Wenn Baden-Baden zweimal klingelt

Zwei Zwei-Meter-Männer auf einem Bild: Sven Noppes und Peter Heine Nielsen Zwei Zwei-Meter-Männer auf einem Bild: Sven Noppes und Peter Heine Nielsen OSt

Wenn es zweimal klingelt und Sven Noppes vor der Tür steht, weiß man, dass er a) meist eine Gruppe von acht Weltklasse-Großmeistern bei sich hat und b) selten den Raum wieder verlässt, ohne mindestens zwei Mannschaftspunkte mitzunehmen.

So war es auch gestern im Bremer Weserstadion: der großgewachsene non-playing captain der SG Baden-Oos hatte wieder ein schlagkräftiges Team um sich geschart, und am Ende wurden die gastgebenden Werderaner mit einer 1,5 – 6,5 Niederlage in einen traurigen Liga- Feierabend entlassen. Werder kam unter die Räder - und das auch noch in Anwesenheit von Michael Woltmann, dem 1.Vorsitzender des alten Lokalrivalen Bremer SG. (Michael ließ sogar einen Truthahn im Ofen ebenso wie seine Gäste beim traditionellen Truthahnessen ein wenig warten, um zu einem Besuch ins Stadion zu eilen. Echte Schach-Leidenschaft an der Weser!)

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                     Im Bauch des Weserstadions

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Zwei Großmeister unter sich, im Hintergrund eine Lampe: Arkadij Naiditsch und Tomi Nybäck

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Drei Mitglieder des Werder OrgTeams:
              Katharina Boeck, Andreas Samjeske und Oliver Schindler


So oder so, es gab gestern keine Mannschaftspunkte für Werder. Einziger Trost: Sven Noppes hatte netterweise zwei große Stapel Saison-Magazine der Badener mitgebracht (Spielzeit 2012/2013) und als Gastgeschenk am Eingang abgelegt. Mal sehen – vielleicht können die Bremer gleich dort nach den Gründen für ihre Niederlage suchen.
Dabei hatte es zwischenzeitlich schon ganz ordentlich ausgesehen für die Nordlichter (bzw. Fischköpfe, wie sie in manchen südlichen Regionen auch liebevoll genannt werden). Auf dem Papier war zwar Werder Favorit, nein, ich korrigiere: ziemlicher Außenseiter gegen den Deutschen Meister, doch es dauerte seine Zeit, ehe sich das auch an den Brettern bemerkbar machte
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Gennadiy Fish, stetig auf der Suche nach dem besten Figurenfeld

Als in der vierten Spielstunde die schon sehr kritische Position von playing captain Gennadiy Fish gegen Peter Heine Nielsen (ebenso wie Sven Noppes um die 2 Meter groß) überraschend mit einem Remis endete, und auch Joachim Asendorf, einer der neuen Amateure in der Bremer Mannschaft, sich gegen Philipp Schlosser mit Mehr-Qualität ganz kommod aufzustellen begann, keimte in der Hansestadt zarte Hoffnung auf eine mögliche Überraschung.

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Schon seit der D-Jugend bei Werder: Dr. Joachim Asendorf 

Dann aber stellte sich heraus, dass Gennadiys Partie gegen den sehr großen Großmeister Nielsen doch glatt verloren gegangen und die Remis-Meldung nur ein profaner Übertragungsfehler im Internet gewesen war (ein weiterer Beleg für „Never trust the Net!“). Und zeitgleich gewann Philipp Schlosser mit einem schönen Trick einiges Material, so dass auch Joachim Asendorf sich in einem bedrängten Endspiel wiederfand, das er bis in die siebte Spielstunde hinein heroisch zu verteidigen wusste - doch (zumindest aus Bremer Sicht) am Ende leider vergebens.

Lange Rede, kurzer Sinn: mit dem Hauch einer Überraschung wurde es nichts, Baden-Baden gewann, und sie gewannen hoch (Herzlichen Glückwunsch!). Im anderen Spiel des Tages sicherte sich die SG Trier ein knappes 4,5:3,5 gegen Turm Emsdetten.

Schach-Welt, der Blog für die wahren Prognosen, meint: mit Baden-Baden wird auch in dieser Saison zu rechnen sein. Wenn sie diese Form halten können, ist ein weiterer deutscher Meistertitel möglich - diese Mannschaft hat Potential!! Allerdings müssen sie im Februar erst noch die beiden Kämpfe gegen Wattenscheid und den amtierenden Tabellenzweiten Solingen gut überstehen.

Und für Bremen – tja, mal sehen! Heute ist nicht alle Tage, heute kommt schon die SG Trier, und die Saison ist ja auch noch lang. Dennoch gilt auch für die Bremer: die Nordderbys gegen den Hamburger SK und den SK Norderstedt stehen ihnen noch bevor.

Erstmal aber war es heute ein kleines Schachfest an der Weser, denn mit (unter anderem) Luke McShane, Alexej Shirov und Mickey Adams gab es wieder Sterne des Schachhimmels live zu erleben.
luke-adams
Luke McShane und Michael Adams reisten beide aus England an,
um in Bremen
zusammen eine Partie Schach zu spielen

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Was stilvolles Outfit angeht, macht ihm keiner was vor: Michael Adams

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Hat schon wieder ein tolles Mattbild aufs Brett gezaubert:
                              Alexej Shirov (noch so ein Zwei-Meter-Mann!) gegen Oleksandr Areshchenko

Schön, dass es die Bundesliga gibt – auch, wenn man dann manchmal hoch verliert.
(Außer natürlich, man spielt im Team von Sven Noppes!)

Olaf Steffens

Olaf Steffens, Diplom-Handelslehrer, unterrichtet an einer Bremer Berufsschule. FIDE-Meister seit 1997, ELO um die 2200, aufgewachsen in Schleswig-Holstein. Spielte für den Schleswiger Schachverein von 1919 (moinmoin!), den MTV Leck (hoch an der dänischen Grenze!), den Lübecker Schachverein, die Bremer Schachgesellschaft und nun für Werder Bremen.

Seit 2012 Manager des Schachbundesliga-Teams des SV Werder Bremen.

Größte Erfolge:
Landesmeister von Schleswig-Holstein 1994, Erster Deutscher Amateur-Meister 2002, 5.Platz beim letztenTravemünder Open 2013, und Sieger des Bremer Hans-Wild-Turniers 2018.

Größte Misserfolge:
Werd´ ich hier lieber nicht sagen!

Größte Leidenschaften:
früh in der Partie irgendetwas mit Randbauern und/ oder g-Bauern auszuprobieren und die Partie trotzdem nicht zu verlieren – klappt aber nicht immer.

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