Morgen startet in Moskau das Kandidatenturnier 2016, dessen Sieger –wir erinnern uns - das Recht erhält, gegen Magnus Carlsen im Herbst um den Weltentitel zu spielen.
Das ist schön, doch sei die Frage erlaubt, warum die große Mutter FIDE zu diesem Zweck ein eigenes Turnier ausrichtet, wahrscheinlich sogar noch mit unseren Mitgliedsbeiträgen? Und dann auch noch in Moskau?
In der prorussischen Hauptstadt ist doch gerade erst ein exzellent besetzter Wettbewerb zu Ende gegangen. Schon vor gut zwei Tagen endete dort mit dem Aeroflot-Open ein großes, großartiges und überaus stark besetztes Turnier. Wenn der Herausforderer unbedingt im schönen und frühlingshaften Moskau ermittelt werden soll - warum nimmt man nicht einfach den Sieger dieser in der weltweiten Schachgemeinde geschätzten und für seine Spielstärke gefürchteten Veranstaltung, und lässt nun den strahlenden Evgeny Najer um die Weltmeisterschaft antreten? Alle acht Spieler des Kandidatenturniers, man hätte sie einfach auch beim Aeroflot-Open antreten lassen können. Einen Gegner für Carlsen hätte man damit jedenfalls viel einfacher finden können, zudem kostensparender und unbürokratischer.
Aber nein, nicht mit der FIDE. Ist es aus Eitelkeit, Geltungsbewusstsein, oder weil es in Moskau so viele Außerirdische gibt? Jedenfalls reist unser Chef Kirsan Ilyumschinov mit den Granden des Weltschachverbandes auch noch einmal an die Moskva, um dort einem ausgewählten Zirkel von Spielern bei der Ermittlung des Herausforderers beizuwohnen. Evgeny Najer muss dabei leider draußen bleiben, und ebenso der Werderaner und junge deutsche Großmeister Matthias Blübaum, obwohl auch er mit Platz 21 ein sehr respektables Ergebnis beim Aeroflot-Open erzielte. Schade, schade.
Und wie ist es mit Hou Yifan und Mariya Muzychuk – ist es nicht recht seltsam, dass die beiden aufgrund eines von der Turnierleitung zufällig in genau dieser Woche angesetzten Wettkampfes für das Kandidatenturnier verhindert sein werden? Gleichberechtigung jedenfalls sieht anders aus, da kann die FIDE noch so sehr für die Förderung von Mädchenschach rackern. Glaubhaft wird Förderung doch eigentlich erst, wenn auch Frauen um den Titel mitspielen dürfen.
Doch was nützt jede nüchterne Analyse und fundierte Kritik aus der Schachwelt-Redaktion, wenn vom Weltschachverband nun schon einmal Fakten geschaffen worden sind? Die Einladungen sind geschrieben, und acht Teilnehmer werden ab morgen spielen. Wenden wir uns also den Kandidaten zu:
Hikaru Nakamura (USA)
Fabiano Caruana (USA/ Italien/ USA)
Sergej Karjakin (Ukraine/ Russland)
Peter Svidler (Russland/ Baden-Baden)
Anand Viswanathan (Indien)
Veselin Topalov (Bulgarien)
Anish Giri (Niederlande)
Levon Aronian (Armenien! SF Berlin!)
Und …
Evgeny Najer, Wildcard? (leider nicht)
Als lokalpatriotische Europäer sollten wir wohl am ehesten Anish Giri und Veselin Topalov die Daumen drücken. Doch Schach ist ein liberales Spiel, und es ja nicht nur der Wohnort, der uns zu Fans eines Spielers werden lässt. Darum fragen wir in die Runde:
Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel
Wer gewinnt das Kandidatenturnier?
Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel - Tippspiel
Ich weiß, ich weiß, das ist keine superfett-originelle Frage. Dennoch muss sie ja erlaubt sein, und es geht ja hopp oder top doch nur darum, wer als Erster die Ziellinie überspringen wird. Einen tieferen Blick auf die Aussichten der einzelnen Teilnehmer wirft unserer Kollege Thomas Richter an anderer Stelle.
Darum – her mit Euren Einschätzungen hier im Kommentarbereich! Wer gewinnt das Turnier? Unter allen richtigen Tipps verlosen wir eine Tafel feinster Bremer Kandidatenturnier-Schokolade!
Einsendeschluss ist Samstag, der 12.März, 13 Uhr Schachwelt-Redaktionszeit, mit Beginn der zweiten Runde in Moskau. Viel Spaß!
PS Wie auf chess.com berichtet wird, versuchen die Veranstalter die gesamte Live- Übertragung ausschließlich auf der offiziellen Turnierhomepage zu bündeln. Keine Partien also bei Chessbase, Chess24, und andernorts? Mal sehen, ob das wohl so klappen wird. Da lobe ich mir doch das Aeroflot-Open!
Kommentare
In meiner eigenen Vorschau hatte ich mich bedeckt gehalten, genau wie Erwin l'Ami, indirekt Jorden Van Foreest, Magnus Carlsen und Peter Svidler. Alle sagten "total offen, es gibt keinen Favoriten" oder nickten zustimmend - wobei Carlsen sich zwischenzeitlich doch auf Caruana oder Aronian oder Karjakin festlegte.
Selbst tippe ich nun auf Karjakin, schliesslich hatte ich ihn als womöglich Einziger im Westen auch als Weltcup-Finalist getippt. Er wird generell unterschätzt, allerdings offenbar nicht von Carlsen. Gegen ihn spricht allerdings, dass er zu faul ist in der deutschen Bundesliga zu spielen - im Gegensatz zu Svidler, Anand (auch Baden-Baden), Giri (inzwischen Solingen, jedenfalls laut Aufstellung) und Aronian (seit einigen Jahren Baden-Baden, Berlin war einmal).
es kann eigentlich keinen Zweifel geben, dass Holger wieder richtig liegt - und damit kommt Svidler tatsächlich zu einem WM-Kampf gegen Carlsen. Prima!
Um es spannend zu machen, und in alter Verbundenheit mit SF Ilja Schneider und seinem Team tippe ich trotzdem mal auf Aronian. Als er letztes Jahr Sinquefield gewann, war er optimistisch für die kommenden Herausforderungen, und wir wissen alle, er ist einer der Großen! Außerdem hat er Carlsen schon immer mal besiegt, das ist ja auch ganz schön. Also - Aronian!
(und tut mir leid, Krennwurzn - mit Red Bull, das wird nix!)
mir fällt es schwer zu glauben, dass Holger H. immer Recht hat. Daher bin ich einfach mal dagegen. Aber halt! Warum? Der Reihe nach:
Nakamura spielt immer noch zu wild.
Caruana trägt weiße Tennissocken zu schwarzen Schuhen und schwarzer Hose - so einer hat noch nie um die WM gespielt.
An Karjakin habe ich früher geglaubt. Aber wann hat er das letzte Mal so richtig abgeräumt, von seiner Frau mal abgesehen?
Svidler hat seine beste Zeit hinter sich.
Vishy hatte seine Chance, genauso wie Topalov.
Giri hat eine viel zu heiße Frau, um sich voll konzentrieren und um die WM spielen zu können. Bleibt ...Aronian, der sein früher noch besseres Rating irgendwann auch mal zur richtigen Zeit erfolgreich nutzen muss, das verlangt schon die Statistik.
Nach dieser wahnsinnig objektiven Analyse stelle ich fest, dass ich mit Olaf einer Meinung bin. Das wiederum spricht gegen uns beide, weil wir eher selten bei Tippspielen gewinnen. Ich bleibe trotzdem bei Aronian, da ist die Gesellschaft wenigstens erlesen.
Aber ich teile Deine Logik nicht, und bleibe bei Karjakin.
Nakamuras Freundin (Verlobte?) ist WFM Mariagrazia De Rosa aus Italien. Deshalb ist er öfters in Italien, spielt für einen italienischen Verein und äusserte sich kritisch zu Caruanas Verbandswechsel.
Nicht dass ich mich brennend für Frauen von Spitzenspielern interessiere, aber es wird gelegentlich erwähnt und ich habe ein recht gutes Gedächtnis. Bei Svidler weiss ich allerdings nur, dass er verheiratet ist, nicht mit wem und warum. Offenbar keine Schachspielerin - ist Karjakins zweite Ehefrau im Gegensatz zur ersten auch nicht, aber sie begleitet(e) ihn oft zu Turnieren. Seit sie jungen Nachwuchs haben, vielleicht nicht mehr.
Unser Tippspiel sieht momentan SF Ta vorne, der schon früh und sehr souverän auf Caruana tippte. Doch auch Thomas Richter liegt gut im Rennen, denn Karjakin hat wie Caruana 6 von 10 Punkten.
Hat auch jemand auf Anand getippt? Oder auf Aronian? Auch hier besteht noch Hoffnung. Dranbleiben, MiBu, und Dennis, und ich auch! Nur bei Holger Hebbinghaus und seinem Tip Svidler, da sieht es diesmal (noch) nicht so gut aus.
Die Bremer Kandidatenturnier-Schokol ade liegt jedenfalls bereit. Wir bleiben dran!
http://www.chess-international.de/Archive/54182
Und weil ich eh schon so viele "Schweiger´sche" Ausrufezeichen setze: Gratulation an Thomas!!!!!!!!!!!!!!!!
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