicht knochentrocken wie Collins und leider nicht so amüsant wie Lakdawala, aber wer schafft das schon?

Gleich am Anfang teilt McDonald dem Leser mit, für wen diese Eröffnung ideal ist: Für Spieler, die sich nicht vom ersten Zug an auf Komplikationen einlassen wollen, sondern sich erst in Ruhe entwickeln wollen. Es ist ein flexibles System – Verständnis geht folglich vor Lernen. Wer also Zeit hat, viel neueste Theorie zu büffeln, kann vielleicht mit aggressiveren Eröffnungen mehr Punkte durch Wissen einsammeln. Wer dafür nicht so viel Zeit oder Begabung hat und eher auf Schachverständnis setzt, ist mit dem königsindischen Angriff gut aufgestellt.

Die „move by move“ Struktur, in der ein imaginärer Schüler Fragen stellt, nutzt McDonald nicht so gut, wie andere seiner Autoren-Kollegen. Er braucht das aber auch nicht.

Wer meine Rezensionen zu Eröffnungsbüchern kennt und sorgfältig liest, weiß, dass ich einen hohen Anspruch an moderne Eröffnungsbücher habe und keineswegs dazu neige, Eröffnungsbücher zu loben. Dieses Buch ist wirklich großartig! Wer diese Eröffnung gut findet, sollte zuerst dieses Buch durcharbeiten und braucht danach wahrscheinlich nicht mehr viel Sekundärliteratur – im Gegensatz zu den meisten anderen Eröffnungsbüchern. Wer es noch nicht weiß, sollte mit diesem Buch anfangen. Falls die Eröffnung doch nichts für einen ist, lernt man immer noch mehr als in so manchen Lehrbüchern.

Es geht zwar noch besser. Viel besser geht es aber nicht.

Dennis Calder

Fide Instructor

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Damian Lemos – The Fianchetto System

fsZunächst fragte ich mich: “Damian … Wer?“. Die schnelle Recherche ergibt, dass es sich um einen jungen (Jahrgang 1990) argentinischen GM handelt, der schon vor 5 Jahren die 2500 Elo überschritten und seitdem gehalten hat. 2006 wurde er amerikanischer Junior-Meister. Er kann also offensichtlich Schach spielen.

Dann warf ich einen Blick ins Buch und stellte erfreut fest, dass Lemos genau solche Varianten behandelt, die mich aus verschiedenen Gründen seit einiger Zeit sehr interessieren, worüber es aber für den lernwilligen Amateur nichts Brauchbares zu lesen gibt. Leider halte ich dieses Buch ebenfalls nicht für brauchbar.

Auch nach längerem Überlegen war es für mich allerdings nicht einfach, die fehlende Qualität des Buches anschaulich darzustellen. Vielleicht geht es so: Fast alles, was in einem wirklich guten Eröffnungsbuch zu finden ist, fehlt hier:

Es gibt keine systematische Einleitung. Sam Collins liefert in seinem Buch zur Tarrasch Defence eine großartige Vorlage, in der die typischen Bauernstrukturen, Felder- und Figurenschwächen und langfristige Pläne erläutert werden. Lemos liefert nichts dergleichen.

Die Texte sind sachlich geschrieben – Entertainment ist hier nicht vorhanden.

Es gibt auch in den Partien keine ausführliche Beschreibung der typischen Pläne und Strukturen. In einem Eröffnungslehrbuch sollten vorrangig die Pläne in typischen Strukturen erläutert werden, sonst bleibt es bestenfalls ein Nachschlagewerk. Für ein Nachschlagewerk ist dieses Buch aber viel zu unvollständig. Es erinnerte mich sehr an die Eröffnungsbücher aus dem Berliner Sportverlag aus den 80er Jahren – damals gut, für heutige Maßstäbe zu schlecht. Warum? Sehr oft werden in der Phase zwischen dem zehnten und siebzehnten Zug drei bis fünf Züge ohne jeden Kommentar angegeben, um an deren Ende dann eine kurze Erklärung des Autors wie “Weiß steht besser wegen des Läuferpaares“ oder “Weiß steht besser, weil er mehr Platz hat“ oder weil “die schwarze Dame auf d4 zu exponiert steht“ zu finden. Die Zugfolgen wiederum sind dabei meist keineswegs forciert und Bewertungen wie die gerade dargestellten sind wirklich keine besondere schachliche Leistung. Wie eine solche entstandene Stellung prinzipiell zu spielen ist, wäre das interessante Thema! Und der Hinweis, dass man mit einem fianchettierten Läufer auf g2 als Weißer üblicherweise auf dem Damenflügel spielen sollte, reicht mir dafür nicht aus. Es fehlt folglich enorm an Informationsgehalt.

Lemos nimmt in seinen Varianten mehrere Züge auf, die spielbar sind. Er erklärt aber, genau wie auch in den “alten“ Eröffnungsbüchern, nicht, warum andere Züge eher nicht gespielt werden sollten oder mit welchem Zweck ein Zug gespielt wurde.

Man merkt aber irgendwie doch, dass Lemos was vom Spiel versteht. Er konnte mir sein schachliches Stellungsgefühl nur leider nicht vermitteln. Er scheut sich auch nicht, seine eigenen neuen Ideen einzuarbeiten. Das trauen sich nicht besonders viele aktive Spieler. Er macht aber eben nur Zugvorschläge und lässt den Leser dann, wie gesagt, nicht daran teilhaben, wie er die Stellungen denn planmäßig weiter angehen würde. Der Lernwillige wird mit seinen Fragen alleine gelassen. So bleibt das Buch eine nur lückenhaft und unvollständig kommentierte Sammlung von Partien zu einer bestimmten Eröffnungsstruktur (d4, c4, Sf3, g3, Lg2).

Für Amateure unter 2200 Elo gibt es viel zu wenig zu lernen, für Spieler mit höherer Spielstärke gibt es günstigere Methoden, sich weiterzubilden. Ein Titelträger auf der Suche nach einer Lösung für eine Lücke in seinem Eröffnungsrepertoire im zehnten bis fünfzehnten Zug bekommt hier eventuell die eine oder andere Inspiration, mehr aber auch nicht.

Dennis Calder, FIDE Instructor

Juni 2014

Mein Weg zum ACO-Vize-Weltmeister
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-- Intention unseres Blogs ist es, ein breites Spektrum unserer Schachszene abzudecken. Dabei verstehen wir uns keineswegs als Nachrichtenportal, sondern schreiben über Geschehnisse, die uns gerade in den Sinn kommen oder setzen uns mit Missständen auseinander, die auf anderen Plattformen nicht diskutiert werden. Unterstützung jedweder Art ist dabei immer willkommen, und gerne bieten wir auch unseren engagierten Lesern zuweilen eine Bühne. -- Anm. d. Red. 

 

MeinWeg zur Vizeweltmeisterschaft der Amateure -Kategorie D-

Seit einigen Jahren bietet die ACO eine eigene Weltmeisterschaft für Amateure an. Ich entschloss mich zu einer Teilnahme auf Rhodos, da Urlaub und Schach eine willkommene Kombination ergibt.

Von einer Amateur-WM im Boxen hat man mal was gehört, auch im Billard und Wellenreiten (!?) soll es einen derartigen Wettbewerb geben, warum also nicht im Schach? Die Startrangliste D ergab einen Platz 18. Mit der "Bestätigung" dieses Platzes in der Endtabelle wollte ich mich aber nicht zufrieden geben, da ich zuletzt. Zuschauer diverser online-Lektionen war (siehe z.B. schach-seminare.eu) und  ich mich daher "gut bewaffnet" fühlte.

Meine wichtigste Vorgabe war, möglichst nie die Kontrolle über die Stellung zu verlieren, um ein Hauen und Stechen mit Spiel auf 3 Ergebnisse zu vermeiden. Dies gelang jedenfalls in den ersten 6 Runden hervorragend. Die Pläne und Züge der Gegner zu antizipieren war mir mindestens genauso wichtig, wie die eigenen Ideen durchzusetzen. Dies führte dazu, dass ich so gut wie nie von gegnerischen Zügen überrascht wurde und die ersten 5 Runden relativ "gemütlich" waren. Nach sehr erfreulichen 2,5 aus 3 Runden gab es 2 x Remis. In Runde 6 wurde ich jedoch plötzlich aus der Komfortzone befördert, nachdem mich ein Spieler aus Schweden durch eine geschickte Zugfolge auf von mir unbetretene Pfade lockte, nämlich in das berühmte (nicht aber berüchtigte) Blackmar-Diemer-Gambit. Eine Kontrolle der Stellung war daher allenfalls bedingt möglich. Nach einem Kavaliersstart mit quietschenden Reifen (kein Wunder bei diesem Gambit, da hat man anfangs eben einige sehr aktive Züge als Mini- Kompensation für das Material) war der Wagen meines Kontrahenten aber bald abgesoffen und einfach nicht mehr zum Laufen zu bringen.

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Dieter Bauer bei der Arbeit - oder der Vizekoloss von Rhodos, wie ihn die Nürtinger Zeitung nett beschrieb

In Runde 7 traf ich auf einen Spieler, der sich offenbar selbst mehr als "Schauspieler" sah. Er machte zugegeben richtig spektakuläre Züge und die Raffinesse hätte bei zahlreichen Zuschauern sicherlich zu stehenden Ovatione n geführt. Kleines Problem dabei: a) es gab mit Ausnahme vorbei schlendender Kiebitze keine Zuschauer b) einfache und unspektakuläre Züge hätten zu meiner frühzeitigen Aufgabe geführt. In Runde 8 hatte ich die ehrenvolle Aufgabe, mich zum ersten Mal in meinem Leben (!) an Brett 1 mit 5,5 aus 7 gegen den späteren Weltmeister aus Indien zur Wehr zu setzen. Das Remis durch Zugwiederholung führte dazu, dass nur ein Ausrutscher des Inders in der letzten Runde mich auf die oberste Stufe des Siegertreppchens wegen der besten Buchholzzahl katapultiert hätte. Eine Situation wie gemalt für Adrenalin-Junkies, für mich war es aber der blanke Horror und ich fühlte mich wie bei einer Achterbahnfahrt. Leider hatte der Gegner des späteren WM offenbar "weiche Knie" (um es vorsichtig auszudrücken) und es wurde bald die Friedenspfeife geraucht. Ganz anders dagegen das Schlachtfeld an meinem Tisch 2: ich konnte einen Freibauern bis auf die sechste Reihe bringen. Dieser hatte ungefähr die  Wirkung eines rostigen Nagels im Knie, einfach ein ständiger Unruheherd. Irgendwann brach die Stellung des norddeutschen Schachfreunds Mohr wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

Als ich langsam den unfassbaren 2. Platz begriffen hatte, ging ich schnurstracks ins Hotel und händigte jeder entgegenkommenden Reinigungskraft ein paar Euro als Ausdruck meiner Freude aus.  Ich war kurz davor, dem kompletten Hotelpersonal (welches nicht bis zur Zahl 3 auf den Bäumen war) um den Hals zu fallen.  Und vor der ca. 2-stündigen Siegerehrung mit anschließendem Galadinner wollte ich vorübergehend nur allein sein, damit der ganze Film (Trainingsaufwand, Reinstecken von Energie, zielgerichtetes und seriöses bzw. diszipliniertes Vorgehen während der Wettkampfwoche) unter Verdrücken der ein oder anderen Träne in Ruhe nochmal ablaufen konnte.

Details zu den Gegnern wie Staatsangehörigkeit u.a. , Endtabelle usw. vgl. die Seite www.chess-results.com

Auswärtssieg!
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09. Juli 2014

Auswärtssieg!

Was für ein Abend, was für ein Spiel - mit 7 : 1 gewinnt Deutschland im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft gegen verblüffend wehrlose Brasilianer und zieht damit ein ins Endspiel der WM 2014. Ein historischer Abend, ein mehr als großartiges Spiel, und mit Siebeneins sogar ein echtes Schachergebnis - wir gratulieren! Spitze, Jungs!

Vier der sieben deutschen Tore fielen in einem Zeitraum von nur ungefähr 7 Minuten - das ist beim Schach mal gerade so die Dauer eine etwas kürzeren Blitzpartie. Man könnte nun noch einiges schreiben, von Miroslav Klose und seinem Tor-Rekord bei Weltmeisterschaften, von traurigen Brasilianern und wundervollen Ballstafetten - wir wollen das aber alles gar nicht tun, und uns nur über diesen einmaligen, phantastischen Abend freuen.

Am Mittwoch abend wird zwischen Argentinien und den Niederlanden das zweite Halbfinale ausgetragen. Eine gewisse SybilSanderson schrieb über diese Konstellation in einem englischen Forum eine kleine Anekdote:

A German friend just send me a joke:
I just met a Dutch neighbour in the supermarket. He told me that they play against Argentine tomorrow. I said: "What a coincidence, so do we on Sunday".

(Ein deutscher Freund hat mir einen Witz geschickt:
Vorhin traf ich meinen holländischen Nachbarn im Supermarkt. Er erzählte mir, dass sie morgen gegen Argentinien spielen. Ich sagte: "So ein Zufall - wir auch, am Sonntag.")

In diesem Sinne - Grüße an Thomas Richter, den alten Holländer, und ein schönes zweites Halbfinale morgen. Wir sehen uns (vielleicht) am Sonntag!

  Fuballschach-2013
Ein Vorbild auch für die Fußball- Nationalmannschaft: das starke Team des Hamburger Schachklubs,
                                                          hier auf dem Weg zum Titelgewinn beim Werder-Fußball-Schachturnier 2013

Spitzenbretter der vorletzten Runde
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Das Limburg Open ist nun schon fast vier Wochen vorbei, warum jetzt noch eine Nachlese? Naja, weil ich es nicht schneller geschafft habe ... . Aber einige Leitmotive sind zeitlos, zum Beispiel "Wie besiegen Grossmeister (junge) Amateure?" Oder auch nicht. Ein bisschen fliesst auch ein: "Was sieht ein Kibitzer meines Niveaus während anderer Leute Partien, ohne Computerhilfe?". Das bezieht sich allerdings nur auf die letzten drei Runden, die ich vor Ort miterlebte - die ersten vier Runden habe ich teils live im Internet, teils erst im Nachhinein beobachtet. Der Artikel wird nun chronologisch, mit Beispielen/Partiefragmenten aus (fast) jeder Runde. Nicht immer erwähne ich, was als nächstes geschah - mitunter ist auch "der Leser am Zug". Bei den Amateurgegnern nenne ich jeweils Jahrgang und Elozahl - vor dem Turnier, nicht die aktuelle der Juli 2014 Liste.

Runde 1: GM Erwin l'Ami - FM Marcel Harff (*1990, Elo 2288) 1-0

Nach der sechsten Runde erwähnte FM Marcel Harff mir gegenüber, dass er zu Turnierbeginn gegen den Elofavoriten und späteren Turniersieger eine Remisstellung einzügig verdarb. Er meinte sicher 45.- Sf8-d7?? (Diagramm danach)

LAmi - Harff

 

 

 

 

 

 

 

Zuvor pendelte der schwarze Turm mehrfach zwischen a3 und a7 (aber der GM wollte keine dreifache Zugwiederholung), das wäre auch hier besser gewesen. Alternativ auch das etwas krumme 45.-Lb8 - und diese Tips sollten ausreichen, um l'Amis nächsten Zug zu finden.

Nicht in jedem offenen Turnier gewinnt ein GM-Opfer aus Runde 1 die nächsten fünf Partien, spielt damit in der letzten Runde wieder an Brett 2 und teilt danach den zweiten (bis fünften Platz). Belohnung waren ordentliches Preisgeld und 31 Elopunkte - allerdings trotz TPR 2530 keine IM-Norm: dafür sind sieben Runden zu wenig, und er bekam auch keine weiteren GMs oder IMs vorgesetzt. Harff (aus Hochneukirch bei Mönchengladbach) ist noch jung, wenn auch älter als diverse die im weiteren Turnierverlauf genannt werden. Angefangen mit

Runde 2: Mischa Senders (*1997, Elo 2159) - GM Berg 1/2

Senders-Berg

Da vergab Turnierstammgast Emanuel Berg allerdings einen Elfmeter, was hätte er hier (am Zug) spielen müssen? Jedenfalls nicht wie in der Partie 30.-T8f7? 31.Tf1 De3 32.Txf6 Txf6 33.Tf1 Txf1 34.Lxf1 Df2 35.Lb5 Df7 36.Lxc6

Senders-Berg2

und nun hatte der GM nach eigener Aussage Glück, dass er mit Dauerschach entwischte.

In Runde 3 verdarb Emanuel Berg eine klar bessere bis gewonnene Stellung gar noch zum Verlust, und zwar gegen FM Jorden Van Foreest (*1999, Elo 2448). Da tue ich mich allerdings schwer, einen Moment aus der Partie auszuwählen, weiter geht es also mit

Runde 4: GM Fier - Tycho Dijkhuis (*1998, Elo 2271) 0-1

Fier-Dijkhuis

Der Brasilianer Alexandr Fier hat den Spitznamen "No fear", aber etwas Vorsicht war hier vielleicht angebracht - statt 21.Dxb4?! wonach Schwarz in einem sizilianischen Drachen die offenen Linien am Damenflügel ausnutzen konnte (wobei Weiss sich danach nicht optimal verteidigte). Fier war allerdings gesundheitlich angeschlagen und besuchte vor der Runde zusammen mit den Organisatoren eine Apotheke. Dijkhuis hat inzwischen Elo 2321, 50 Elopunkte plus verteilen sich fast gleichmässig über das Limburg Open und den HASPA Schachpokal in Bargteheide (meine schleswig-holsteinische Zwischenheimat).

Runde 5: IM Quinten Ducarmon (*1994, Elo 2483) - Mischa Senders 1-0

Ducarmon-Senders

Hier zur Abwechslung die Schlusstellung aus der Partie zweier junger Spieler. Warum hat Schwarz eigentlich aufgegeben, bei ausgeglichenem Material? Vermutlich, weil er Königsverlust nicht verhindern kann. Ducarmon spielt in den Niederlanden für Kennemer Combinatie (Grossraum Amsterdam) - vielleicht weiss ein Leser, warum er auch Mitglied eines Aachener Vereins ist, aber nur sehr sporadisch Mannschaftskämpfe spielt.

Runde 6 und die entscheidende Phase im Turnier, daher mehrere Fragmente und Diagramme, zunächst die per Titelbild bereits erwähnten Partien:

GM Erwin l'Ami - IM Quinten Ducarmon 1-0

Der offizielle Rundenbericht setzt das Diagramm etwas früher als ich (unten) und schreibt dazu "Weiss hat das Läuferpaar und eine minimal bessere Königsstellung. Noch jede Menge Arbeit, um die Partie zu gewinnen, stärker, Vereinsspieler schaffen es oft nicht, aber Erwin verwandelte professionell." Houdini kritisierte allerdings das weisse Spiel im weiteren Verlauf (naja, er hat fast immer was zu meckern), Schwarz konnte das weisse Läuferpaar halbieren und dann stand es so:

LAmi - Ducarmon

 

 

 

 

 

 

 

Ich erwartete 29.-Sc6 und Schwarz überlebt vermutlich (30.Dc5 Dd4+ 31.Dxd4 Sxd4), aber nach langem Nachdenken entkorkte Ducarmon 29.-Sc4?! (Idee sicher 30.Lxc4 Dd4+ usw., aber) 30.Dc5 Dd4+ 31.Dxd4 Txd4 32.Tc1 und nun war (Partie) 32.-Txf4 33.Txc4 Txc4 34.Lxc4 Txe4 usw. wohl das kleinste Übel, aber der Rest doch Technik aus weisser Sicht. In diesem Moment hätte ich besser gespielt als der IM - ob ich die Stellung vorher und (fiktiv) hinterher halten könnte steht natürlich auf einem anderen Blatt. Dennoch war es - vielleicht im Gegensatz zu Runde 1 - ein insgesamt überzeugend-souveräner Sieg des GMs, der eben die ganze Partie über am Drücker war. Wie erging es seinem Kollegen Sipke Ernst nebendran?

GM Ernst - Thomas Beerdsen (*1998, Elo 2205) 1/2

Ernst-Beerdsen

Zuletzt geschach 14.Sa5-c4 - was eine lange relativ forcierte Abwicklung einleitet. Vielleicht war es so geplant, vielleicht auch ein bisschen aus der Not geboren nach zuvor 13.d3?! (verfrühter Aufzug des d-Bauern im Reti-System) 13.-c5! wonach der Sa5 wacklig steht und das Vis-a-vis auf der c-Linie Weiss auch gewisse Kopfschmerzen bereitet. Wie dem auch sei, ich erwartete, was dann auch aufs Brett kam: 14.-cxb4 15.Sxb6 Txc2 16.Sd4 (kostet Material, aber sonst steht Schwarz prima) 16.-Txc1 17.Tfxc1 Sxb6 18.Sxe6 fxe6 19.Txb4 Sfd5 20.Lxd5 Sxd5 21.Txb7

Ernst-Beerdsen2

Thomas (gemeint ist Beerdsen) verwendete einige Bedenkzeit - wohl nicht nur um die Variante zu berechnen, sondern auch um die nun entstandene Stellung zu beurteilen. Weiss hat sicher Kompensation für den kleinen materiellen Nachteil: klar bessere Bauernstruktur, momentan aktivere Figuren - aber wer steht besser? Am Ende stand es dann so:

Ernst-Beerdsen3

 

 

 

 

 

 

 

Die Lage hat sich geklärt: Weiss hat Dauerschach - nicht weniger aber auch nicht mehr. Beerdsen hat inzwischen Elo 2260 - auch er spielte im Juni zwei starke Opens, wobei er bei nächster Gelegenheit (HSG Open in Hilversum) gegen Sipke Ernst verlor.

Das nächste Fragment passt wieder nicht ganz in das Konzept "Jugend gegen GMs", aber ich will noch ein bisschen alliterieren:

GM Berg - Bob Beeke (*1981, Elo 2255)

Berg-Beeke

Beeke ist etwa genauso alt oder jung wie sein grossmeisterlicher Gegner. Berg tat sich schwer gegen Bob Beekes Berliner Beton, das ist auch nicht unbedingt Berg's preferred battleground - der Schwede ist vor allem Angriffsspieler [ich musste auf Englisch ausweichen, um den Hauptsponsor Bruls Prefab Beton nochmal indirekt zu nennen]. Das Diagramm zeigt die Stellung nach zuletzt 51.- Sd4-f3 52.Lh4-g3. Nun musste der schwarze Springer wieder nach d4, bzw. sich diese Option mit 52.-c6 offenhalten. Stattdessen war 52.-Sd2 vielleicht sogar ein Gewinnversuch, aber ... 53.Kg7 und der weisse f-Bauer(!) entscheidet die Partie, es folgte noch 53.-c6 54.f6 Se4 55.Lf4 Sxf6 56.exf6 b5 57.cxb5 cxb5 58.axb5. Das hatte ich nicht live mitbekommen - nachdem diverse andere Partien früher beendet waren, konzentrierte ich mich auf Spielerinterviews.

Runde 7 mit dem Duell zweier GMs, die nach (s.o.) durchwachsenem Turnier beide einen vollen Punkt brauchten:

GM Fier - GM Berg 0-1

Daher begann die Partie auch mit Trompowsky und heterogenen Rochaden, und irgendwann stand es so:

Fier-Berg

Schwarz am Zug gewinnt. Dass es einen Gewinnzug gibt sollte ein ausreichender Hinweis an den Leser sein, um diesen zu finden. Ich (und vielleicht auch GM Fier?) hatte die Stellung als Kibitz allerdings ziemlich verkehrt eingeschätzt und dachte, dass der weisse Königsangriff gefährlicher sei.

Um mit dem Leitmotiv abzuschliessen: Wie gewinnen Grossmeister gegen Amateure? Manchmal souverän (dafür gibt es sicher auch diverse andere Beispiele), manchmal indem sie geduldig auf gegnerische Fehler warten und diese ausnützen, und manchmal gewinnen sie auch nicht. Auf einem anderen Blatt steht, wieviele der erwähnten Jungtalente irgendwann selbst Grossmeister werden.

 

 

Hier hilft man sich
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03. Juli 2014

Hier hilft man sich

Mit etwas Verspätung kommt das Problem des Monats Juni. Das Motto "Hier hilft man sich", ein bekannter Werbeslogan einer Baumarktkette, kennzeichnet einen inzwischen recht umfangreichen Teil des Problemschachs: Das Hilfsspiel.

Worum geht es? Ein Ziel wird vorgegeben und Schwarz und Weiß kooperieren, um dieses zu erreichen. Offen gestanden bin ich kein großer Fan von solchen kooperativen Aufgaben - der Charakter des Schachs ist ja nun von jeher eher konfrontativ und persönlich mag ich es, wenn einer etwas erzwingt gegen beste Verteidigung des Gegners. Auch wenn es nichts für ein breites Publikum sein mag: Ich mag Aufgaben mit schwieriger und komplizierter Strategie.

Dennoch gibt es auch in diesem Teil des Schachhorizonts einiges zu entdecken. Das folgende hübsche Knobelstück besticht beispielsweise durch seine Einfachheit in der Ausgangsstellung und seinen attraktiven Lösungsverlauf.Die Lösung dürfte eigentlich zu finden sein, ohne sich eine Nacht um die Ohren zu schlagen, aber man wird ja derzeit auch noch gut mit Fußballübertragungen unterhalten.

FentonH9

Bei dieser Stellung handelt es sich nicht um eine schwierige Endspielsituation, sondern um ein Hilfspatt in neun Zügen. Was das bedeutet? Es funktioniert so: Schwarz beginnt, beide Seiten machen neun Züge und am Ende ist Schwarz patt. Die Zugfolge zu der Pattstellung ist eindeutig (das Wissen darum hilft eigentlich schon beim Lösen), wer findet sie?

Vier Erfolg beim Knobeln! Lösungen, Hinweise und Bewertungen als Kommentar. Sollte es gar zu einfach sein, lasst die Aufgabe bitte noch etwas stehen und wartet mit der Lösung bis Samstag, damit Interessierte das Deutschlandspiel gegen Frankreich sinnvollerweise zum Knobeln nutzen können... Danke!