Klaus Jörg Lais

Klaus Jörg Lais

Saarländer, Schachspieler, Immobilienkaufmann, später Systemadministrator, dann Marketing und Journalismus. Schachspieler seit 1989, Vereinsmitgründer des Saarbrücker Gambit 89, Spielersprecher im saarländischen Schachverband 1992-1996 und Referent für Öffentlichkeitsarbeit 2001 bis 2005, danach Presse und ÖA im Deutschen Schachbund bis 2011, Presseleiter der Schacholympiade 2008 für die Landeshauptstadt Dresden. Lebt (sehr gerne) seit 2010 in Berlin.

Jahrelang musste ich mir anhören: "Ja aber, das mit den Sponsoren - das haben wir doch schon so oft versucht, das hat doch noch nie funktioniert". Was beim Deutschen Schachbund so ganz genau "nicht funktioniert" hat, das waren etwa nicht die Sponsoren oder das Sponsoring im Schach unmöglich ist, sondern die Art und Weise wie man das Projekt anging. Vor allem muss man mal eins verstanden haben, bevor man anfängt: Man muss dem Sponsor auch was bieten können. sfk-sw4

Selbst Robert K. von Weizsäcker, der zumindest als selbständig nachdenkender Mensch gilt, bilanzierte nach seiner Amtszeit, er habe ja alles versucht und mit vielen potentiellen Geldgebern gesprochen. Aber um mit Schach zu werben, dafür brauche es den Deutschen Schachbund ja nicht. Das ist nur bedingt richtig, denn der Schachbund leistet ja eine ganze Menge. Die Frage ist nur: Wie vermittle ich das?

Zunächst mache ich mich mal nicht ganz so klein und schreibe auf, was ich alles leisten kann. Dann knüpfe ich Kontakte zu Leuten die wissen, worüber sie reden oder zumindest als solche gelten und lasse mir das von außen bewerten. Damit gehe ich dann zu Steinbrück oder wer sich sonst noch für prominent politisch hält und lasse ihn das unterzeichnen (wieso war eigentlich nie jemand bei Helmut, wenn er mit Loki spielte?).

Solchermaßen bewaffnet suche ich mir ein allgemein positiv besetztes Thema (Kinderförderung geht immer), verknüpfe es mit einem mir nützlichen und schachlichen Aspekt und werbe für die Umsetzung bei Geldgebern, die sich mit dem Projekt (nicht unbedingt mit dem Spiel selbst) identifizieren können und damit ihren Bekanntheitsgrad erhöhen. Damit wiederum erzeuge ich eine ordentliche Pressearbeit und mache weiter Geldgeber auf mich aufmerksam. Und vor allem lasse ich diejenigen in ihren Ämtern, die sich solch eine Mammutaufgabe noch freiwillig aufbürden wollen, einfach mal in Ruhe arbeiten und versuche nicht ständig aus Eitelkeit meinen eigenen Stempel aufzudrücken. 

sfk-sw1Projektname: "Schach für Kids". Projektstarter: Ralf Schreiber, der vorige Referent für Breitenschach. Begonnen im Kreis Hattingen, ausgeweitet auf den ganzen Ennepe-Ruhr-Kreis in 157 Kindergärten und demnächst in vierstelliger Anzahl in Kindertagesstätten (gleich zehntausende Kinder) präsent. Die Initiative wird in drei namhaften Städten stadtweit umgesetzt - die Namen der drei Städte werden erst nach gemeinsamer Pressemitteilung mit dem Hauptsponsor bekannt gegeben. Was sich zunächst wie Beschäftigungstherapie für Schachlehrer mit Geduld und Zeit liest, ist beim zweiten Hinsehen eine erfolgreiche Initiative nach genau oben beschriebenem Muster. "Tue gutes und rede darüber" muss entsprechend vorbereitet sein, damit es Erfolg hat. SFK, wie sich die Methode abkürzt, war nun beim Weltkindertag im Landtag Nordrhein-Westfalens. Kein weltumfassender Schritt, aber einer der vielen kleinen kontinuierlicher Arbeit, die letztendlich eine Reihe von Unterstützern fand. Und es geht ja noch weiter.

Aber womit sollte der Deutsche Schachbund die Wünsche potentieller Sponsoren umsetzen? Wäre denn überhaupt ein Back-Office da, das sich um die Durchsetzung der getroffenen Vereinbarungen kümmert? Wäre der DSB seinen Mitgliedern, den Mitgliedsverbänden gegenüber überhaupt weisungsbefugt? Die Antwortenn lauten: Keine Ahnung, Nein und Sehr bedingt. Und sie kommen übrigens nicht von mir. Verwundert da die Aussage des Ex-Präsidenten?

http://www.schach-fuer-kids.de/ 

Donnerstag, 28 Juli 2011 09:58

Ringschachbahn

In Berlin kann man an dank der Ringbahn an der gleichen S-Bahn Haltestelle ein- und aussteigen, ohne den Zug zu wechseln. „Vollring“ stand da früher auf den Zügen. Zum schachlichen Vollring kommen immer wieder mal Stationen hinzu und andere fallen weg. In diesem Jahr hält die Schachbahn zum zwanzigsten Mal in Dresden.

Ausblick vom Spielort

Schachfestival_Teilnehmer1

Das ZMDI-Open (früher ZMD-Open wegen des Hauptsponsors, der seinen Namen aufgrund der sprachlichen Nähe zu AMD wechseln musste), war von jeher das Zugpferd des Schachfestivals, das sein zweites Jahrzehnt in wenigen Tagen beginnt und neun Turniertage später beendet. Ausgestattet mit üppigen Preisgeldern in allen Ratinggruppen, zieht das Open aus den grenznahen Regionen zu Polen und Tschechien, aber auch aus ganz Ostdeutschland und dank der Touristenattraktion Dresden bundesweit jede Menge Besucher an. 


Schachfestival_Teilnehmer2Zwanzig Jahre sind eine Menge Holz. Und es gibt genügend Beispiele, bei denen es zu weitaus weniger gelangt hat. Warum funktioniert eine Veranstaltung, die abgesehen davon, dass die Dresdner aufgrund der Stadt als touristisches Ausflugsziel einen dicken Bonus haben, auch nichts anderes tut, als Schachspieler einzuladen? Die wenigen Änderungen im Turniermodus oder das Begleitprogramm alleine (in diesem Jahr Ländervergleich der Frauen zwischen der Ukraine und Deutschland) werden es nicht machen. Wenn aber alle es gleich machen und trotzdem einige nicht überleben, sollte das begründbar sein.

Schachfestival_Teilnehmer3Um es vorweg zu nehmen - beide Belege sind unsichtbar für die Teilnehmer, bestenfalls wahrnehmbar. Aber auch das nur mit einer Aufmerksamkeit, die mit dem Turniergeschehen nichts zu tun hat. Den begleitenden Festakt auf Schloss Albrechtsberg wird der gemeine Schachspieler nämlich nie sehen. Das Startgeld beinhaltet zwar die Teilnahme am Open und die begleitende Betreuung, aber nichts weiter. Auch für die Unterkünfte muss der Schachspieler hier genau so sorgen, wie anderswo. Das Ramada-Hotel als Veranstaltungsort bietet geringere Preise als im normalen Hotelbetrieb, das bewegt sich aber auch in einem Rahmen, den man bei früher Buchung ohne Turnier errieicht. Der Festakt über den Dächern Dresdens, am Hügel über der gerade durch die Waldschlösschenbrücke zerstörten Elbwiesen, bleibt eine geschlossene Veranstaltung für geladene Gäste.


Schachfestival_Spielsaal

Das Progarmm des Festabends dient weniger dem Turniergeschehen selbst, als vielmehr der gekonnten Vernetzung eines exzellenten Selbstbildnis, der Politik und den Sponsoren des Festivals. Begleitet von allerlei kulinarischen Köstlichkeiten, bieten die Dresdner ihrer lokalen Politprominenz eine willkommene Möglichkeit, sich als Befürworter einer strategischen Kunst in die Zeitungen schreiben zu lassen. Gleichzeitig bietet der durch Schachspiel-Highlights aufgehübschte Abend den Sponsoren die entspannte Möglichkeit, zwischen kreativem Fingerfood und Elbhangriesling mit städtischen Verantwortlichen eine Basis für künftige Vertrauensarbeit aufzubauen. Das immer noch ein weiteres Jahr Schachfestival geplant werden kann, wird zu einem wesentlichen Teil hier entschieden - und nicht bei den Anmeldezahlen.

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Schachfestival_GrafDer zweite und mindestens ebenso wichtige Grund für das immer wiederkehrende Open ist die eigentliche Sensation des Turniers. Die Mannschaft, der ich selbst seit sechs Jahren aushelfe, hat bei einer Stärke von über zwanzig Personen zwar in einzelnen Funktionen Veränderungen erfahren, sich aber als Team nicht wesentlich verändert. Was ist das für eine Kunst, eine funktionierende und ehrenamtlich agierende Mannschaft über so viele Jahre zusammenzuhalten? Was motiviert rund zwei Dutzend Helfer Jahr für Jahr, Porzellancup, Schachfrühling und Schachfestival neu auszurichten und sich als Turnierleiter, Schiedsrichter, Aufbauhelfer, Übertragungstechniker, etc... jedes Mal neu zu engagieren? Das Geld kann es jedenfalls nicht sein, denn die Arbeit bleibt bis auf die eigenen Aufwendungen unbezahlt. Es gibt dieses wunderbare Bild von den Chesstigers in Mainz auf der Bühne, als alle zusammen sitzen zum Teamfoto - und ich liebe dieses Bild vor allem, weil man in jedem einzelnen Gesicht ablesen kann, wieviel Freude und Stolz darin steht, so viel Lob zu kassieren. Dazu gehört immer auch die Gabe, sich selbst zu motivieren und mit dem Team arbeiten zu wollen. Ohne diese wahrhaft hohe Kunst wäre jedes noch so schöne Turnier verloren. Wetten, dass die Ringbahn auch im 21. Jahr dort hält?

Schachfestival_Springer

www.schachfestival.de

Samstag, 09 Juli 2011 18:13

Der unendlich Verlängerte

„Sein Name war Wowbagger der Unendlich Verlängerte. Er war ein Mann mit Vorsätzen. Nicht sehr guten Vorsätzen, wie er als erster zuzugeben bereit gewesen wäre, aber es waren wenigstens Vorsätze, und sie hielten ihn wenigstens in Trab. Wowbagger der Unendlich Verlängerte war - das heißt, ist einer der ganz wenigen Unsterblichen im Universum. Diejenigen, die unsterblich geboren werden, wissen instinktiv, wie sie damit fertig werden, aber Wowbagger gehörte nicht zu ihnen. Im Grunde hasste er sie inzwischen, dieses Rudel heitergelassener Arschlöcher.“ (Douglas Adams, Per Anhalter durch die Galaxis, 1980).

Herbert_Bastian_DEM_2006


Der Präse sammelt fleißig Punkte. Bei mir. Aber das will nichts heißen, ich hatte ihm das eh zugetraut. Wir kennen uns seit 22 Jahren. 19 davon als Präsident des saarländischen Schachverbandes, sehr viele der Jahre alsLandesmeister (20 Titel), acht Jahre darunter in der Zusammenarbeit im saarländischen Präsidium und sechs der 22 Jahre in seiner Rolle im Arbeitskreis der Landesverbände.

Wie oft ich an seiner Stelle den Griffel hingelegt und aufgegeben hätte, kann ich gar nicht mehr zählen. Der Mann ist schier unverwüstlich, voller Energie, gibt niemals auf - und wiederholt beherzt seine Fehler.

Das macht ihn zu einem unendlich Verlängerten. Im saarländischen Präsidium reichte es bisher nie, in den Landesmeisterschaften selten für einen Konkurrenten. Bastian arbeitet einfach alles weg.


Im derzeitlichen Neuanfangen, Interviewen, Sortieren und Ordnen geht einem leicht der Blick fürs Wesentliche verloren. Vor allem wenn man in seiner Sicht der Dinge so fest verstrickt ist, dass einem kaum Raum zum Reflektieren bleibt. Der neugewählte Präsident des DSB hat in den letzten Wochen zwei sehr bemerkenswerte Interviews und ein Statement zum Status Quo auf der DSB-Seite hinterlassen, in denen es außerordentlich deutliche Aussagen gab. Hier ist der Textmarker:


Am 14. Juni veröffentlichte die Deutsche Schachjugend auf ihren Internetseiten ein Interview während der Jugend-Meisterschaften in Oberhof. Dort antwortet Bastian auf die Frage der Zusammenarbeit zwischen DSJ und DSB: „Wir wissen alle, dass es in der Vergangenheit Spannungen zwischen der DSJ bzw. Jörg Schulz und DSB-Funktionären gab. Unser ausgeschiedener Präsident hat schon auf dem Kongress in Bonn gesagt, dass er die Stirn nicht in Falten legt, wenn er den Namen Jörg Schulz hört, und so sehe ich es auch. An dieser Front muss endlich Ruhe einkehren…“

Herbert_Bastian_Ralph_Alt_Klaus_Gohde

Die Betonung liegt hier auf „Alle“ in „Wir wissen alle…“ . Nein, es wissen eben nicht alle und es gehört Mut dazu,  dies einfach mal auszuplaudern. Der Berufsjugendliche und DSJ-Geschäftsführer Schulz, zugleich  stellvertretender Geschäftsführer im DSB, hat es sich über die vielen Jahre seines Wirkens mit so vielen  verdorben, dass ich es für ein Paradoxon halte, dass der Mann überhaupt noch mitmachen darf.

Genau  genommen fällt es mir schwer zu glauben, dass es auch nur einen einzigen gibt, der mit ihm auskommt – mal  abgesehen von DSJ-Funktionären, die von seiner Machtfülle profitieren und damit im Abhängigkeitsverhältnis  stehen. Denn Schulz zieht nicht nur seit Ewigkeiten die Fäden beim DSB und der DSJ, er ist auch in Dutzenden  anderer Funktionen ausgezeichnet vernetzt. Nachfolger von Horst Metzing als Geschäftsführer wird er  indessen nicht werden – dort strebt jetzt der umtriebige Schatzmeister Michael Langer hin, nachdem  zwischenzeitlich der Bundestrainer im Gespräch war.

Dass solch ein Satz mit dem Namen Schulz überhaupt mal ausgesprochen wird, war bisher fernab jeder  Realität. Dazu muss man wissen, dass im DSB zwar von jeher kreuz und quer intrigiert und übel nachgeredet  wird, dies aber nie öffentlich. Selbst der Autor dieser Zeilen hielt sich an den Ehrenkodex, so lange er im Amt war.

Herbert_Bastian_Wiessee_2007


Zur Frage nach dem neuen Partner Honorar Konzept antwortet Bastian: „Den Vertrag kenne ich noch nicht im Detail“. Auch dazu gehört Mut – und das meine ich durchweg positiv. Meine Gegenfrage würde lauten: „Wer kennt den Vertrag überhaupt“? In meiner Zeit als Referent im Deutschen Schulz Schachbund gab es außer den üblichen Allgemeinfloskeln und Presseerklärungen keine Auskunft. Aber es muss ein verdammt mächtiger Vertrag sein, wenn eine Partnershipfolie so aussieht wie hier unten. Reden wir von Hunderttausenden Euros?:

Sponsorenwand


Im Schachmagazin 64 sagt Bastian, er begrüße die Wahl von Weizsäckers zum  Ehrenpräsidenten, hat aber „trotzdem volles Verständnis dafür, dass eine  solche Entscheidung langjährig verdiente Funktionäre durchaus irritieren kann“.  Betrachtet man rückwirkend den Verlauf des Bundeskongresses in Bonn und  kennt man den Unterschied im Umgang der DSB-Funktionäre miteinander (wer  Macht hat wird beachtet, wer keine hat ignoriert) – dann wird diesen scheinbar  nebenbei ausgesprochenen Worten eine weisheitliche Würde zuteil, wie sie  ihresgleichen sucht. So bricht Bastian auch in anderen Textstellen mit Tabus,  die bisher kaum definiert waren.

Zum Beispiel einfach mal auszusprechen,  dass sich die Topspieler „bei öffentlichen Äußerungen benehmen müssen“, ist  gleichermaßen profan wie absolut notwendig.

Der Neugewählte ist auch auf der DSB-Internetseite ein Mannschaftsspieler. Keiner der drei letzten Präsidenten  (Schlya, Kribben, Weyer – Weizsäcker war ja de facto untätig und hat das Führen des Verbandes seinen  Stellvertretern überlassen) hat es geschafft, einmal das zu unterstreichen was bisher geleistet wurde und wie  diese Lücken zu füllen sind. Im Artikel vom 01. Juli analysiert Bastian die Spuren, die von den ausscheidenden  Präsidiumsmitgliedern hinterlassen wurden.

Herbert_Bastian_Siegerehrung_SEM_2004_2

Und zwar überlegt, deutlich, genau und wahrheitsgemäß. Auch hier  stehen überraschend klare Aussagen, auch wenn zu beobachten ist, dass kritische Worte erst nach unten gelesen  zunehmen und oben an der Pyramidenspitze eher mal was Schlagsahne obenauf liegt, die da nicht hingehört.

Der Mann spricht in aller Regel aus, was er denkt. Dafür wird er im DSB noch viele Ohrfeigen kassieren. Das ist aber  immer noch besser, als die Versuche sich wie ein Klon eines aalglatten Politikers zu präsentieren. Die Wetten stehen  gut, dass der unendlich Verlängerte durchhält. Quod erat demonstrandum? Demnächst in diesem Theater…